Vergangene Woche hatte das Londoner Tech-Start-up Nothing angekündigt, auf seinen neueren Budget-Modellen wie dem neuen Phone (3a) Lite mit dem Update auf NothingOS 4.0 nicht nur Bloatware zu installieren, sondern auch über die App "Lock Glimpse" Werbung auf dem Sperrbildschirm auszuspielen. Die große Nothing-Community kritisierte die Pläne scharf. Seitdem ist der Hersteller ein wenig zurückgerudert.
Versprochen gebrochen
Nothing scheint sich Mark Zuckerbergs altes Motto "Move fast, break things" zu eigen gemacht zu haben. Denn mit der Ankündigung vorinstallierter Bloatware-Apps und der Werbung auf dem Sperrbildschirm brach die Firma mit ihren eigenen offen kommunizierten Grundsätzen. Seit 2022, noch vor der Vorstellung des ersten Smartphones, sagt das Unternehmen, dass die eigene Bedienoberfläche "auf das Wesentliche" konzentriert sei und ein schnelles Nutzungserlebnis frei von Bloatware biete.
Auf X schrieb der Nothing-Mitgründer Carl Pei im April 2022 noch deutlich "no bloatware" und meinte in diesem Kontext Apps wie Instagram. Dieser Tweet fällt dem Unternehmen nun auf die Füße, denn eine der Apps, die auf den Budget-Geräten künftig vorinstalliert sein soll, ist Instagram. Ein Nutzer kommentierte den Tweet am 1. November mit der ironischen Aussage "This aged well, lol" ("Das ist gut gealtert"). Neben Instagram sind auch Facebook und TikTok auf Budget-Geräten ab NothingOS 4.0 vorinstalliert.
Immerhin sagte Nothing-Mitgründer Akis Evangelidis in der Ankündigung zur neuen Strategie, man könne alle vorinstallierten Apps einfach deinstallieren. Doch das stimmte nicht ganz, wie unter anderem 9to5 Google berichtete. Neben den Apps sind auch Dienstanwendungen von Meta vorinstalliert, die zwar deaktiviert, aber nicht ohne Weiteres entfernt werden konnten.
Das ändert sich aber nun: Wie Evangelidis in einem Update seines Ankündigungsbeitrags schreibt, wird es Benutzern mit einem Update der Beta von NothingOS 4.0 auch ermöglicht, die Meta-Dienste zu löschen. Gegenüber heise online sagte Nothing, dass das nächste Update für Ende November geplant sei, bei dem bereits erste Anpassungen auf Basis des aktuellen Feedbacks vorgenommen würden, "einschließlich der Möglichkeit, die Apps zu deinstallieren". Im Unterschied zu anderen Herstellern ist der Ansatz der komplett entfernbaren Apps und Dienste besser, dennoch bekommen Nutzer Apps kredenzt, die sie nie haben wollten.
Auf Anfrage von heise online stellte Nothing zudem klar, dass es sich derzeit zunächst um Testläufe handle. NothingOS 4.0 befindet sich noch in einer "Beta-Testphase": "Wir testen die Funktion und nehmen das Feedback unserer User sehr ernst – das fließt aktiv in die weitere Entwicklung ein. Wir verfolgen die Reaktionen unserer Community aufmerksam", schreibt Nothing.
Auch die Funktion "Lock Glimpse" sei noch nicht final: Der Hersteller arbeite mit einem Third-Party-Content-Provider innerhalb des Open-Beta-Tests zusammen, "damit wir daraus Learnings für NothingOS 4.0. generieren können, wie und ob wir Lock Glimpse weiterentwickeln wollen". Derzeit ausgespielte Inhalte dürften damit lediglich Testläufe sein – und Beta-Nutzer der Software letztlich Versuchskaninchen, die idealerweise Feedback über diese Funktion geben sollten.
Nothing muss Geld verdienen
Das Geld aus dem Verkauf von Smartphone reicht Nothing offenbar nicht. Evangelidis sagte in seinem Beitrag, dass man mit winzigen Margen arbeite; zudem sei eine der größten Herausforderungen für jeden neuen Marktteilnehmer "die Verwaltung der Stücklistenkosten (Bill of materials, BOM), die höher sind als die der etablierten Akteure".
Zudem verfügen die meisten Unternehmen über softwarebasierte Einnahmequellen, wobei die einfachste Form vorinstallierte Partner-Apps und -Dienste sind. Dies sei ein branchenweit üblicher Ansatz, den auch große Marken wie Samsung nutzen.
An softwarebasierten Einnahmequellen aus eigener Hand arbeitet Nothing bereits. Das Unternehmen hat dafür von Investoren 200 Millionen US-Dollar erhalten. Nothing hat sich zum Ziel gesetzt, eine KI-native Plattform zu entwickeln. Die ersten Ansätze dafür hatte der Hersteller schon mit seinem Essential Spaces gezeigt. Kürzlich hat das Start-up als weiteren Schritt unter Essential.com eine KI-Toolbox angekündigt, die später zu einem vollwertigen Betriebssystem namens Essential OS entwickelt werden soll. Fraglich bleibt, ob das Ganze von Erfolg gekrönt und lukrativ sein wird.
Zumindest für den Übergang scheint Nothing bei seinen Budget-Modellen mit Einnahmequellen zu experimentieren und manche Geräte mehr oder weniger doppelt als CMF- und Nothing-Phone aufzulegen – etwa das Phone (3a) Lite, das es zum gleichen Preis in ähnlicher Form auch als CMF Phone Pro 2 gibt. Dabei besitzt das CMF-Modell einen 50-MP-Telezoom, während das 3 (a) Lite stattdessen nur eine 2MP-Makro verbaut hat.
(afl)










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