Als die NASA-Sonde Dart in den Asteroiden Dimorphos eingeschlagen ist, sind überraschend viele Trümmer in unerwartete Richtungen geschleudert worden. Das hat ein Forschungsteam unter Leitung des Astronomen Tony Farnham von der University of Maryland herausgefunden und meint, dass das künftige Pläne zur Asteroidenabwehr verkomplizieren könnte. Wie die Forschungsgruppe erklärt, hat der Einschlag der Sonde den Asteroiden zwar abgelenkt, die dabei herausgeschlagenen Gesteinsbrocken hätten ihm aber einen fast genauso großen, weiteren Stoß gegeben. Dieser zusätzliche Faktor verändere die Physik, um die es hier gehe, und müsse bei der Planung künftiger Missionen berücksichtigt werden.
Unkontrollierte Bewegung möglich
Für die Analyse hat die Forschungsgruppe Aufnahmen ausgewertet, die die italienische Weltraumsonde LICIACube vor Ort von dem Einschlag gemacht hat. Darin wurden 104 Gesteinsbrocken gezählt, mit Radien zwischen 0,2 und 3,6 Metern. Teilweise seien die mit fast 190 km/h weggeschleudert worden. Das sei aber nicht zufällig in alle Richtungen erfolgt, die Trümmer seien stattdessen in zwei Gruppen unterwegs gewesen. Etwas Unbekanntes sei dafür verantwortlich, erklärt Farnham. Sein Team spekuliert, dass die Sonde bei ihrem Einschlag zwei große Brocken betroffen hat, die dabei aufgeschlagen wurden. Die Trümmer seien senkrecht zur Sonde weggeflogen und hätten dafür sorgen können, dass der Asteroid unkontrolliert zu taumeln beginnt.
Da der Einschlag als Probelauf für eine Asteroidenabwehr gedient hat, ist der Befund von Bedeutung. Sollte tatsächlich einmal ein gefährlicher Himmelskörper auf uns zurasen und wir müssten ihn in ganz bestimmter Weise ablenken, um das zu verhindern, wären solche Kleinigkeiten von großer Bedeutung, meint Farnham. Man könne sich das wie eine kosmische Partie Pool-Billard vorstellen: "Wenn wir nicht alle Variablen berechnen, könnten wir daneben treffen." Die Forschungsarbeit wurde jetzt im Planetary Science Journal veröffentlicht, das Team und viele andere Forscher sowie Forscherinnen wartet auf eine ESA-Sonde, die vor Ort überprüfen soll, wie es jetzt bei Dimorphos aussieht.
Dart (Double Asteroid Redirection Test) war am 27. September 2022 um 01:14 Uhr MESZ in den Asteroidenmond Dimorphos gerast. Mit der Kollision hat hat die Menschheit erstmals gezielt die Bewegung eines Himmelskörpers verändert. Die Hoffnung ist, dass ein für die Erde gefährlicher Asteroid durch solch einen Einschlag so weit abgelenkt werden könnte, dass er unseren Heimatplaneten verfehlt. Weil die Sonde bei dem Einschlag zerstört wurde, hat die ESA im vergangenen Herbst die Hera-Mission gestartet. Sie soll die Auswirkungen des Einschlags vor Ort untersuchen und dürfte dann auch herausfinden, welche Folgen genau die unkontrolliert weggeschleuderten Felsbrocken auf die Bahn des Asteroiden hatten.
(mho)