„Post mit verdächtigem Inhalt“: Brosius-Gersdorf berichtet bei Markus Lanz von Drohungen

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Die Rechtsprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf, deren Wahl zur Verfassungsrichterin am Freitag wegen eines Streits um ihre politischen Positionen scheiterte, ist nach eigenen Angaben bedroht worden.

„Ja, wir haben Drohungen bekommen, ich vor allem, per E‑Mail, Poststücke mit verdächtigem Inhalt, die an meinen Lehrstuhl gesendet wurden“, sagte Brosius-Gersdorf am Dienstag laut Vorabmeldung in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“.

Wegen der Drohungen habe sie ihre Mitarbeiter vorsorglich bitten müssen, nicht mehr am Lehrstuhl zu arbeiten, sagte die Juristin, die an der Universität Potsdam einen Lehrstuhl für Öffentliches Recht innehat.

Zugleich wies Brosius-Gersdorf in der ZDF-Sendung erneut die Behauptungen zurück, sie sei linksradikal. „Ich vertrete absolut gemäßigte Positionen aus der Mitte unserer Gesellschaft“, sagte sie. Die Debatte um ihre Position halte sie für gefährlich.

Zuvor hatte Brosius-Gersdorf bereits in einer schriftlichen Stellungnahme erklärt, die Vorwürfe gegen sie seien „diffamierend“ und „falsch“. Vielmehr zeigten ihre wissenschaftlichen Positionen „ein Bild der demokratischen Mitte“. Auch die Berichterstattung über sie kritisierte die Juristin als „unzutreffend und unvollständig, unsachlich und intransparent“.

In den ARD-„Tagesthemen“ nahm der Professor für Öffentliches Recht an der BSP Business & Law School in Berlin, Alexander Thiele, seine Kollegin in Schutz. Brosius-Gersdorf sei durch „haltlose Diffamierungen und Anfeindungen in der Öffentlichkeit schlecht gemacht worden“ und „vom politischen Rahmen nicht hinreichend geschützt worden“, sagte Thiele.

Die Einstufung der Juristin als linksaktivistisch sei „spiralförmig immer höher geschraubt“ worden, „bis sie als unwählbar, undemokratisch und als Angriff auf das Fundament unserer Verfassungsordnung“ gegolten habe. Dem müsse man „dezidiert widersprechen“, betonte Thiele.

Die SPD will an der Kandidatur von Brosius-Gersdorf festhalten. Kanzler Friedrich Merz hatte im ARD-Sommerinterview am Sonntag betont, dass es bei der Wahl der Richter für Karlsruhe keinen Zeitdruck gebe. Zum Vorschlag aus der SPD, dass die umstrittene SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf sich den Fragen der Union stellen könnte, sagte Merz: „Ich werde das mit der SPD in Ruhe besprechen.“ Der Kanzler versicherte: „Wir werden versuchen, für die nächste Runde gute Mehrheiten zu bekommen.“

Bär verteidigte Kritik an der Richterin

Bundesforschungsministerin Dorothee Bär äußerte Verständnis für die Bedenken von Unionsabgeordneten gegen die Kandidatin und legte der Richterin nahe, ihre Kandidatur zu überdenken. „Wir haben lauter mündige Abgeordnete, und wenn die sagen, ich kann mit meinem Gewissen Frau Brosius-Gersdorf nicht wählen, dann akzeptiere ich das, dann respektiere ich es und dann erwarte ich aber auch von der Kandidatin, dass sie mal für sich selbst überlegt, ob sie die Richtige ist“, sagte die CSU-Politikerin in der ARD-Talkshow „Maischberger“.

Bär verteidigte Kritik an der Richterin. Man tue Frauen keinen Gefallen, wenn man sich nicht mit ihren Inhalten auseinandersetzen dürfe „und ein bisschen Resilienz und ein bisschen, dass man auch kritikfähig sein muss, erwarte ich auch von jemandem, der sich ins höchste deutsche Gericht wählen lassen möchte“, fügte sie hinzu.

Die 54-Jährige Brosius-Gersdorf steht seit vergangener Woche im Mittelpunkt einer beispiellosen Auseinandersetzung um die Besetzung von Richterposten bei Deutschlands höchstem Gericht. Nachdem die Unionsführung zunächst grünes Licht für ihre Wahl zusammen mit zwei weiteren Bewerbern gegeben hatte, zogen CDU/CSU am Freitag die Notbremse und forderten den Koalitionspartner SPD auf, die Kandidatur von Brosius-Gersdorf zurückzuziehen.

Daraufhin musste im Bundestag die Neubesetzung aller drei Richterposten von der Tagesordnung genommen werden. Der Streit ist eine schwere Belastung für die erst seit Mai amtierende schwarz-rote Regierungskoalition. (AFP)

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