Vieles läuft richtig
Ich lebe seit meiner Jugend in Deutschland. Die Familie mütterlicherseits lebt in Österreich. Über die politischen Affären bin ich nur sehr oberflächlich informiert. Aber die Unfähigkeit, Kompromisse einzugehen, ist eine Krankheit, die weltweit ausgebrochen ist. Da sehe ich auch in Deutschland schwarz. Was mir auffällt, ist, dass auch Akademiker in meiner Verwandtschaft jammern: „So kann es nicht weitergehen!“ Das Zitat von Herbert Kickl: „Wir sind nicht rechtsextrem, wir haben nur extrem oft recht“ haben viele Österreicher kritiklos übernommen. Und man beruhigt sich selbst: „Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird.“ Mein Eindruck ist, dass man in den letzten Jahrzehnten in Österreich vieles richtig gemacht hat. Meine Mutter lebte die letzten Jahrzehnte (sie wurde 103 Jahre alt!) in Niederösterreich. Mein Vater arbeitete in Deutschland und später in Österreich. Die Witwenrente/Pension meiner Mutter war anfangs 50 zu 50. Später wurde der Anteil der Pension immer größer und die Rente immer kleiner. Das ist leider gesetzlich so geregelt, da hat die deutsche Rentenkasse penibel darauf geachtet, zum Ärger meiner Mutter. Und die medizinische Versorgung in Österreich war immer exzellent. Dieter Kabus, Langen (Hessen)
Eine Minderheit bestimmt
Meine Meinung ist, dass es nicht tragbar ist, dass die große Mehrheit der demokratisch eingestellten Österreicher von einer Minderheit in den „illiberalen“ Abgrund gerissen wird. Ein weiteres Drama, dass die drei Parteien der „Zuckerlkoalition“ sich allesamt diskreditiert haben. Sollte es, was ich nicht glaube, zu Neuwahlen kommen, wen wählen? Hilde Lorenz, Stratzing (Niederösterreich)
Schreckliches Spiel
Zehntausende Menschen protestierten gegen den drohenden blau-türkisen Rückbau von Menschlichkeit, Pressefreiheit und Ökologie durch eine Regierung mit einem Kanzlerkandidaten an der Spitze, der aus der Geschichte – so scheint es – nur gelernt hat, dass man mit den Grauslichkeiten der 1930er-Jahre sprachlich vortrefflich provozieren und Aufmerksamkeit generieren kann. Die Opfer des Nazismus und ihre Angehörigen sind Kickl und seinesgleichen offensichtlich Powidl. Würde er trotz seines schrecklichen Spiels mit Versatzstücken eines barbarischen Mörderregimes Kanzler unserer Republik werden, hat das Lernen aus der Geschichte sich ins Gegenteil verkehrt. Haben wir Wählerinnen und Wähler uns die Geschichtsvergessenheit der Parteien verdient, die wir zumeist auch deshalb gewählt haben, weil es eine Stimme gegen die FPÖ unter Kickl & Co. war? „Nein!“ ist zumindest meine persönliche Antwort. Daher will ich nicht hinnehmen, dass das Bemühen um eine konstruktive Koalition zwischen (den schwarzen, also christlich-sozialen Teilen) der ÖVP, der sozialdemokratischen SPÖ und den liberalen NEOS so schnell gescheitert ist. Also noch einmal an die Verhandlungstische, bitte. Denn das Bisherige kann angesichts des Drohenden doch noch nicht alles gewesen sein! Dr. Fritz Hausjell, Wien
Demokratie ist stark genug
Lasst die Leute doch erst mal machen. Was sollen die Ängste? Die Demokratie in Austria bügelt auch grobe Schnitzer weg. Einfach mal machen lassen, wie auch in den Bundesländern. Ohne Angst, eher mit Zuversicht, denn soooo blöd sind Kickls Ideen auch nicht. Erich Kreuss, Bütgenbach (Belgien)
Versuch eines ideologiefreien Miteinanderseinander
Die ÖVP als eine ehrwürdige, europafreundliche und traditionell christlich-human geprägte Volkspartei zu bezeichnen ist zutreffend. Bedauerlicherweise ist sie nicht mehr die stärkste Partei im Parlament. Viele und nicht zuletzt die linksliberale Häme der SZ und deren Österreich- und ÖVP-Bashing – siehe Berichterstattung Kurz – haben mit dazu beigetragen, die ÖVP zu diskreditieren. Die konservativen Kräfte wurden und werden seit Jahren als Negativbeispiel für alles Mögliche angeführt. Und jetzt tun Sie so, als ob es nur in Österreich so eine Entwicklung gäbe und wollen Österreich wieder einmal an den Pranger stellen, ausgrenzen und isolieren. Ich hoffe, dass es in Deutschland nicht so weit kommt. Gott sei Dank gibt es in Bayern – trotz Söder – noch eine konservative Kraft, die den rechten und linken Radikalen Einhalt gebieten kann. Die Lösung für Österreich wie für Deutschland kann nur der Versuch eines ideologiefreien Miteinanders der demokratischen Parteien sein. Nicht, dass wieder – wie gehabt – eine Diktatur auf demokratischem Weg zustande kommt. Walter Berchtold, Fürstenzell (Bayern)
Fernblick mit Sorge
