Österreich: Ruf nach Ausweitung von Messenger-Überwachung

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Österreichs Regierung plant, Malware im Millionenwert zu kaufen und zur Überwachung von Bürgern einzusetzen, die keiner Straftat verdächtig sind – wenn andere Ermittlungsmaßnahmen aussichtslos erscheinen. Der liberale Koalitionspartner NEOS war eigentlich dagegen, hat sich aber einen Kompromiss abringen lassen: Der Einsatzbereich sogenannter Bundestrojaner ist auf "Vorbeugung bestimmter, besonders schwerwiegender verfassungsgefährdender Angriffe", die mit zehn Jahren oder längerer Haft bedroht sind, sowie Spionageabwehr beschränkt. Doch noch bevor das Gesetz beschlossen ist, ruft der Innenminister schon nach Ausweitung.

Die Regierungsvorlage für die erste Stufe der Legalisierung staatlich finanzierter Malware ist vergangene Woche ans Parlament gegangen. Durchführen soll die Überwachungsangriffe der österreichische Geheimdienst. Bereits diese Woche Donnerstag hat sich Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) bei einem Auftritt im Farbfernsehen dafür ausgesprochen, die geplante Überwachungsmethode auf weitere Bereiche des Strafrechts auszudehnen.

"Ich finde es gut – das ist ja letztendlich auch vereinbart –, dass man auch in diesem Bereich zu gegebener Zeit nachschärft. Ich denke, dass es dazu auch Arbeitsgruppen geben wird", sagte Karner. "Ich halte es für sinnvoll, dass man das tut." Ihm zur Seite stehen die Vorsitzende der Staatsanwältevereinigung, Elena Haslinger, und der Chef des Bundeskriminalamts, Andreas Holzer. Haslinger möchte, dass auch die Staatsanwaltschaften den Einsatz von Bundestrojanern anordnen können, während Holzer die Kriminalpolizei ermächtigen will.

Laut Karner ist die Verschärfung also bereits "vereinbart". Die Koalitionspartner sehen das anders. "Eine Ausweitung der Gefährderüberwachung auf weitere Delikte ist in der Regierung kein Thema", heißt es seitens der SPÖ in Person ihres Sicherheitssprechers Maximilian Köllner.

Keine Verhandlungsbereitschaft zeigen die NEOS: "Eine Ausweitung der Gefährder-Überwachung kommt nicht infrage. Unsere Aufgabe in der Politik ist es, die Menschen in Österreich und unsere Verfassung gleichermaßen zu schützen", schreibt NEOS-Klubobmann Yannick Shetty in einer Aussendung, "Dazu gehört es, Angriffe auf unsere Gesellschaft und Demokratie durch Terroristen und Extremisten frühzeitig zu erkennen, um sie verhindern zu können. Eine Ausdehnung der Gefährder-Überwachung auf andere Delikte wird es mit uns in der gesamten Regierungsperiode nicht geben."

Die Malware soll heimlich auf Computern und Handys installiert werden, um verschlüsselte wie unverschlüsselte Nachrichten und Informationen sowie sonst gespeicherte Daten auszuspähen. Laut bisheriger Regierungsvorlage muss das im Einzelfall vom Bundesverwaltungsgericht genehmigt sein. Das Innenministerium geht offiziell davon aus, jährlich etwa 30-mal die Ausspähung unverschlüsselter Nachrichten zu beantragen, und 5- bis 15-mal die Überwachung verschlüsselter Nachrichten. Für Bundestrojaner und dafür notwendige Vorkehrungen werden für 2026 18,3 Millionen Euro budgetiert, in den Folgejahren jeweils rund zehn Millionen Euro.

Erst wenn in einem Kalenderjahr 30-mal tatsächlich verschlüsselte Nachrichten ausgespäht werden, muss der Innenminister den ständigen Unterausschuss des Ausschusses für innere Angelegenheiten des Nationalrates informieren. (Der Nationalrat ist die direkt gewählte Kammer des österreichischen Parlaments, Anmerkung.)

(ds)

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