Krieg in Gaza: Israels Armeechef knüpft Fortsetzung der Kämpfe an Geiselfreilassung

vor 2 Stunden 1
 Der Generalstabschef der israelischen Streitkräfte, Eyal Zamir, droht mit weiteren Angriffen im Gazastreifen.
© Ronen Zvulun/​Reuters

Falls die israelischen Geiseln nicht bald freikommen, will das Militär die Kämpfe fortsetzen. Israelischer Schriftsteller Grossman spricht von "Genozid". Das Liveblog

Aktualisiert am 2. August 2025, 13:20 Uhr

Sarah Vojta

Angelaufene Hilfslieferungen reichen laut Wadephul "bei weitem" nicht aus

Im Anschluss an seine Reise nach Israel und in das Westjordanland hat Außenminister Johann Wadephul (CDU)  das Sicherheitskabinett der Bundesregierung telefonisch über die aktuelle Lage im Gazastreifen informiert. "Die Bundesregierung stellt erste, leichte Fortschritte bei der humanitären Hilfe für die Bevölkerung im Gazastreifen fest", sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius. Diese würden "allerdings bei weitem nicht ausreichen, um die Notlage zu lindern".

Israel stehe "weiter in der Pflicht, eine umfassende Versorgung auch mit Unterstützung der Vereinten Nationen und anderer humanitärer Organisationen sicherzustellen", teilte Kornelius weiter mit. Gleichzeitig sei die Bundesregierung "besorgt über Informationen, wonach große Mengen an Hilfsgütern von der Hamas und kriminellen Organisationen zurückgehalten werden". Zuletzt hieß es allerdings in Berichten, dass es keine ausreichenden Belege für solche Behauptungen gibt.

Dem Sicherheitskabinett gehören neben Wadephul auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) sowie Innenminister Alexander Dobrindt (CSU), Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) an.

Philip Moser

Jordaniens Armee meldet tödlichen Zwischenfall an Grenze zu Syrien

Das jordanische Militär hat nach eigenen Angaben zwei bewaffnete Personen an der Grenze zu Syrien getötet. Die beiden seien bei einem "Infiltrationsversuch" am Freitag getötet worden, teilten die Streitkräfte mit.

Sarah Vojta

Israel droht mit weiteren Angriffen, falls Geiseln nicht freikommen

Israels Armeechef hat mit einer Fortsetzung der Angriffe auf den Gazastreifen gedroht, sollten die verbliebenen israelischen Geiseln nicht befreit werden. Er gehe davon aus, "dass wir in den nächsten Tagen erfahren werden, ob wir eine Einigung über die Freilassung unserer Geiseln erzielen können", teilte der Generalstabschef der israelischen Streitkräfte, Eyal Zamir, mit. Andernfalls werde "der Kampf ohne Unterbrechung weitergehen".

Verhandlungen zwischen Israel und der islamistischen Hamas unter Vermittlung der USA, Ägyptens und Katars waren im vergangenen Monat gescheitert. Noch immer werden 49 israelische Geiseln von der Terrororganisation festgehalten, mindestens 27 von ihnen sind nach Armeeangaben tot. Palästinensische bewaffnete Gruppen veröffentlichten diese Woche zwei Videos, die ausgehungerte und geschwächte Geiseln zeigen.

Fast 22 Monate nach dem Beginn des Kriegs im Gazastreifen ist die humanitäre Lage in dem Gebiet nach Angaben von Hilfsorganisationen katastrophal. Den Vereinten Nationen zufolge sind derzeit alle Bewohnerinnen und Bewohner des Gazastreifens von einer Hungersnot bedroht.

Henrik Oerding

Nobert Röttgen spricht sich für neue Israelpolitik aus

Mit Norbert Röttgen hat nun erstmals ein prominenter CDU-Politiker eine Wende in der deutschen Israelpolitik gefordert. Angesichts der Lage im Gazastreifen forderte Röttgen die Bundesregierung auf, gemeinsame Sanktionen der europäischen Staaten gegen Israel zu ermöglichen. "Wenn sich Israels Politik nicht sehr schnell ändern sollte, wäre auch Deutschland gezwungen, zusammen mit unseren Partnern konkrete Maßnahmen zu ergreifen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion der ZEIT.

"Die wichtigsten europäischen Akteure müssen schnellstens ihr dramatisches Auseinanderfallen in ihrer Nahostpolitik beenden. Auch Deutschland muss hier seinen Beitrag leisten und kompromissbereit sein."