Auch ich als Auslandsösterreicherin nehme die politischen Wirren in diesem Land mit einem Fernblick wahr; allerdings nicht mit Belustigung, sondern mit Sorge. Als Problem sehe ich nicht nur den wahrscheinlich baldigen „Volkskanzler“, sondern all diejenigen, die die FPÖ gewählt haben, auf Landes- wie auf Bundesebene! Ulrike Mauerhofer, Karlsruhe (Baden-Württemberg)
Kräfte der Demokratie
Als es in Österreich vor Jahren fast so aussah, als ob Haider Bundeskanzler werden würde, war ich fest entschlossen, auf dem hiesigen österreichischen Konsulat meinen Pass abzugeben und danach die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen. Es kam Gott sei Dank anders. Nun stehe ich abermals vor nahezu der gleichen Situation. Leider bin ich aber jetzt inzwischen 94 Jahre alt und fühle mich ein bisschen zu alt, um diesen Akt auszuführen. Ich wünsche unserem Land, dem ich sehr verbunden bin, dass die Kräfte der Demokratie stärker bleiben und dass es ihm gelingen möge, sich von den braunen Kräften zu befreien! John Fischer, München
Bekenntnis zu Europa ohne Wenn und Aber
Ich bin Auslandsösterreicher, 76 Jahre alt und seit 1972 in der BRD. Ich war für deutsche Unternehmen lange Zeit im Ausland (elf Jahre in Afrika und sieben Jahre in Südamerika) und partiell in vielen Ländern dieser Welt tätig. Ich habe gelernt, dass man ein Land oder die Menschen, die dort leben, nur dann versteht, wenn man sich intensiv mit der Geschichte beschäftigt, was ich jedem Politiker, der ins Ausland fährt, dringlichst empfehlen würde. Egal in welchem Land ich mich aufgehalten habe, musste ich feststellen, dass der Normalbürger sich unisono nach Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit sehnt, unabhängig von Religion oder politischer Gesinnung. Dieser Wunsch wird heute nicht mehr respektiert, weil uns die politischen Eliten etwas anderes vorleben. Es geht nur um Macht und Geld und die individuelle Verwirklichung der damit verbundenen Ansprüche ihrer selbst. Aus der Geschichte haben wir leider nichts gelernt, sonst würden die Wähler sich hüten, eine Partei wie die Freiheitlichen in Österreich zu wählen. Die nationalen Bestrebungen, durch Abschottung mehr für „das Land zu erreichen“, sind kurzsichtig, falsch und gehen am Ziel vorbei. Die einzige nachhaltige Chance einer vernünftigen Zukunft besteht in einem Bekenntnis zu Europa ohne Wenn und Aber als starkem Kontrapart zur USA, zu China und Russland. Darauf sollten wir uns konzentrieren und hart daran arbeiten. Für mich persönlich wäre eine Wahl des Herrn Kickl zum Kanzler der Republik Österreich eine so große Schande, dass ich die Staatsbürgerschaft zurückgeben würde. Es ist maßlos traurig, dass sich die etablierten Parteien nicht zu einem erträglichen Konsens verständigen konnten, um das zu verhindern. Walter Sigl, Schrobenhausen (Bayern)
Grauen vor rechter Allianz
20 Jahre (1985 bis 2005) meines Lebens war ich mit einer Wienerin verheiratet, habe sogar fast zwei Jahre in Österreich gearbeitet (Mitte der 80er-Jahre) und aus dieser Zeit entstand eine tiefe Liebe zu dem Land. Was ich jetzt aus der Ferne beobachte, macht mir große Sorgen, und einen Kickl muss man mit allen Mitteln verhindern, so wie wir die AfD verhindern müssen. Mir graut vor einer rechten Allianz in Europa, aber anscheinend ist der Mensch nicht lernfähig. Jürgen Naeve, Frankfurt/Main
Hoffentlich bleibt Widerstand
Ich blicke mit größter Besorgnis auf mein Lieblingsurlaubsland. Bin gespannt, wie die Stimmung in Kärnten ist, wenn wir diesen Sommer dort am Wörthersee Urlaub machen. Hoffentlich bleibt die Bevölkerung widerstandsfähig! Alexander Langbein, Bremen
Hohe Staatskunst verlernt
Bei so manchen Coups österreichischer Politiker, vor allem in Verhandlungen mit der EU, dachte ich mir: Da schau her, ihren Metternich haben sie gelernt, die Österreicher! Jetzt aber scheinen alle Parteien die hohe Staatskunst verlernt zu haben. Ich kann nur hoffen, dass die österreichische Politik nicht Richtung Machiavelli geht (Giorgia Meloni macht’s gerade vor). Lisbeth Rustler, München
Bisher nicht vorstellbar
Auch ich als Auslandsösterreicher bin entsetzt und verwirrt, was in Austria derzeit abgeht. Muss ich mich bald schämen oder vermeiden, als Österreicher wahrgenommen zu werden? Ein neutrales Land driftet so weit nach rechts – das war bisher für mich nicht vorstellbar. Vor allem nicht nach der Haider-Zeit. Haben wir denn nichts aus der Geschichte gelernt? Oder hatte die EAV schon immer recht: „Das Böse ist immer und überall“! Ich hoffe, das wird der wirkliche, unselige „Fliegenschiss vor der Geschichte“. Peter Schafhauser, Ellingen (Bayern)
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