Krieg in Gaza: Großbritannien, Frankreich und Kanada drohen Israel mit Sanktionen

vor 6 Stunden 1
 Binnenflüchtlinge aus Beit Lahia treffen im Norden des Gazastreifens ein.
© Jehad Alshrafi/​AP/​dpa

Drei Länder werfen Israel Verletzung des Völkerrechts in Gaza vor und kündigen Maßnahmen an. Netanjahu bezeichnet die Drohung als Belohnung für die Hamas. Das Liveblog

Aktualisiert am 20. Mai 2025, 1:56 Uhr

  • In der Nacht zum 18. März hat Israel seine Angriffe auf den Gazastreifen wieder aufgenommen. Damit endete die Waffenruhe, auf die sich Israel und die Terrororganisation Hamas geeinigt hatten. Sie war am 19. Januar in Kraft getreten. In der Nacht zum 17. Mai gab Israel den Beginn einer neuen Großoffensive bekannt.
  • Seit dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 ist die Lage in Nahost immer weiter eskaliert. Im Libanon kämpfte Israel gegen die vom Iran unterstützte Terrormiliz Hisbollah – dort gilt derzeit eine brüchige Waffenruhe.
  • Die Geschichte des Nahostkonflikts lesen Sie hier.
  • Unsere Themenseite zum Krieg im Nahen Osten finden Sie hier.
  • Neben eigenen Recherchen verwenden wir Material der Nachrichtenagenturen AFP, AP, dpa, epd, KNA und Reuters.

Katharina James

Netanjahu bezeichnet Sanktionsdrohung als Belohnung für Hamas

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die möglichen Sanktionen Großbritanniens, Frankreichs und Kanadas gegen Israel als eine "riesige Belohnung für den Völkermordangriff auf Israel vom 7. Oktober" und eine "Einladung zu weiteren Gräueltaten dieser Art" bezeichnet. Israel akzeptiere die Vision von Präsident Trump für den Gazastreifen und fordere alle europäischen Staats- und Regierungschefs auf, dasselbe zu tun, verlautete es weiterhin in einer Stellungnahme.

Der Krieg könne morgen beendet werden, wenn die verbleibenden Geiseln freigelassen würden, die Hamas ihre Waffen niederlege, ihre Anführer ins Exil gingen und der Gazastreifen entmilitarisiert werde. Israel habe vor, sich "mit allen Mitteln" zu verteidigen, "bis der vollständige Sieg errungen ist".

Sophia Reddig

Großbritannien, Frankreich und Kanada drohen Israel mit Sanktionen

Die Staats- und Regierungschefs Großbritanniens, Frankreichs und Kanadas haben Israel dazu aufgerufen, die erneute Militäroffensive zu stoppen und sämtliche Beschränkungen für Hilfsgüter aufzuheben. "Die Verweigerung wichtiger humanitärer Hilfe für die Zivilbevölkerung durch die israelische Regierung ist inakzeptabel und stellt eine Verletzung des humanitären Völkerrechts dar“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Zudem lehnten die drei Länder jeden Versuch ab, Siedlungen im Westjordanland auszuweiten. "Wir werden nicht zögern, weitere Maßnahmen zu ergreifen, einschließlich gezielter Sanktionen.“ 

Sophia Reddig

Deutschland und 21 weitere Länder fordern Wiederaufnahme von Hilfslieferungen

Die Außenministerien von Deutschland und 21 weiteren Ländern haben Israel in einer gemeinsamen Erklärung zu einer vollständigen Wiederaufnahme der Hilfen für den Gazastreifen aufgefordert. Israel müsse "sofort eine vollständige Wiederaufnahme der Hilfen für den Gazastreifen" erlauben, hieß es in einer vom Auswärtigen Amt in Berlin veröffentlichten Erklärung von Geberländern. Die Anzeichen für eine begrenzte Wiederaufnahme der Hilfen werde "anerkannt", die vom Hungertod bedrohte Bevölkerung im Gazastreifen müsse aber "die Hilfe erhalten, die sie verzweifelt benötigt".

Zu den Unterzeichnern gehören nach Angaben des Auswärtigen Amts unter anderem die Außenminister Kanadas, Frankreichs, Italiens, Spaniens, Schwedens und Großbritanniens, aber auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. In der Erklärung heißt es auch, dass das "palästinensische Gebiet weder verkleinert noch demografischen Veränderungen unterworfen werden" dürfe. Daneben fordern die Außenminister, dass die Hamas "alle verbleibenden Geiseln unverzüglich freilassen und die Verteilung humanitärer Hilfe ohne Behinderung ermöglichen muss".