CDU-Politiker Norbert Röttgen

Sarah Vojta

Israelischer Schriftsteller Grossman bezeichnet Krieg im Gazastreifen als "Genozid"

Der israelische Schriftsteller und Friedensaktivist David Grossman hat sich dazu entschieden, den Krieg im Gazastreifen als "Genozid" zu bezeichnen. "Jahrelang habe ich mich geweigert, das Wort 'Genozid‘ zu verwenden", sagte Grossmann in einem Interview mit der italienischen Zeitung La Republicca. "Aber jetzt kann ich mich nicht mehr zurückhalten, nachdem ich die Zeitungsberichte gelesen, die Bilder gesehen und mit Menschen gesprochen habe, die dort waren.“

"Ich möchte als jemand sprechen, der alles getan hat, um Israel nicht als einen Genozid verübenden Staat bezeichnen zu müssen. Und nun muss ich mit großem Schmerz und gebrochenem Herzen sagen, dass es vor meinen Augen geschieht. Ein Genozid.“

Schriftsteller David Grossman

Grossman kritisiert seit Langem die israelische Okkupation von palästinensischen Gebieten. In dem Interview sagte er auch, warum aus seiner Sicht nicht mehr Menschen in Israel gegen die Kriegsführung im Gazastreifen protestieren: "Weil es einfacher ist, das nicht zu sehen. Und es ist leicht, der Angst und dem Hass nachzugeben." Viele Israelis hätten sich nach dem Massaker vom 7. Oktober "der Angst ergeben" und "gemeinsame linke Werte" aufgegeben. "Ohne zu merken, dass man außerhalb Israels umso isolierter und verhasster ist, je mehr man der Angst nachgibt."

Wenn man in Israel sei, umgeben von Nachbarn, "die einen nicht in der Region haben wollen, wie Syrien, und wenn man anfängt, die Unterstützung Europas zu verlieren, wächst die Isolation, und man findet sich in einer immer tieferen Falle wieder, aus der man nur schwer wieder herauskommt", sagte Grossman.

Anna-Lena Schlitt

Merz will Hilfslieferungen in Gazastreifen auf dem Landweg ermöglichen

Bundeskanzler Friedrich Merz hat der Bundeswehr für ihre Beteiligung an einer Luftbrücke für Hilfsgüter für den Gazastreifen gedankt und gleichzeitig betont, dass die Bundesregierung weiter daran arbeitet, Hilfslieferungen über den Landweg zu arrangieren. "Wir wissen: Airdops sind nur ein kleiner Beitrag, um das Leid der Menschen in Gaza zu lindern. Deshalb arbeiten wir weiter intensiv daran, Hilfe über den Landweg zu ermöglichen", schrieb Merz auf X. 

Am Freitag hatte die Bundeswehr damit begonnen, Hilfsgüter über dem Gazastreifen abzuwerfen. Hilfsorganisationen kritisieren solche Luftbrücken als ineffizient und gefährlich und fordern stattdessen Hilfslieferungen über den Landweg. 

Iven Fenker

Wadephul sieht Israel international immer isolierter

Außenminister Johann Wadephul hat nach seiner Nahostreise gefordert, dass die Zustände im Gazastreifen dringend geändert werden müssen. "Ich habe die Probleme angesprochen, die wir sehen, und das ist natürlich insbesondere die drängende humanitäre Situation im Gazastreifen, die so unerträglich geworden ist, dass es eine schnelle Abhilfe braucht“, sagte Wadephul im ZDF-heute-journal.

Die internationale Lage habe sich so zugespitzt, dass sich Israel bedauerlicherweise international immer mehr in einer isolierten Position befinde, sagte Wadephul in den ARD-Tagesthemen. "Es muss sich fundamental verbessern (...). Darauf schaut die ganze Welt. Und das droht Israel in eine immer schwierigere Situation zu bringen." In Israel habe er deutlich gemacht, wie hoch der Druck sei. "Wir brauchen jetzt endlich einen Waffenstillstand und eine Einigung darüber, wie die Geiseln freigelassen werden", sagte er.

Iven Fenker

Merz will nach Bericht von Wadephul über Schritte gegen Israel entscheiden

Die Bundesregierung will nach Angaben des Bundeskanzlers den Bericht des Außenministers aus Israel abwarten und dann entscheiden, ob sie Schritte gegen Israel wegen der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen unterstützt. Dies soll mit europäischen Partnern abgestimmt werden. 

Iven Fenker

126 Lebensmittelpaletten über dem Gazastreifen abgeworfen

Über dem Gazastreifen sind 126 Paletten mit Lebensmitteln abgeworfen worden, teilte die israelische Armee mit. An der koordinierten Aktion hätten sich Deutschland, Spanien, Frankreich, Jordanien, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate beteiligt. 

Deutsche Flugzeuge warfen nach Angaben des deutschen Verteidigungsministeriums 34 Paletten mit knapp 14 Tonnen Lebensmitteln und medizinischer Ausrüstung ab.

David Rech

So geht es nicht weiter

Auf eine nie da gewesene Weise hat sich die deutsche Haltung zu Israel in den vergangenen Wochen verändert. Die Sprache der deutschen Regierung ist deutlicher geworden. Ungeduldiger. Drängender, angesichts der humanitären Katastrophe in Gaza und des grassierenden Hungers, der sich zu einer Hungersnot entwickeln könnte. Doch politisch folgt daraus nichts, schreibt meine Kollegin Alice Bota. Sie hat Außenminister Johann Wadephul bei seiner Reise nach Israel begleitet.

