News: Debatte über deutsche Soldaten in der Ukraine, Lagebild zum sexuellen Missbrauch von Kindern, Anhörung im Menendez-Fall, Anklage gegen Andreas Scheuer

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Die Lage am Morgen Der Kanzler entfacht eine Debatte, sein Fraktionschef will sie austreten

Heute geht es um die anschwellende Debatte über einen möglichen Einsatz deutscher Soldaten in der Ukraine, um die neuen Zahlen zum sexuellen Missbrauch von Kindern und um einen spektakulären Kriminalfall in den USA.

21.08.2025, 05.44 Uhr

Unangenehm, aber unvermeidbar

Vielleicht will sich Jens Spahn nicht noch einmal vorwerfen lassen, er habe seinen Laden nicht im Griff, wie zuletzt bei der verpatzten Richterwahl. Also hat sich der Fraktionsvorsitzende nun an seine noch in der Sommerpause weilenden Unionsabgeordneten gewandt und um Ruhe gebeten in der anschwellenden Debatte über den möglichen Einsatz deutscher Soldaten in der Ukraine. Zu früh, zu verkürzt, zu spekulativ, so der Tenor seiner Botschaft (hier geht es zur Meldung).

 »Medial vorangetriebene Frage«?

Merz und Spahn (im Bundestag): »Medial vorangetriebene Frage«?

Foto: Katharina Kausche / dpa

Spahns Ansinnen ist aus seiner Perspektive nachvollziehbar. Die Diskussion über den deutschen Beitrag bei der Absicherung eines wünschenswerten Friedens ist heikel für die Koalition, der Chor schon jetzt vielstimmig. Dass der Christdemokrat aber von einer »medial vorangetriebenen Frage« spricht, ist dann doch etwas wohlfeil. Es war schließlich der Kanzler, der einen Einsatz der Bundeswehr von Washington aus öffentlich ins Spiel brachte.

Und das zu Recht. Natürlich lässt sich einwenden, dass auch nach der jüngsten Diplomatieoffensive in den Sternen steht, ob Wladimir Putin überhaupt zu einer Waffenruhe oder gar einem Friedensabkommen bereit ist (lesen Sie hier  mehr über Putins Kalkül). Dass völlig unklar ist, wie Sicherheitsgarantien für die Ukraine in einem solchen Fall aussehen würden (lesen Sie hier , was eine Friedenslösung regeln müsste).

Das aber kann nicht bedeuten, die Debatte über die deutsche Verantwortung wegzuschieben. Friedrich Merz beansprucht eine Führungsrolle in Europa. Darum kann die Debatte, so unangenehm sie sein mag, nicht erst geführt werden, wenn es ernst wird. Merz muss sie jetzt führen, in der Koalition und mit den Bürgerinnen und Bürgern. Wenn es ernst wird, sollte im Grundsatz geklärt sein, wozu Deutschland bereit ist. Und wozu es in der Lage ist.

  • Lesen Sie dazu hier den SPIEGEL-Leitartikel: Deutsche Soldaten in der Ukraine? Im Zweifel ja: Die Ukraine braucht im Fall eines Friedens Sicherheitsgarantien gegen Russland. Bundeswehrsoldaten könnten daran beteiligt sein. Der Vorstoß ist verwegen, trotzdem ist er richtig. 

Erschreckende Zahlen

Es ist eines der letzten Gesetze, das der Bundestag vor seiner Neuwahl Anfang des Jahres beschlossen hatte: das »Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen«, kurz UBSKM-Gesetz – wobei die Abkürzung für die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs steht, deren Amt nun aufgewertet wurde. Seit Juli ist das Gesetz in Kraft.

 Kampf gegen Kindesmissbrauch ist endlich Regierungspflicht

Kerstin Claus, Missbrauchsbeauftragte des Bundes: Kampf gegen Kindesmissbrauch ist endlich Regierungspflicht

Foto: Jan Woitas / dpa

So sperrig der Name, so wichtig ist der Inhalt: Der Kampf gegen Kindesmissbrauch ist endlich Regierungspflicht, ganz gleich welche Parteien in einer Koalition zusammenarbeiten. Der Auftrag lautet, Prävention, Aufarbeitung und Aufklärung stetig zu verbessern, auf allen Ebenen.

Wie dringend das ist, wird heute einmal mehr deutlich werden. Am Vormittag legen CSU-Innenminister Alexander Dobrindt, der Chef des Bundeskriminalamts Holger Münch und die Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus ihr Lagebild zum Ausmaß von Kindesmissbrauch in Deutschland vor.