Sophia Reddig

Lastwagen mit Hilfsgütern erreichen Gazastreifen

Zum ersten Mal seit fast drei Monaten sind Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen vorgelassen worden. Das teilte die israelische Regierung mit.

Die israelische Behörde Cogat meldete, fünf Lastwagen mit Hilfsgütern hätten das Küstengebiet erreicht. Der UN-Nothilfekoordinator Tom Fletcher sprach dagegen von neun Lastwagen, die über den Grenzübergang Kerem Shalom für die Einreise in den Gazastreifen freigegeben wurden, nachdem dieser von Israel elf Wochen lang blockiert worden war.

Fletcher kritisierte die unzureichende Menge an Hilfslieferungen. Ab morgen früh müssten deutlich mehr Hilfsgüter in den Gazastreifen gelangen können. 

"Dies ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein im Vergleich zu dem, was dringend benötigt wird."

UN-Nothilfekoordinator Tom Fletcher

Seit Anfang März hatte Israel keine Hilfslieferungen mehr in den Gazastreifen gelassen. Nach internationalem Druck erklärte der Staat, man werde "eine Grundmenge an Lebensmitteln für die Bevölkerung zulassen, um sicherzustellen, dass es im Gazastreifen nicht zu einer Hungerkrise kommt". Nach Angaben von Hilfsorganisationen gibt es in dem Küstenstreifen allerdings längst eine Hungerkrise. 

Maline Hofmann

Zahl der Toten in Gaza steigt laut palästinensischen Angaben

Nach israelischen Angriffen ist die Zahl der Toten im Gazastreifen einem palästinensischen Agenturbericht zufolge weiter gestiegen. Seit der Nacht seien 63 Menschen getötet worden, meldete die Nachrichtenagentur Wafa.

Den Angaben nach gab es Tote unter anderem in der Stadt Gaza sowie Chan Junis im Süden des Gebiets. Weitere Menschen sollen bei einem Luftangriff auf ein Zelt für Vertriebene in der Gegend von Al-Mawasi getötet worden sein, wie Wafa unter Berufung auf medizinische Kreise berichtete. Zuvor hatte der von der Hamas kontrollierte Zivilschutz von mindestens 22 Toten durch israelische Angriffe gesprochen. 

Mathis Gann

Lieferung von Babynahrung nach Gaza laut Israel wieder möglich

Israel lässt eigenen Angaben zufolge nach wochenlanger Blockade erstmals wieder humanitäre Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu. "Heute ermöglicht Israel Lastwagen mit Babynahrung die Zufahrt nach Gaza", sagte ein Vertreter des israelischen Außenministeriums. In den kommenden Tagen werde Israel zudem weiteren Lkw mit Hilfsgütern Zufahrt zu dem abgeriegelten Küstenstreifen gewähren. Israelische Medien mutmaßten, es handele sich bei den nun genehmigten Lieferungen nur um einige wenige Lastwagen mit Babynahrung, Mehl und medizinischer Ausrüstung.

International wurde Israels erneute Blockade sämtlicher humanitärer Lieferungen in das Palästinensergebiet heftig kritisiert. Hilfsorganisationen sprachen von katastrophalen Zuständen und warnten vor einer Hungersnot

Eric Voigt

Israel ruft Einwohner von Chan Junis zur Flucht auf

Die israelische Armee hat die Einwohner von Chan Junis aufgefordert, von dort zu fliehen. Die Menschen in der Stadt sowie in benachbarten Orten sollten sich wegen eines bevorstehenden "beispiellosen Angriffs" umgehend nach Al-Mawasi begeben, hieß es in einem in arabischer Sprache veröffentlichten Aufruf. Das israelische Militär werde in Chan Junis und Umgebung einen Einsatz beginnen, um gegen Terrororganisationen vorzugehen, hieß es weiter. Die Gegend sei nun ein "gefährliches Kampfgebiet".

