News des Tages: Konjunkturprognose, Deutsche Raumfahrt, Europäischer Drogenbericht

vor 2 Tage 2

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1. Jubel über eine deutsche Wirtschaftswende ist verfrüht

Gerade haben noch sehr viele Menschen über Deutschlands Misere geklagt, jetzt gibt es plötzlich hoffnungsvolle Prognosen für die deutsche Wirtschaft. »Tatsächlich mehrten sich zuletzt die Hoffnungszeichen«, berichtet mein Kollege David Böcking . »Für Jubel über eine gelungene Wirtschaftswende wäre es dennoch zu früh. Denn die meisten positiven Nachrichten sind mit Einschränkungen verbunden.«

Immerhin gibt es ermutigende Signale. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs im ersten Quartal mit 0,4 Prozent stärker als erwartet. Der ifo-Geschäftsklimaindex, der die Stimmung der Unternehmen misst, stieg im Mai zum fünften Mal in Folge. Die Industriebetriebe erhielten im April mehr Aufträge.

»Die Konsumenten schauen zwar optimistischer in die Zukunft, geben aber immer noch ähnlich wenig Geld aus wie zu Zeiten der Coronalockdowns«, so mein Kollege. Die Industrieländerorganisation OECD prognostiziert Deutschland derzeit ein Plus von 0,4 Prozent. Im internationalen Vergleich eher wenig. Und doch: »Beim Blick auf die nächsten zwölf Monate überwiegt auch in der krisengeschüttelten Autobranche die Zahl der Optimisten leicht.«

2. Das Geld für die Raumfahrt soll auch der deutschen Sicherheit dienen

Sind Markus Söder aus Bayern, Winfried Kretschmann aus Baden-Württemberg und Andreas Bovenschulte aus Bremen völlig losgelöst von der Erde? Die drei wollen, dass Berlin mehr Geld für Raumfahrt ausgibt. Die drei Regierungschefs aus unterschiedlichen Parteien haben heute bei einem gemeinsamen Auftritt gefordert, dass die Bundesregierung ihren Beitrag zur europäischen Weltraumorganisation Esa auf zwei Milliarden Euro pro Jahr erhöhen und obendrein eine Milliarde Euro jährlich für das deutsche Raumfahrtprogramm ausgeben soll .

»Auf den ersten Blick wirkt das etwas skurril«, berichtet mein Kollege Christian Teevs. Drei Ministerpräsidenten, letztlich brave Landesväter, redeten da übers Weltall und dessen Erkundung. Tatsächlich sind die Investitionen in Raumfahrt aber wohl nicht nur wichtig für Wachstum und Innovationen, sondern auch für die deutsche Sicherheit. Wenn nicht mehr Geld fließe, behauptete der Schwabe Kretschmann, drohe eine teure und kritische Abhängigkeit von nicht europäischen Akteuren.

»Ich fand es interessant, wie Söder so einen Termin inszeniert. Die anderen beiden erzählen sehr ernsthaft und ein wenig bürokratisch von der Bedeutung der Raumfahrt für Wirtschaft und Sicherheit«, sagt mein Kollege Christian. »Söder macht Gags über Elon Musk und Bremen und wirkt ein bisschen unernst, schafft damit aber natürlich auch Aufmerksamkeit.« Eine große Rolle beim Auftritt der drei sich als Space Cowboys gefallenden Politiker spielt aber wohl auch der politische Eigennutz, so Christian. »Klar ist: Von einer deutlichen Erhöhung der Raumfahrtausgaben würden die Länder von Söder, Kretschmann und Bovenschulte profitieren.«

3. Neue Verbote würden gegen Europas Drogenproblem wohl nicht helfen

Der große Musiker Keith Richards hat die Behauptung, dass er kein Kokain mehr konsumiere, einmal so begründet: »Ich glaube, die Droge hat resigniert.« Heute hat die Drogenagentur der Europäischen Union, abgekürzt EUDA, in Lissabon ihren jährlichen Bericht vorgestellt, mit krassem Befund. Die EU hat offenbar ein schweres Drogenproblem.

Laut Bericht drängen unter anderem synthetische Drogen, die oft deutlich günstiger als die Ursprungsdroge zu produzieren sind, auf den Markt. Die Drogenagentur schätzt, dass es im Jahr 2023 EU-weit etwa 7500 Drogentodesfälle gab.

Wie schon in den Jahren zuvor wurde in der EU wieder eine Rekordmenge an Kokain beschlagnahmt: 419 Tonnen, fast 100 Tonnen mehr als 2022. Mit der Menge an Stoff wächst neben der Verfügbarkeit auch die Kriminalität. Häufiger als Kokain wird in der EU nur Cannabis konsumiert, laut Bericht sind 24 Millionen Erwachsene Konsumenten.