Die Zahlen, das zeigt die bereits veröffentlichte Kriminalstatistik, blieben im vergangenen Jahr auf besorgniserregend hohem Niveau. Demnach bearbeitete die Polizei 16.354 Fälle von sexuellem Missbrauch, ähnlich viele wie 2023. Fast 20.000 betroffene Kinder und Jugendliche wurden ermittelt – das heißt: Jeden Tag werden in Deutschland mehr als 50 Kinder sexuell missbraucht.

Und auch heute wieder werden die Behörden einräumen müssen, dass das Dunkelfeld sehr viel größer ist.

Bewährung für die Menendez-Brüder?

Seit mehr als 35 Jahren sitzen Erik und Lyle Menendez im Gefängnis. Nun sind sie der Freiheit so nah wie noch nie seit ihrer Verhaftung. Der Bewährungsausschuss des US-Bundesstaates Kalifornien beginnt heute mit seinen Anhörungen zum Freilassungsersuchen der Brüder.

 Netflix brachte Bewegung in den Fall

Erik (r.) und Lyle Menendez während ihres Prozesses 1990 in Santa Monica: Netflix brachte Bewegung in den Fall

Foto: Nick Ut / AP

Es geht um einen der aufsehenerregendsten Kriminalfälle Amerikas. Erik und Lyle Menendez haben 1989 ihre Eltern brutal ermordet. 14 Schüsse feuerten sie in der Familienvilla in Beverly Hills auf Mutter Kitty und Vater José. 1989 war das, Erik und Lyle waren damals 18 und 21 Jahre alt. Sie wurden zu lebenslanger Haft verurteilt, erst vor Kurzem haben sie nach langem juristischem Ringen die Chance zur Bewährung erhalten.

Dass überhaupt noch einmal Bewegung in die Sache gekommen ist, lag auch an zwei erfolgreichen Netflix-Produktionen (lesen Sie hier  die Hintergründe), eine davon ist nun für den Emmy nominiert. Sie lenkten das Augenmerk von Neuem auf das seit jeher von der Verteidigung vorgebrachte Mordmotiv als Akt der Notwehr: Jahrelang seien Erik und Lyle von ihrem Vater sexuell missbraucht worden, ihre Mutter habe nicht eingegriffen. Die Staatsanwälte unterstellten den Brüdern dagegen Gier auf das millionenschwere Erbe des Vaters.

Empfiehlt der Bewährungsausschuss, die Brüder aus der Haft in San Diego zu entlassen, ist damit das letzte Wort noch nicht gesprochen. Das hat Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom. Und der hat den Ausschuss in der Vergangenheit schon häufiger überstimmt.

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Verlierer des Tages…

…ist Andreas Scheuer. Aus der Politik hat sich Scheuer schon vor einer Weile verabschiedet. Doch seine Zeit als Bundesverkehrsminister und Bundestagsabgeordneter lässt ihn nicht los. Anfang des Jahres hatte der SPIEGEL fragwürdige Wahlkampfspenden des umtriebigen CSU-Mannes enthüllt (lesen Sie hier  die ganze Geschichte). Nun holt ihn wieder einmal das Debakel um die gescheiterte Pkw-Maut ein, die den Steuerzahler 243 Millionen Euro kostete.

 Sagte er vor dem Untersuchungsausschuss die Wahrheit?

Andreas Scheuer (im Februar 2024 in Passau): Sagte er vor dem Untersuchungsausschuss die Wahrheit?

Foto:

Frank Hoermann / Sven Simon / IMAGO

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen Scheuer erhoben. Der Vorwurf: uneidliche Falschaussage vor dem Maut-Untersuchungsausschuss des Bundestags. Dabei geht es um die Frage, ob die Verträge mit dem designierten Mautbetreiberkonsortium unterzeichnet worden waren, obwohl die Gefahr bestand, dass der Europäische Gerichtshof Scheuers Prestigeprojekt stoppt. Scheuer weist den Vorwurf zurück, die Anklage im »medialen Sommerloch« erscheine ihm »politisch motiviert«. Nun muss das Gericht entscheiden.

 »Bewusst würde sich doch niemand fürs Schmutzatmen entscheiden!«

Medizinerin Enders: »Bewusst würde sich doch niemand fürs Schmutzatmen entscheiden!«

Foto: [M] DER SPIEGEL: Julia Sellmann, Getty Images
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