Marla Noss

Netanjahu kündigt Übernahme der Kontrolle über ganzen Gazastreifen an 

Israel will künftig den gesamten Gazastreifen kontrollieren. Das hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in einer auf Telegram veröffentlichten Videoansprache mitgeteilt. "Wir geben nicht nach. Aber um Erfolg zu haben, müssen wir so handeln, dass man uns nicht aufhalten kann", sagte Netanjahu. Weitere Einzelheiten zum Vorgehen nannte er nicht. Ziel sei es, die Hamas zu besiegen und die noch festgehaltenen Geiseln zu befreien. Zudem wolle Israel verhindern, dass die Hamas Hilfsgüter plündere. Zuletzt hatten entsprechende Berichte für Aufsehen gesorgt.

Das Büro von Netanjahu hatte zuvor bestätigt, dass Israel dem Gazastreifen nach dreimonatiger vollständiger Einfuhrblockade wieder Hilfslieferungen und eine Grundversorgung von Lebensmitteln ermöglichen wolle. In seiner Videoansprache sagte Netanjahu, diese Entscheidung sei auf Einwirken der Verbündeten getroffen worden und solle die internationale Unterstützung sichern.

Israels "größte Freunde in der Welt" hätten erklärt, die "Bilder des Hungers" seien unerträglich und daher "sind wir nicht in der Lage, euch zu unterstützen", zitierte Netanjahu angebliche Äußerungen von Verbündeten. Wer sich so geäußert haben soll, sagte der Premierminister nicht. Um einen Sieg über die Hamas zu erringen, dürfe es keine Hungersnot im Gazastreifen geben, sagte Netanjahu. 

Marla Noss

Hamas meldet mindestens 22 Tote durch israelische Angriffe

Im Gazastreifen sind nach Angaben des Hamas-Zivilschutzes mindestens 22 Menschen durch israelische Angriffe getötet worden. Zwölf Tote soll es dabei in der Stadt Chan Junis und umliegenden Gebieten gegeben haben. Der Zivilschutz-Sprecher Mahmud Bassal sprach außerdem davon, dass in der Nähe eines Marktes in der Stadt Dschabalia im nördlichen Gazastreifen fünf Menschen getötet worden seien. Fünf weitere Menschen sollen Bassal zufolge in Nuseirat sowie in der Stadt Gaza bei Angriffen auf Zelte getötet worden seien.

Die israelische Armee äußerte sich bis jetzt nicht dazu. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben derzeit nicht.

Veronika Völlinger

Israelisches Militär weitet Einsatz von Bodentruppen aus

Die Israelische Armee (IDF) hat im Zuge ihrer neuen Großoffensive im Gazastreifen den Beginn einer ausgeweiteten Bodenoperation angekündigt. Sowohl im nördlichen als auch im südlichen Gazastreifen habe die neue Kampagne namens "Operation Gideons Streitwagen" begonnen, teilte die IDF auf X mit

Die israelische Luftwaffe habe in der vergangenen Woche eine "erste Angriffswelle" ausgeführt, um die Bodeneinsätze zu unterstützen. Ziel seien mehr als 670 Posten der Hamas gewesen, darunter Waffenlager, Raketenwerfer und Mitglieder der Terrororganisation. "Bislang haben die Truppen Dutzende Terroristen eliminiert", teilte Israels Armee mit.

Bereits am Freitag hatte die israelische Armee begonnen, die neue Großoffensive einzuleiten. Es seien umfangreiche Angriffe durchgeführt und Truppen mobilisiert worden, um die operative Kontrolle in Gebieten des Gazastreifens zu erlangen, hieß es am Freitag. Dies sei Auftakt zur "Erreichung der Kriegsziele" – einschließlich der Freilassung von Geiseln und der Zerschlagung der islamistischen Terrororganisation Hamas. Das Auswärtige Amt hat sich zutiefst besorgt über die Einleitung der erweiterten israelischen Militäroffensive im Gazastreifen geäußert.

Anja Keinath

Israelische Angriffe töten mindestens 130 Menschen im Gazastreifen

In der Nacht haben israelische Luftangriffe erneut zahlreiche Menschen getötet. Wie der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Khalil al-Deqran, mitteilte, wurden dabei ganze Familien getötet. Bei einem der Luftangriffe auf ein Zeltlager für vertriebene Familien in Chan Junis im südlichen Gazastreifen gerieten Zelte in Brand. Zahlreiche Frauen und Kinder wurden dabei getötet und verletzt. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden insgesamt mindestens 130 Menschen getötet. Unter den Getöteten waren demnach auch fünf Journalisten, einige mit ihren Familien.

