News des Tages: Donald Trump und der Ukrainekrieg, Gescheiterte Wahl der Verfassungsrichter, Milliardärsteuer

vor 3 Stunden 1

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1. Trump möchte wohl Geld von den europäischen Partnern

Wenn Sie sich für einen kritischen Blick auf die US-amerikanische Politik der Gegenwart interessieren, sollten Sie sich den neuen »Superman«-Film ansehen. In dem manipuliert der mächtigste Mann der USA brutal die Medien, die Weltpolitik ist ein Geschäft in der Hand von US-amerikanischen Techunternehmen. Der Film des Regisseurs James Gunn lässt sich als durchaus mutige politische Stellungnahme interpretieren, mein Kollege Andreas Borcholte schreibt in seiner Kritik, er passe in eine Welt, in der »auch in der Realität die Schurken das Regime zu übernehmen scheinen und Staatenlenker wie Donald Trump und Wladimir Putin wie Comicbösewichte wirken«. (Lesen Sie hier die Kritik. )

Der US-Präsident sagte: »Wir schicken Waffen an die Nato, und die Nato wird die vollen Kosten für diese Waffen erstatten.« Erstmals seit seiner Rückkehr ins Amt will Trump damit Waffen in die Ukraine schicken. (Lesen Sie hier mehr dazu.)

Trumps Äußerung wirkt auch deshalb schräg, weil die USA Mitglied und größter Beitragszahler der Nato sind. Offenbar geht es Trump um eine stärkere Beteiligung der Europäer. Das aktuelle Waffenpaket der USA könnte einen Wert von rund 300 Millionen Dollar haben.

Mein Kollege Oliver Imhof sagt, es wäre das erste Mal, dass die Nato die Rechnung übernehmen müsste. »Bislang haben die Amerikaner ihre Waffen der Ukraine umsonst überlassen, die Europäer auch.« Die EU sichere allerdings zumindest ihre Kredite an die Ukraine mit Zinsen aus eingefrorenen russischen Anlagen ab. »Teilweise fließen die Zinsen auch schon direkt in die Verteidigung der Ukrainer. Auf nationaler Ebene sind die Hilfen zum Beispiel aus Deutschland noch nicht abgesichert, sollen es aber künftig sein. Was aus den USA kommt, war bisher definitiv geschenkt.«

2. Unionsfraktionschef Jens Spahn zeigt, dass man sich auf ihn nicht verlassen kann

Heute war die letzte Bundestagssitzung vor der parlamentarischen Sommerpause, sie endete für die schwarz-rote Koalition mit einem Fiasko. Die Koalition konnte sich vorerst nicht auf die Wahl der drei Richterkandidaten für das Bundesverfassungsgericht verständigen und hat die Abstimmungen von der Tagesordnung genommen (hier mehr dazu).

Laut ursprünglicher Agenda sollten die von der SPD vorgeschlagenen Rechtsprofessorinnen Frauke Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold und der von der Union unterstützte Kandidat Günter Spinner in separaten Abstimmungen vom Bundestag gewählt werden. Bei der geheimen Wahl ist eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen notwendig. Am Morgen hatte sich abgezeichnet, dass Brosius-Gersdorf diese Mehrheit wegen teils erheblichen Widerstandes aus der Union verfehlen könnte. Sie wird von konservativen Abgeordneten wegen ihrer Positionen etwa zum Abtreibungsrecht mitunter als »linke Aktivistin« kritisiert.

Die Verschiebung der Richterwahl fürs Verfassungsgericht und der Koalitionskrach direkt vor der Sommerpause gingen auf die Kappe von Unionsfraktionschef Jens Spahn, schreibt mein Kollege Sebastian Fischer in seinem Kommentar. Spahn habe »bewiesen, dass man sich auf ihn nicht verlassen kann: nicht der Kanzler, nicht die Koalition, nicht die beiden Kandidatinnen und der Kandidat fürs Verfassungsgericht«. (Lesen Sie hier den Kommentar. )

Das Problem sei nicht, dass vor einer Wahl Zweifel an einer Kandidatin aufkämen, findet Sebastian, »das gab es in der Vergangenheit immer wieder«. Aber Spahn habe es laufen lassen, »buchstäblich bis zur letzten Stunde, der Koalitionspartner ist zu Recht auf der Zinne«.

