Pakistan und Indien: Hunderte Menschen sterben nach Starkregen im Monsun

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 »60 bis 70 Häuser innerhalb weniger Augenblicke weggerissen«

Bei Pir Baba im Distrikt Buner: »60 bis 70 Häuser innerhalb weniger Augenblicke weggerissen«

Foto: Muhammad Sajjad / AP

Als Folge von starken, anhaltenden Regenfällen in den vergangenen zwei Tagen sind im Norden Pakistans und Indiens Hunderte Menschen gestorben. Sie kamen bei Sturzfluten, Blitzeinschlägen, Erdrutschen und dem Einsturz von Gebäuden ums Leben. Im Norden Pakistans gab es mehr als 320 Tote, erklärte die Katastrophenschutzbehörde. Innerhalb von 48 Stunden seien mindestens 321 Menschen gestorben. Die Behörden im indischen Teil der Region Kaschmir meldeten am Freitag mindestens 60 Tote, weitere 80 Menschen würden vermisst.

Allein binnen eines Tages seien auch in der pakistanischen Provinz Khyber Pakhtunkhwa, die an Afghanistan grenzt, mindestens 180 Menschen umgekommen, teilte die Katastrophenschutzbehörde mit, insgesamt bestätigte sie 307 Todesfälle. Bei dem Absturz des MI-17-Helikopters der Regionalregierung im Bezirk Mohmand starben nach Angaben des Regierungschefs der Provinz fünf Besatzungsmitglieder, darunter zwei Piloten. Der Hubschrauber sei wegen schlechten Wetters abgestürzt.

Nach pakistanischen Behördenangaben waren 2000 Rettungskräfte im Einsatz, um Leichen aus den Trümmern zu bergen und in neun betroffenen Bezirken Hilfe zu leisten. »Starker Regen, Erdrutsche in mehreren Gebieten und unterspülte Straßen« erschwerten die Hilfseinsätze erheblich, sagte ein Sprecher der Rettungsbehörde der Provinz Khyber Pakhtunkhwa der Nachrichtenagentur AFP.

Da die Straßen in den meisten betroffenen Gebieten gesperrt seien, seien Rettungskräfte zu Fuß unterwegs, um in abgelegenen Regionen zu helfen, hieß es weiter. Die Regionalregierung erklärte sechs schwer betroffene Bergregionen zu Katastrophengebieten. Das Wetteramt warnte für die kommenden Stunden vor weiterem Starkregen im Nordwesten des Landes.

Pakistan: Felsbrocken in den Fluten

Der Distrikt Buner in Khyber Pakhtunkhwa, nördlich der pakistanischen Hauptstadt Islamabad, gehört zu den am stärksten betroffenen Gebieten des Landes. Die Ersthelfer versuchen noch immer, Leichen in den Dörfern Pir Baba und Malik Pura zu bergen. Ein örtlicher Polizist, Imtiaz Khan, der den Überschwemmungen knapp entkommen ist, sagte, dass Felsbrocken in den Fluten innerhalb weniger Minuten Dutzende Häuser zerstört hätten.

 Trauernde bei Massenbegräbnissen

Bei Pir Baba: Trauernde bei Massenbegräbnissen

Foto: Muhammad Sajjad / AP

»Ein Bach in der Nähe des Dorfes Pir Baba in Buner schwoll ohne Vorwarnung an. Zuerst dachten wir, es handele sich um eine normale Sturzflut, aber als Tonnen von Felsen mit dem Wasser herabstürzten, wurden 60 bis 70 Häuser innerhalb weniger Augenblicke weggerissen«, sagte Khan gegenüber der Nachrichtenagentur AP, viele Leichen blieben verstümmelt zurück. »Auch unsere Polizeistation wurde weggespült, und wenn wir nicht auf höher gelegenes Gelände geklettert wären, hätten wir nicht überlebt«, sagte er.

Die meisten Opfer starben, bevor sie das Krankenhaus erreichten, sagte Mohammad Tariq, Arzt in einem staatlichen Krankenhaus in Buner. »Viele der Toten waren Kinder und Männer, während die Frauen in den Hügeln unterwegs waren, um Feuerholz zu sammeln und Vieh zu weiden«, sagte er. Trauernde nahmen am Samstag an Massenbegräbnissen teil, während die Behörden den von der Flut betroffenen Menschen in Buner Zelte und Lebensmittel zur Verfügung stellten.

