DEIN SPIEGEL: Auf der Startseite deiner Website steht das Motto: »Sportler. Mensch. Klara.« Was bedeutet das?
Bühl: Für mich heißt das: Ich bin Sportlerin und werde an meinen Leistungen gemessen. An meinen Toren und Vorlagen. Aber auch Sportlerinnen bleiben Menschen. Wir machen Fehler und brauchen eine Balance zwischen Fußball und normalem Leben, um Vorbilder zu sein, ohne nur als Sportlerin gesehen zu werden.
DEIN SPIEGEL: Hattest du als Kind ein Vorbild?
Bühl: Ein Vorbild nicht direkt, aber ich habe mir bei Arjen Robben und Franck Ribéry was abgeschaut. Beide spielten auf der Außenbahn, wie ich auch. Und beide wie ich beim FC Bayern. Robben und Ribéry waren superkreativ, sie fanden immer Lösungen, um an ihren Gegnern vorbeizukommen. Als Kind habe ich mir ihre Bewegungen angeschaut, sie studiert und, so gut es ging, nachgemacht.

Das beste Team Deutschlands: Die Spielerinnen des FC Bayern holten neben dem Meistertitel auch den DFB-Pokal.
Foto: Michaela Merk / IMAGODEIN SPIEGEL: Als Außenbahnspielerin musst du oft Gegnerinnen ausdribbeln. Wie gehst du damit um, wenn du mehrere Zweikämpfe verlierst?
Bühl: Das ist echt nicht leicht. Jeder verlorene Zweikampf frustriert mich. Manchmal ist es einfach so, dass man selbst einen schlechten Tag hat oder die Gegnerin einen sehr guten. Dann muss man trotzdem weitermachen. Und irgendwann komme ich vorbei.
DEIN SPIEGEL: Wie kamst du überhaupt auf die Idee, Außenbahnspielerin zu werden?
Bühl: Früher spielte ich in der Mitte, oft auf der Spielmacherinnenposition. Aber je älter ich wurde, desto mehr wurde ich nach außen geschoben. Das passt einfach zu meinen Stärken, ich bin schnell und kann gut flanken.
DEIN SPIEGEL: Was ist dir lieber: ein Tor vorzubereiten oder ein Tor zu schießen?
Bühl: Da kann ich mich unmöglich entscheiden. Wenn man zum Erfolg beitragen kann und dann mit seinen Mädels ein Tor feiert, ist das ein unbeschreibliches Gefühl. Aber ich bereite öfter vor, als dass ich selbst treffe. Vielleicht ist mir das doch lieber.
DEIN SPIEGEL: Auch bei der anstehenden Europameisterschaft hoffen die deutschen Fans, dass du wieder viele Tore vorlegst. Was ist möglich für das deutsche Team?
Bühl: Wir müssen erst mal die Gruppenphase überstehen, da haben wir mit Dänemark, Polen und Schweden echt starke Gegner. Wichtig ist, dass das erste Spiel gegen Polen erfolgreich läuft. Wenn da alles passt, kann ein Feuer entstehen, und wir spielen uns womöglich in einen Flow.
DEIN SPIEGEL: Wie bei der Europameisterschaft 2021, als ihr bis ins Finale gekommen seid.
Bühl: Genau, da waren wir im Flow. Nun ist vieles anders, wir haben mit Christian Wück einen neuen Bundestrainer, außerdem sind viele junge Spielerinnen dazugekommen. Aber wir haben weiter eine richtig starke Truppe und müssen vor keinem Gegner Angst haben.
DEIN SPIEGEL: Bei der Nationalmannschaft triffst du auf Spielerinnen wie Jule Brand vom VfL Wolfsburg oder Laura Freigang von Eintracht Frankfurt. In der Bundesliga sind das eure härtesten Konkurrentinnen. Versteht ihr euch dennoch?
Bühl: Ja. Wenn wir uns in der Liga als Gegnerinnen begegnen, kann es schon mal ruppig werden. Dann pflaum’ ich meine Gegnerin auch mal an, etwa wenn sie mich foult. Aber ganz wichtig ist: Was auf dem Platz passiert, bleibt auf dem Platz. Nach dem Spiel muss man das abhaken. Wir stehen auf dem Rasen zusammen oder setzen uns nach der Partie gemeinsam hin, reden über das Spiel oder private Themen.