Für den Kanzler und sein schwarz-rotes Bündnis ist es nicht das erste Mal, dass etwas schiefläuft. So brauchte Friedrich Merz zwei Anläufe, um überhaupt zum Kanzler gewählt zu werden. Das Fiasko nun sei auch deshalb so ärgerlich, urteilt mein Kollege Sebastian, »weil das Bundesverfassungsgericht in der Bevölkerung bisher ein hohes Ansehen genießt, weit höher als Bundestag oder Bundesregierung. Jens Spahn hat diese Institution, seine Richterinnen und Richter, fahrlässig beschädigt.«

3. Finanzministerium äußert sich vage zum Thema Milliardärsteuer

Der deutsche Dichter Novalis hat vor mehr als zwei Jahrhunderten gelebt und angeblich mal gefordert, man solle dem Staat »Steuern zahlen, wie man seiner Geliebten einen Blumenstrauß schenkt«. Dieser Geist hat sich nicht durchgesetzt. In Deutschland zeigt nun die schwarz-rote Regierung leise Sympathie für eine Milliardärsteuer, wie sie unter anderem von Brasilien während dessen G20-Präsidentschaft beworben und zuletzt angesichts der Megahochzeit von Amazon-Gründer Jeff Bezos in Venedig gefordert wurde (hier mehr dazu ).

Mein Kollege David Böcking berichtet heute über eine Antwort des von Lars Klingbeil geführten Bundesfinanzministeriums an Deborah Düring, die außenpolitische Sprecherin der Grünen. Der Auskunft zufolge unterstützt die Bundesregierung »im Rahmen der Diskussion über eine ›globale Milliardärsteuer‹ die internationalen Bemühungen zur effektiven Besteuerung besonders hoher Vermögen«. (Lesen Sie hier mehr.)

Befürworter der Milliardärsteuer sähen diese als »wichtiges Instrument im Kampf gegen Ungleichheit«, schreibt mein Kollege. »Der französische Ökonom Gabriel Zucman hat dafür eine zweiprozentige Mindestabgabe auf die Vermögen von Superreichen vorgeschlagen, die nach seinen Berechnungen rund 250 Milliarden US-Dollar pro Jahr einbringen könnte.«

Die Auskunft des Ministeriums lässt nun Interpretationsspielraum. Im Koalitionsvertrag zwischen den Unionsparteien CDU und CSU und der SPD sind Steuererhöhungen nicht explizit ausgeschlossen, aber auch nicht vorgesehen. »Dass Deutschland mit einem Bundeskanzler Friedrich Merz zum Vorkämpfer einer Milliardärsteuer wird, ist nicht zu erwarten«, so David. »Unter Lars Klingbeil als Finanzminister dürfte es zu solchen Initiativen aber auch kein klares Nein mehr geben, wie es letztes Jahr noch von Christian Lindner kam.«

Was heute sonst noch wichtig ist

  • Volkswagen schließt erstmals großes Werk in China: Der heftige Wettbewerb auf dem weltgrößten Absatzmarkt setzt VW mächtig unter Druck. Nun schließt der Autobauer eine Fabrik in der ostchinesischen Millionenstadt Nanjing. Die Produktion steht bereits still.

  • AfD sorgt mit Rede zu Srebrenica für Eklat im Bundestag: Der Bundestag unterbrach die Haushaltsdebatte, um des Völkermords von Srebrenica zu gedenken. Bei der Rede eines AfD-Abgeordneten wurde Empörung laut im Saal. Schließlich schaltete sich Außenminister Wadephul in die Debatte ein.

  • Mäusenerven leuchten bunt: Nie zuvor sind Forschenden solche Aufnahmen gelungen: Eine Studie gibt faszinierende Einblicke in den Körper einer Maus. Neben Blutgefäßen und Organen erstrahlen die Nerven in eindrücklichen Farben.

  • Vermisste Deutsche in Australien offenbar lebend gefunden: Seit Ende Juni gab es keinen Kontakt zu Carolina W., die Polizei suchte mit einem Großaufgebot nach ihr. Nun wurde die 26-Jährige offenbar lebend in Western Australia entdeckt. Das bestätigte der Premierminister des Bundesstaats.