In einem anderen Distrikt der Provinz, Shangla, kam es aufgrund des starken Regens zum Einsturz des Dachs eines Gebäudes, wodurch viele der 34 Todesopfer zu beklagen waren, erklärte der Provinzsekretär Shahab Ali Shah.

Zivile und militärische Teams führten Rettungs- und Hilfsmaßnahmen durch, sagte Ishaq Dar, Pakistans stellvertretender Premierminister und Außenminister. »Unser Mitgefühl gilt den Familien, die Angehörige verloren haben, den Verletzten und den vielen Menschen, deren Häuser und Lebensgrundlagen zerstört wurden«, teilte er in den sozialen Medien mit.

Indien: Viele Tote in einem Pilgerort

Im indischen Teil der Region Kaschmir meldeten die Behörden nach einer Sturzflut im Dorf Chisoti im Himalaja mindestens 60 Tote. Mehr als 100 Menschen wurden verletzt, und weitere 200 werden noch vermisst, sagte der Ministerpräsident von Jammu und Kaschmir, Omar Abdullah.

 Beim Mittagessen von den Fluten weggerissen

Pilgerinnen in Chisoti: Beim Mittagessen von den Fluten weggerissen

Foto: Hindustan Times / IMAGO

Das betroffene Gebiet liegt auf der beliebten hinduistischen Pilgerroute Machail Yatra. Nach Behördenangaben wurde eine provisorische Küche, wo sich mehr als hundert Pilger zum Mittagessen aufgehalten hatten, vollständig durch die Sturzfluten zerstört.

Die Menschen wollten nach dem Mittag zu dem hoch gelegenen Himalaja-Schrein von Machail Mata, einer der Manifestationen der Göttin Durga, aufbrechen. Die Flut ereignete sich vor etwas mehr als einer Woche, nachdem eine ähnliche Überschwemmung und Schlammlawinen ein ganzes Dorf im Himalaja-Bundesstaat Uttarakhand verschüttet hatten. Die Zahl der Toten lag vermutlich bei mehr als 70, ist aber bisher nicht bestätigt.

»Wir hörten ein lautes Geräusch, gefolgt von einer Sturzflut und Schlamm. Die Menschen schrien, und einige von ihnen fielen in den Fluss Chenab. Andere wurden unter den Trümmern begraben«, sagte Rakesh Sharma, ein Pilger, der in Chisoti verletzt wurde. Am Freitag lagen Taschen, Kleidung und andere Habseligkeiten im Schlamm zwischen umgefallenen Strommasten, während Rettungskräfte mit Seilen und über provisorische Brücken versuchten, Menschen aus den Trümmern zu befreien.

Der indische Premierminister Narendra Modi erklärte in Reaktion auf die Überschwemmung: »Den Menschen in Not wird jede mögliche Unterstützung zur Verfügung gestellt.« Zu Beginn einer fast zweistündigen Rede zum 79. Unabhängigkeitstag des Landes sagte er: »Die Natur hat uns auf die Probe gestellt. In den vergangenen Tagen hatten wir mit Erdrutschen, Wolkenbrüchen und anderen Naturkatastrophen zu kämpfen.«

Monsun in diesem Sommer sei »ungewöhnlich«

Sturzfluten und Erdrutsche sind im Pakistan, Indien und Nepal während der Monsunzeit, die in der Regel im Juni beginnt und Ende September abklingt, üblich. Durch den Klimawandel werden Unwetter weltweit laut Experten aber extremer und häufiger.

Den Monsun in diesem Sommer stuften Experten als »ungewöhnlich« ein. So verzeichnet die pakistanische Provinz Punjab, wo fast die Hälfte der 255 Millionen Einwohner des Landes leben, 73 Prozent mehr Regen als im Vorjahr und mehr Todesfälle als während des gesamten vorherigen Monsuns.

In Nepal sind seit Beginn der Monsunregenfälle im Juni dieses Jahres mindestens 41 Menschen ums Leben gekommen, 21 werden vermisst, und 121 wurden bei Überschwemmungen, starken Regenfällen, Erdrutschen und Hagelstürmen verletzt, wie aus Daten der Katastrophenschutzbehörde des Landes hervorgeht.

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