Die schwarz-rote Regierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) erreicht bald die berühmte 100-Tage-Frist – seit dem 6. Mai ist sie im Amt. Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) zieht nun eine gemischte Bilanz. »Die Menschen wollen, dass wir Lösungen finden, daran müssen wir arbeiten«, sagte der Bundesfinanzminister der »Rheinischen Post«. Für das Gelingen der Koalition trügen alle gemeinsam Verantwortung. »Wir hatten keine 100-Tage-Schonfrist, es waren wahrscheinlich noch nicht mal drei Tage.«
Kritisch blickte er auch auf den Konflikt um die Wahl von SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin. Wegen Widerständen in der Unionsfraktion wurde die Wahl Mitte Juli kurzfristig abgesagt. »Wenn wir Absprachen treffen, dann müssen die gelten. Darauf müssen wir uns als SPD verlassen können«, so der SPD-Chef. Das sei bei der geplanten Berufung Brosius-Gersdorfs nicht der Fall gewesen. »Beim Start in die Sommerpause wurden die Erfolge der Koalition dadurch überlagert«, kritisierte Klingbeil.
»Weit entfernt« von Ampelzeiten
Denn Erfolg, den gibt es aus seiner Sicht dennoch: »Unterm Strich haben wir in dieser ersten Zeit vieles gemeinsam geschafft, was unser Land positiv verändern wird.« Klingbeil nannte das Finanzpaket für Infrastruktur und Verteidigung, »zwei Haushalte, den Wachstumsbooster für die Wirtschaft« und das am Mittwoch beschlossene Rentenpaket.
Das Verhältnis von Merz und ihm sei »vertrauensvoll«, sagte der Finanzminister. Von Ampelzeiten sei man »sehr weit entfernt«, betonte er mit Blick auf die zahlreichen Konflikte von SPD, FDP und Grünen in der Vorgängerregierung.
Ob es so bleibt, wird der Herbst zeigen. Investitionen, Innere Sicherheit – bisher hat die Merz-Regierung Themen angepackt, bei denen sich Union und SPD einig sind. Der Kanzler bemühte sich zugleich, Deutschland außenpolitisch wieder sichtbarer zu machen. Nun stehen Debatten über Bürgergeld und Pflege an – Themen mit sozialer Sprengkraft.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, die Regierung sei bereits seit 100 Tagen im Amt. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung war die bisherige Amtszeit jedoch einige Tage kürzer. Wir haben den Text entsprechend geändert.