Den Text lesen Sie hier: 

Marlena Wessollek

UNRWA meldet 6.000 wartende Lastwagen mit Hilfsgütern vor dem Gazastreifen

Nach Angaben des Palästinenserhilfswerks der Vereinten Nationen (UNRWA) stehen 6.000 mit Hilfsgütern beladene Lastwagen außerhalb des Gazastreifens. Sie warteten auf die Erlaubnis für die Einfahrt, teilte UNRWA-Chef Philippe Lazzarini mit. Luftabwürfe seien hingegen ineffizient und unzureichend. Es gebe keine Alternative zu einer UN-koordinierten Hilfe.

Zuvor hatten die Vereinten Nationen Israel erneut vorgeworfen, humanitäre Hilfe im Gazastreifen zu behindern. Von 92 versuchten Hilfstransporten am Mittwoch seien 16 Prozent verweigert worden, 26 Prozent auf Schwierigkeiten gestoßen und deshalb in vielen Fällen abgebrochen oder nur teilweise ausgeführt worden, sagte ein Sprecher des UN-Generalsekretärs António Guterres. Weitere 11 Prozent hätten die Hilfsorganisationen selbst aus Organisations- oder Sicherheitsgründen abgesagt.

David Rech

Italien will kranke Kinder aus Gazastreifen ausfliegen lassen

Italien plant, erneut kranke palästinensische Kinder und ihre Begleitpersonen zur Behandlung aus dem Gazastreifen ausfliegen zu lassen. Außenminister Antonio Tajani teilte mit, man arbeite an einem entsprechenden Evakuierungsplan. Insgesamt sollen rund 50 Menschen ausgeflogen werden.

Tajani kündigte an, wie Deutschland und Frankreich auch Hilfsgüter aus der Luft über dem Gazastreifen abwerfen zu lassen. Einen genauen Zeitpunkt nannte der Außenminister dabei jedoch nicht. Zudem sollen weitere fünf Millionen Euro für den Kauf von Lebensmitteln bereitgestellt werden.

Marlena Wessollek

Frankreich wirft ebenfalls Hilfsgüter über dem Gazastreifen ab

Neben Deutschland hat auch Frankreich Hilfsgüter über dem Gazastreifen abgeworfen. Angesichts der absoluten Notlage der palästinensischen Zivilbevölkerung seien Lebensmittel aus der Luft abgeworfen worden, teilte Präsident Emmanuel Macron mit. Mit vier Flügen aus Jordanien sollten jeweils zehn Tonnen an Hilfsgütern in den Gazastreifen gebracht werden, sagte der französische Außenminister Jean-Noël Barrot dem Sender France Info.

Macron forderte Israel auf, einen vollen humanitären Zugang zu eröffnen. "Die Abwürfe allein reichen nicht aus. Israel muss einen vollen humanitären Zugang eröffnen, um der Gefahr einer Hungersnot zu begegnen“, schrieb Macron auf X. Lieferungen in das abgeriegelte Küstengebiet mit Lastwagen wären deutlich günstiger und es könnten wesentlich größere Mengen transportiert werden, hieß es weiter. 

Leon Ginzel

Wadephul bezeichnet Gewalt von Siedlern als Terror

Bei einem Besuch im Westjordanland hat Außenminister Johann Wadephul die Gewalt israelischer Siedler gegen Palästinenser verurteilt. "Wir setzen uns als Bundesregierung auf europäischer Ebene für die weitere Sanktionierung gewalttätiger Siedler ein", sagte er in Taibeh, einem Dorf christlicher Palästinenser im besetzten Westjordanland.

Gewalttaten jüdischer Siedler seien keine Einzelfälle, sondern nähmen immer mehr zu, sagte Wadephul.

"Solche Taten sind Verbrechen, sie sind Terror und sie gehören endlich polizeilich verfolgt."

Außenminister Johann Wadephul

Israel müsse die palästinensische Bevölkerung vor diesen Straftätern schützen. Er verwies unter anderem auf die Tötung von Awdeh Hathalin, einem der palästinensischen Mitwirkenden am Oscar-gekrönten Film No Other Land.

Wadephul kritisierte die israelische Siedlungspolitik. Bestimmte Projekte legten es darauf an, "ein zukünftiges palästinensisches Staatsgebiet zu zerstückeln und die Bewegungsfreiheit der Palästinenser einzuschränken". Deutschland sei zwar gegen eine "vorzeitige Anerkennung" eines palästinensischen Staates. Aber "jegliche Annexionsfantasien (...), die auch von Teilen der israelischen Regierung hervorgebracht werden", würden ebenso klar abgelehnt.

Marlena Wessollek

Bundeswehr startet Abwurf von Hilfsgütern

Die Bundeswehr hat mit dem Abwurf von Hilfsgütern über dem Gazastreifen begonnen. Nach Angaben der Luftwaffe waren zwei Transportflugzeuge vom Typ A400M mit 34 Paletten oder knapp 14 Tonnen vom Stützpunkt in der Nähe von Jordaniens Hauptstadt Amman gestartet. Diese hätten die ersten Paletten mit Lebensmitteln und medizinischer Ausrüstung abgeworfen, teilte das Verteidigungsministerium mit. Für die nächsten Tage seien weitere Flüge geplant. 

Nach oben
Gesamten Artikel lesen