"Die Krankenhäuser sind mit einer wachsenden Zahl von Verletzten, darunter viele Kinder, überfordert", sagte Al-Deqran. Das Personal des Schifa-Krankenhauses, des größten Krankenhauses im Gazastreifen, rief die Bevölkerung angesichts der großen Zahl von Verwundeten dringend zu Blutspenden auf. Das Gesundheitssystem im Gazastreifen ist aufgrund der massiven israelischen Bombardierungen kaum funktionsfähig. Der palästinensische zivile Rettungsdienst teilte mit, dass 75 Prozent seiner Krankenwagen aufgrund des israelischen Einfuhrverbots für Treibstoff nicht mehr einsatzbereit seien.

Zuvor hatte das israelische Militär seine Angriffe im Gazastreifen ausgeweitet und dabei seit Donnerstag Hunderte Menschen getötet. 

Indonesisches Krankenhaus im Gazastreifen stellt Versorgung ein

Im Norden des Gazastreifens hat nach Angaben des dortigen Gesundheitsministeriums das zuletzt wichtigste Krankenhaus wegen zunehmender israelischer Angriffe schließen müssen. Laut Angaben des von der Hamas kontrollierten Ministeriums war die indonesische Klinik Beit Lahia das letzte noch funktionierende öffentliche Krankenhaus in dem vom Krieg zerstörten Gebiet. 

Das israelische Militär äußerte sich zunächst nicht zu Berichten über angebliche Kämpfe um das Krankenhaus.

Das Kamal-Adwan-Spital, zuvor das Hauptkrankenhaus im nördlichen Gazastreifen, stellte im vergangenen Jahr nach israelischen Angriffen die medizinische Versorgung ein, ebenso wie eine zweite Einrichtung, das Krankenhaus Beit Hanun.

Anja Keinath

Mohammed al-Sinwar offenbar bei israelischem Angriff getötet

Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz geht davon aus, dass der Hamas-Militärchef Mohammed al-Sinwar bei einem Angriff im Gazastreifen vor einigen Tagen getötet worden ist. "Obwohl es noch keine offizielle Bestätigung gibt, ist Mohammed Sinwar allen Anzeichen nach ausgeschaltet worden", zitierte ihn die israelische Nachrichtenseite ynet. Auch die israelische Zeitung Ha'aretz berichtete. 

Mohammed al-Sinwar ist der jüngere Bruder des im vergangenen Jahr getöteten Hamas-Anführers Jihia al-Sinwar. Er war nach der Tötung des Hamas-Militärchefs Mohammed Deif im Juli vergangenen Jahres Chef des bewaffneten Arms der Terrororganisation geworden.

Einem unbestätigten arabischen Medienbericht zufolge soll die Leiche von Al-Sinwar in einem Tunnel in der Stadt Chan Junis im südlichen Gazastreifen gefunden worden sein. Die israelische Armee äußerte sich zunächst nicht dazu.

Vera Sprothen

Spanien will Internationalen Gerichtshof zur Lage in Gaza einschalten

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez hat bei einem Treffen mit Vertretern der Arabischen Liga in Bagdad angekündigt, sein Land werde einen Antrag bei den Vereinten Nationen stellen, um den Internationalen Gerichtshof zur Lage in Gaza einzuschalten.

"Palästina blutet vor unseren Augen", sagte Sánchez laut spanischen Medienberichten. "Angesichts von Gewalt und Barbarei" sei die einzige Option die "entschiedene Verteidigung einer Weltordnung, in der Gerechtigkeit herrscht".

Spanien bereite deshalb eine UN-Resolution vor mit der Forderung, "dass Israel die über Gaza verhängte humanitäre Blockade beendet und humanitärer Hilfe vollen und uneingeschränkten Zugang gewährt", sagte Sánchez. Spanien wolle erreichen, dass der Internationale Gerichtshof der UN "über die Einhaltung der internationalen Verpflichtungen Israels hinsichtlich des Zugangs zu humanitärer Hilfe für Gaza entscheiden kann". 

Vera Sprothen

Israels Armee meldet Raketenangriff aus dem Jemen

Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben erneut eine Rakete aus dem Jemen abgefangen. Die islamistische Huthi-Miliz feuert immer wieder Raketen auf Israel ab, angeblich aus Solidarität mit den Palästinensern im Gazastreifen. 

Nach oben
Gesamten Artikel lesen