Die libanesische Regierung geht erstmals offen gegen die Bewaffnung der von Iran unterstützten Hisbollah-Miliz vor. Das Kabinett beauftragte die Armee, bis zum Jahresende einen Plan für ein staatliches Waffenmonopol zu entwickeln, wie Ministerpräsident Nawaf Salam nach einer fast sechsstündigen Sitzung mitteilte.
Der Schritt erfolgt vor dem Hintergrund des Drucks aus Washington und der Sorge, Israel könnte seine Angriffe auf den Libanon ausweiten. Noch während die Minister tagten, wies Hisbollah-Führer Naim Qassem die Forderungen in einer Fernsehansprache zurück. Er hoffe, die Regierung verschwende keine Zeit mit »Stürmen, die von außen diktiert werden«. Das Vorgehen sei »kein Zeitplan für eine Entwaffnung«.
Entwaffnung im Gegenzug für Israels Abzug aus dem Libanon
Noch vor zwei Jahren, als die Gruppe auf dem Höhepunkt ihrer Macht stand, wäre der Schritt des Kabinetts kaum denkbar gewesen. Die schiitische Organisation zählte vor dem jüngsten Krieg mit Israel zu den am stärksten bewaffneten nicht-staatlichen Akteuren weltweit. Inzwischen ist sie deutlich geschwächt und auch ihr Waffenarsenal geschrumpft. Präsident Joseph Aoun, Ministerpräsident Nauaf Salam wie auch die USA und Israel fordern, dass die Hisbollah all ihre Waffen an die staatliche Armee abgibt. Die Hisbollah lehnt das ab, solange Israels Truppen im Libanon stationiert sind und Israel Ziele im Land angreift.
Israel und die Hisbollah beschießen sich seit Beginn des Gazakriegs im Oktober 2023 gegenseitig. Der Konflikt hat sich zu einem eigenen, parallel laufenden Krieg entwickelt. Israel marschierte mit Bodentruppen in das Nachbarland ein und bombardierte massiv Ziele, vor allem im Raum Beirut, im Süden und Osten. Die Hisbollah griff ihrerseits Ziele in Israel an.