Würde der Cannabiskonsum zurückgehen, wenn Länder wie Deutschland die Legalisierung des Stoffs rückgängig machten? »Allein in Deutschland schätzt man die Zahl der Konsumentinnen und Konsumenten auf mehr als vier Millionen«, sagt mein Kollege Julian Aé. Auch während des Verbots sei der Konsum in den vergangenen 20 Jahren stetig angestiegen. »Es ist abwegig anzunehmen, dass Konsumentinnen und Konsumenten plötzlich auf ihren Joint verzichten, wenn man in Deutschland wieder zu einer reaktionären Cannabispolitik zurückkehrt.«

Es gehe darum, die Realität anzuerkennen, so Julian. »Das heißt nicht, dass es beim Cannabisgesetz kein Optimierungspotenzial gibt, etwa in der Prävention.«

Was heute sonst noch wichtig ist

  • Ukraine soll laut USA weniger russische Flugzeuge zerstört haben als angenommen: Die Ukraine feierte ihren »Spinnennetz«-Angriff als großen Erfolg gegen die russische Luftwaffe. Doch nach US-Einschätzung wurden offenbar weniger Kampfjets zerstört als von Kyjiw behauptet.

  • Maja T. geht in Hungerstreik: Seit etwa einem Jahr sitzt Maja T. aus Deutschland in Untersuchungshaft in Budapest, der Prozess geht schleppend voran. Die EU-Abgeordnete Carola Rackete fordert, dass sich Bundeskanzler Friedrich Merz einschaltet.

  • Pistorius hält bis zu 60.000 weitere aktive Soldaten für nötig: Angesichts der russischen Bedrohung will die Nato ihre Verteidigungsfähigkeiten massiv ausbauen. Laut Verteidigungsminister Pistorius muss die Bundeswehr dafür aufstocken – und zwar deutlich.

  • Mehrere Reihenhäuser abgedeckt, vollgelaufene Gullys, umgeknickte Bäume: Hunderte Unwettereinsätze haben die Feuerwehr in Süddeutschland in Atem gehalten. In Ulm wurden mehrere Häuser beschädigt. Der Deutsche Wetterdienst prüft, ob es sich um einen Tornado handelte.

Meine Lieblingsgeschichte heute: Der »Kurier« und Clint Eastwood

Foto: Jordan Strauss / Invision / AP

Der Kinostar Clint Eastwood ist gerade 95 geworden und hat sich gegen ein angeblich erfundenes Interview mit ihm, das in einer österreichischen Zeitung erschien, öffentlich zur Wehr gesetzt. Mein Kollege Matern von Boeselager berichtet über den Fall, der einen skurrilen Einblick gibt »in eine ganz spezielle Art von Hollywood-Journalismus«, wie es in seinem Text heißt . Laut der Erklärung der Reporterin Elisabeth Sereda, die das Interview angeboten hatte, seien die Äußerungen Eastwoods zwar nicht gefälscht gewesen, sie seien aber auch nicht im Rahmen eines konkreten Gespräches gefallen, sondern in Dutzenden Interviews über mehrere Jahre.

Die Reporterin habe sich auf die Form des »Patchwork-Gesprächs« spezialisiert, so mein Kollege. Das Material dazu bekam sie offenbar bei den »Round Tables« der »Hollywood Foreign Press Association«. Nominell handelte es sich dabei um einen Verein für internationale Journalisten in Hollywood. Tatsächlich arbeiteten aber offenbar die wenigsten Mitglieder als Vollzeitjournalisten, stattdessen handelte es sich um eine bunte Mischung aus Lebenskünstlern. Matern beschreibt die Medienwelt in Kalifornien wunderbar amüsant und erklärt, wieso viele Stars sich mehr oder weniger bereitwillig mit den Foreign-Press-Leuten abgaben. Die Organisation richtete jahrzehntelang die Verleihung der Golden Globes aus »und hatte deshalb sehr viel Macht in Hollywood«.

Was heute weniger wichtig ist

Unermüdliches Liebeswerben: Der gefeierte US-Regisseur Wes Anderson, 56, hat mehrfach sogenannte Körbe von Jodie Foster bekommen. Die Schauspielerin habe ihm, so Anderson, für zahlreiche Projekte Absagen erteilt. Vielleicht seien die Angebote im falschen Moment gekommen oder von der falschen Sorte gewesen, »wir waren nicht die Richtigen«, sagte der Regisseur. Er wolle aber weiter bei Foster anfragen, denn die zweifache Oscarpreisträgerin sei »einfach großartig«.

Mini-Hohlspiegel

Schild im Wildfreigehege Grevenbroicher Bend in Grevenbroich (NRW)

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Entdecken Sie hier noch mehr Cartoons.

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Thomas Plaßmann

Und heute Abend?

Könnten Sie sich das Radioprogramm Cosmo  anhören.

Es ist das einzige Radioprogramm der ARD mit mehrsprachigen Inhalten und könnte bald Sparmaßnahmen zum Opfer fallen. Luisa Neubauer, Herbert Grönemeyer, Fatih Akin und fast 300 weitere Prominente aus Kunst, Kultur und Politik haben mit ihrer Unterschrift eine Petition  in Gang gesetzt, um den Radiosender Cosmo vor dem Aus zu bewahren.

 Kampf gegen Sparmaßnahmen

Musiker Grönemeyer bei ARD-Benefizgala: Kampf gegen Sparmaßnahmen

Foto: Hendrik Schmidt / picture alliance / dpa

Das öffentlich-rechtliche Angebot richtet sich mit seinem mehrsprachigen Programm explizit an Menschen mit Migrationshintergrund und ist offenbar von der Reform des Rundfunkvertrags bedroht. Ich halte es für falsch, ausgerechnet dieses Programm zu schwächen und künftig womöglich nur noch im digitalen Angebot stattfinden zu lassen.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.

Herzlich
Ihr Wolfgang Höbel, Autor im Kulturressort

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