Meine Lieblingsgeschichte heute: Worum es Profis in Wimbledon wirklich geht? Möglichst viele Handtücher abstauben

 »Sorry, Wimbledon«

Handtuchdiebstahl beim Rasenklassiker: »Sorry, Wimbledon«

Foto:

Hannah Peters / Getty Images

Dabei sein sei alles, lautet ein etwas verlogener Spruch über den Sinn sportlicher Wettkämpfe. Beim berühmtesten Tennisturnier der Welt ist offenbar das Abstauben von Handtüchern auch ein Mitmachanreiz für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Mein Kollege Lukas Brems berichtet aus London, dass der Veranstalter kurz vor Ende des Turniers bereits mehr als 4000 gestohlene Exemplare meldet. »Jedes Mal, wenn ich von einem Grand Slam zurückkomme, wollen etwa zehn Freunde und zehn Familienmitglieder Handtücher von mir haben«, erklärte zum Beispiel die Polin Iga Świątek. »Wimbledon-Handtücher haben die beste Qualität«, sagte sie. »In Warschau nutze ich sie jeden Tag.« Der für die Ausstattung der Plätze im All England Lawn Tennis Club zuständige Mann, er heißt Winston Sedgwick, sagte dem SPIEGEL-Kollegen: »Wir sehen das ziemlich gelassen.« Die Spieler hätten ein Spiel daraus gemacht, möglichst viele Handtücher einzustecken. »Das ist einkalkuliert. Die Realität ist: Uns werden nicht die Handtücher ausgehen.«

Was heute weniger wichtig ist

Ed Sheeran und Cherry Seaborn 2022

Ed Sheeran und Cherry Seaborn 2022

Foto: JMEnternational / Getty Images

Liebe geht durch den Gehörgang: Der britische Popsänger Ed Sheeran, 34, vertraut bei seiner Arbeit dem Urteil seiner Ehefrau Cherry Seaborn. »Cherry kann einen Song vernichten«, sagte der Sänger in einem Videopodcast. Wenn Seaborn zu einem ihr vorgespielten Song eine negative Meinung artikuliere, verzichte er auf das Werk. Im Übrigen versuche er, ihr »Songs nur vorzuspielen, wenn sie gute Laune hat«.

Mini-Hohlspiegel

Von der Website der »Rhein-Neckar-Zeitung«

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Entdecken Sie hier noch mehr Cartoons.

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Klaus Stuttmann

Szene aus einem Film, der ganzen Generationen das Wasser vermieste

Szene aus einem Film, der ganzen Generationen das Wasser vermieste

Foto:

Universal / AF Archive / Mary Evans / picture alliance

Könnten Sie sich mit dem Kinoklassiker »Der weiße Hai« beschäftigen, der vor 50 Jahren herauskam und viele Menschen begeisterte und verstörte. Manche Kritikerinnen und Kritiker halten Steven Spielbergs Film aus cineastischen Gründen für ein Meisterwerk. Viele Zuschauerinnen und Zuschauer hat er berührt, weil er ihre Ängste anfachte. Einige meiner SPIEGEL-Kolleginnen und -Kollegen haben sehr vergnüglich aufgeschrieben, welche Wirkung der Horrorfilm auf sie hatte.

Mein Kollege Sven Scharf beispielsweise berichtet, dass er die Folgen seiner »Der weiße Hai«-Erfahrung bis heute spüre: »Ins Meer gehe ich nur bis ungefähr zur Hüfte, in Seen nur so weit, dass ich den Boden noch sehen kann. Immerhin bekomme ich mittlerweile kein Herzklopfen mehr im Hallenbad.« Mein Kollege Olaf Heuser schildert die Wirkung so: »Nicht einzelne Szenen machen mich bis heute fertig, sondern die Atmosphäre. Die Dunkelheit des Wassers, das völlige Ausgeliefertsein in einem Element, in dem plumpe Landlebewesen kein Entkommen kennen.« Und meine Kollegin Barbara Hardinghaus bilanziert: »Ich denke, da leidet eine ganze Generation mit mir: Allen ist das Baden versaut.«

Ich selbst verbinde mit dem Film »Der weiße Hai« übrigens eine ganz andere, na ja, Schreckenserfahrung. Als ich vor fünf Jahrzehnten zum allerersten Mal mit einem Mädchen ins Kino ging (das Mädchen hatte den schon damals altmodischen Vornamen Hilde), hatten wir uns genau diesen Film für unseren Kinobesuch ausgesucht. Weil wir beide 13 waren, keineswegs älter aussahen und der Film ab 16 war, wurden wir an der Kinokasse abgewiesen. Es war eine Riesenschmach, wenigstens für mich. Wir haben uns dann die Teenagerkomödie »Her mit den kleinen Engländerinnen« angesehen. Wir fanden sie beide fürchterlich.


Einen schönen Abend. Herzlich

Ihr

Wolfgang Höbel, Autor im Kulturressort

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