Kanzler wettert gegen die CDU: SPD-Wahlkampfauftakt mit trotzigem Optimismus

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Michaela Eikermann ist am Freitag aus Clausthal-Zellerfeld nach Wolfsburg gereist, um Kanzler Olaf Scholz bei seinem Wahlkampfauftakt zu sehen. „Mir driftet das Land zu stark nach rechts“, sagt Eikermann, „und die SPD war immer gegen rechts.“ Ihren Sohn Moritz, 15, treiben Donald Trumps Wahlsieg und der Durchmarsch der Rechtspopulisten um.

Als Volkswagen-Betriebsrätin hatte es Alin Gotzhein nicht weit in den CongressPark, mit diversen Kollegen und Betriebsrats-Chefin Daniela Cavallo ist sie hier präsent. „Mich interessiert es“, sagt Gotzhein, „Olaf Scholz zu sehen und zu hören.“

„Parteidisziplin, deshalb bin ich hier“, sagt Karl-Heinz Mühe, 76, einst Geschäftsführer des SPD-Bezirks Braunschweig: „Ich würde mich in keiner Situation gegen die Partei stellen.“ Das Dauer-Umfragetief treibt den einstigen Abgeordneten um. „18 Prozent werden wir schon schaffen“, sagt er.

Das ist Optimismus, gut fünf Wochen vor der Bundestagswahl, während die SPD in den Umfragen bei 14 bis 16 Prozent liegt. 2021 hatte die SPD 25,7 Prozent geholt. Kanzler Scholz hat schon einige kleinere Wahlkampf-Talkrunden absolviert. Der Termin am frühen Freitagabend aber ist seine erste von vier bundesweiten Großveranstaltungen. Den Anfang also macht eine Stadt, eine Region, in der die SPD stets überdurchschnittliche Ergebnisse errang.

Etwa 1000 Gäste sind in Wolfsburg der Einladung der SPD gefolgt, etliche Stühle bleiben frei. Die SPD-Co-Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken sind da, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, die Bundesminister Hubertus Heil und Svenja Schulze, Generalsekretär Matthias Miersch. „Der Zuspruch ist enorm“, sagt Miersch.

Stehende Ovationen, als Scholz um 18.10 Uhr die Bühne betritt. „Hallo, Wolfsburg“, sagt er und redet dann über den Wert der Arbeit, das Management von Krisen. Anti-Israel-Aktivisten stören immer wieder mit Zwischenrufen. Scholz lässt sich während seines 40-minütigen Vortrages nicht aus der Ruhe bringen.

Er wirbt für seinen „Made in Germany“-Zuschuss („man kann von den USA lernen“). Den größten Beifall erntet Scholz, als er erwähnt, er „habe die FDP aus der Regierung entfernt“. Scholz wiederholt seine Formel, dass er die Ukraine unterstützen weiter will – aber nicht auf Kosten der Rentner. Er insinuiert, die CDU/CSU habe genau das vor: „Es sind einige dabei, das Volk hinter die Fichte zu führen.“

Indirekt lehnt er erneut die Lieferung des Marschflugkörpers Taurus an die Ukraine ab. „Ich werde nicht tun, was irgendwer fordert“, sagt Scholz. Der CDU wirft er vor, sie wolle „Millionäre“ und „die obersten ein Prozent“ entlasten. Ein paar Zuhörer recken Plakate in die Höhe, das wirkt fast trotzig in diesen Zeiten. In großen Lettern ist darauf zu lesen: „Olaf statt Merz.“

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