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DEIN SPIEGEL: Du schenkst deinen Mitspielerinnen immer wieder selbst gehäkelte Geschenke, etwa kleine Tierchen. Wie kommt das bei ihnen an?
Bühl: Sie freuen sich riesig! Selbst gemachte Geschenke sind besonders, weil man Zeit und Liebe investiert. Manchmal komme ich gar nicht hinterher, weil mich immer wieder Mitspielerinnen fragen, ob ich ihnen auch was häkeln kann.
DEIN SPIEGEL: Wie bist du zu diesem Hobby gekommen?
Bühl: Eine ehemalige Mitspielerin hat gehäkelt, und ich fand das toll. Ich war aber zu schüchtern, um zu fragen, wie das funktioniert. Also habe ich mir in der Winterpause Wolle und Häkelnadeln von meiner Mama geschnappt und es mir beigebracht. Ich kann dabei den Kopf abschalten, den Stress vergessen und einfach entspannen.
DEIN SPIEGEL: Was häkelst du am liebsten?
Bühl: Im Winter Mützen, gern auch in knalligen Farben. Jetzt wieder Tierchen, wie bei der WM vor zwei Jahren. Da haben wir in Australien gespielt, und ich habe einen Koala gehäkelt.

Das Interview fand auf dem FC-Bayern-Campus in München statt. Antonia (Mitte) kommt aus Augsburg und geht in die 7. Klasse. Sie spielt Tennis und Posaune. Und man findet sie oft auf dem Fußballplatz, dort ist sie Stürmerin. Sianna (rechts) wohnt in Sinzheim und besucht die 5. Klasse. Sie spielt im defensiven Mittelfeld, fühlt sich aber auf mehreren Positionen wohl. Außerdem liest sie gern und viel.
Foto: Frank Bauer / DEIN SPIEGELDEIN SPIEGEL: Der Fußball der Frauen wird immer populärer, auch bei der EM werdet ihr wieder in großen Stadien vor Zehntausenden Fans spielen. Bist du nervöser, wenn viele Fans da sind?
Bühl: Nein, das pusht mich! Die Fans geben mir Energie, und ich spüre, dass sie uns anfeuern. Wir haben während der Coronazeit gesehen, dass Fußball ohne Fans nur halb so schön ist. Deshalb: je mehr Fans kommen, desto besser.
DEIN SPIEGEL: Was war das beeindruckendste Stadion, in dem du gespielt hast?
Bühl: Das Wembley-Stadion in London. Es ist eine der größten Fußballarenen der Welt und für mich auch eine der beeindruckendsten. Wir hatten da 2019 ein Testspiel, da waren fast 80.000 Fans im Stadion, und ich habe kurz vor Schluss zum 2:1-Sieg getroffen. So was vergisst man nicht.
DEIN SPIEGEL: Obwohl mittlerweile oft viele Zuschauer kommen und ihr hart trainiert, bekommt ihr als Fußballerinnen viel weniger Geld als die männlichen Fußballer. Stört dich das?
Bühl: Ich habe das akzeptiert. Es hat sich wirklich viel entwickelt, als Profifußballerin kann ich mittlerweile von meinem Sport leben. Das wäre noch vor einigen Jahren undenkbar gewesen.
DEIN SPIEGEL: Ist also alles perfekt?
Bühl: Nein. Es kann und sollte sich noch viel verbessern. Ich würde gern öfter in großen Stadien spielen und hoffe, dass unsere Spiele öfter im Fernsehen übertragen werden. Aber wir Fußballerinnen haben einen großen Vorteil gegenüber den Männern.

1989 gewann die Nationalmannschaft der Frauen die EM im eigenen Land. Als Prämie bekamen die Fußballerinnen dafür vom DFB kein Geld, sondern ein Kaffeeservice. Mittlerweile hat sich viel geändert: Gewinnt Deutschland die Europameisterschaft, erhält jede Spielerin 120.000 Euro. Das ist aber weniger als bei den Männern. Im Vorjahr hätte jeder DFB-Kicker 400.000 Euro für den EM-Titel bekommen.
Foto: Rolf Vennenbernd / dpaDEIN SPIEGEL: Welchen?
Bühl: Wir haben noch eine gewisse Anonymität. Ich kann in die Stadt gehen und mich in ein Café setzen, ohne die ganze Zeit angeschaut zu werden. Für manche Fußballer, etwa Harry Kane, ist das unmöglich. Der wird überall erkannt und fotografiert.
DEIN SPIEGEL: Was nimmst du mit zur Europameisterschaft – außer deinen Häkelnadeln?
Bühl: Ein gutes Buch und einen Hoodie.
DEIN SPIEGEL: Warum einen Hoodie?
Bühl: Wir laufen bei so einem Turnier eigentlich immer mit Klamotten vom Deutschen Fußball-Bund herum. Entweder im Trainingsanzug, im Sportshirt oder im Trikot. Manchmal kommt es aber auch vor, dass ich mal nicht an Fußball denken will, dann ziehe ich mir meinen eigenen Hoodie an. Das hilft mir beim Abschalten.
Dieses Interview erschien in DEIN SPIEGEL 7/2025.

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