Verknallt im Baumarkt und ein Papagei, der "Pimmel" krächzt: Mit "Prange – Man ist ja Nachbar" ist der ARD ein hanseatisch-schöner Weihnachtsfilm geglückt.
10. Dezember 2025, 16:33 Uhr
Hamburg
ist ein Geisteszustand. Regen, Backstein, Barmbek. Sechs Grad im November. Der
schnarrende Dialekt, die schlechte Laune, die strategische Langsamkeit, im
Denken wie im Handeln. Melancholie und Misanthropie sind hier manchmal nur
schwer zu unterscheiden. Einsamkeit ist das Ergebnis.
Hier lebt Prange, Ralf Prange, Ralfi, wie seine Schwester ihn nennt, die einzige Frau in seinem Leben. Er ist bockig, bärtig und allein. Arbeiten muss er nicht mehr, weil er schon Mitte, Ende der Neunziger "in Windkraft gemacht" hat. Aber die viele freie Zeit ist auch ein Problem. Prange hat einen Papagei, der genauso menschenmüde ist wie er. "Das wird nix" ist Pranges Lebensmotto.
Gegenüber von Prange wohnte der Horst, Horst Rohde, ein widerwilliger Zwilling von Prange: Schmerbauch, keinen Job, keine Frau, viel Zeit. Lächeln ist auch für ihn ein Akt der Selbstverleugnung. Freundschaft wäre Notwehr. Die beiden okkupieren das Erdgeschoss und wachen darüber, wer hier was wie macht und warum. "Prinzipiengehühnere", so nennt das Ralfis Schwester.
Was ist hier also los? Prange – Man ist ja Nachbar, der ARD-Vorweihnachtsfilm von Andreas Altenburg und Lars Jessen mit Bjarne Mädel als Prange und Olli Dittrich als Rohde, ist eine Feier des Alltags, des Baumarkts, des widerwilligen, eher sinnlos widerständigen Humanismus. Deutschland, dieses Nebelland, schaut hier aus wie 1975 oder eben 2025. Irgendjemand hat hier die Zeit angehalten.
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Die fast Beckett'sche Routine wird durcheinandergebracht durch Dörte, die Paketbotin von Dropflex, die so seltsam schief lächelt, wie es nur Katharina Marie Schubert kann. Wäre das nichts? In Prange jedenfalls rührt sich etwas, das wohl die meisten seiner 55 Jahre vergessen war. "Arschloch", ruft sein Papagei, und "Pimmel". Wie, in dieser tragikomisch verworrenen Welt, soll man sich dieser Frau in der Multifunktionsjacke nähern?
Der erste Flirt passiert dann beim gemeinsamen Betrachten der Schaumtapete in Pranges Flur. Pranges Pick-up-Lines umreißen letztlich sein Weltverständnis: "Vinyltapete. Trägermaterial ist Papier. Hochwaschbeständig, gut lichtbeständig. Spaltbar. Äußerst strapazierfähig. 'Ne ganz kurze Weichzeit. Habe ich an einem Nachmittag verklebt. Ja, und das ist das."
Aber stimmt das? Oder ist Prange doch nur ein "Schnacker"? Dörte jedenfalls ist sich nicht so sicher. Ihre Lebensphilosophie erklärt sie der alten Frau aus Pranges Haus, die sie auf ein Glas oder zwei zu sich hereingebeten hat: "Ich möchte jemanden brauchen, weil ich ihn liebe. Und nicht nur lieben, weil ich ihn brauche." Aber da ist die Frau schon eingeschlafen.

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