Jette Nietzard: Grüne-Jugend-Chefin rudert nach Kritik an »ACAB«-Pulli ein bisschen zurück

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Mit einer ihrer jüngsten Instagram-Stories hat Jette Nietzard viele Kritik auf sich gezogen: Die Co-Vorsitzende der Grünen Jugend hatte ein Selfie von sich veröffentlicht, darauf trägt sie eine Kappe mit der kapitalismuskritischen Aufschrift »Eat the rich«, außerdem einen Pullover mit dem Schriftzug »A.C.A.B«. Das Akronym steht für »All Cops Are Bastards«, was übersetzt so viel bedeutet wie »Alle Polizisten sind Mistkerle«. Es wird in polizeikritischen Kreisen verwendet, unter anderem im linken bis linksextremen Milieu.

Nietzard löste damit teils heftige Diskussionen aus, führende Grüne gingen auf Distanz. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, schrieb auf X , das Akronym sei »ein völlig unterirdischer, inakzeptabler und beleidigender Take für alle Polizistinnen und Polizisten«. Parteichefin Franziska Brantner teilte den Beitrag auf ihrem Profil. Ein Sprecher des Bundesvorstands der Grünen sagte der »Bild«: »Offensichtlich hat das nichts mit grüner Politik zu tun, unser Programm ist ja bekannt.«

Nietzard kritisiert Polizei – und Grünenspitze

Nun hat sich die Grüne-Jugend-Chefin selbst geäußert. »Ich glaube nicht, dass das der richtige Weg war, um auf die Probleme aufmerksam zu machen«, sagte sie im »Stern«-Podcast »5-Minuten-Talk«. Sie besitze diesen Pullover als Privatperson und habe als Privatperson eine Instagram-Story gepostet. »Dass ich als Sprecherin der Grünen Jugend damit auffalle, hätte mir vielleicht klar sein müssen.« Sie habe jedoch damit keinen Diskurs anstoßen wollen. »Jetzt haben wir ihn. Aber ich glaube nicht, dass es der richtige Weg war.«

Die 26-Jährige blieb bei ihrer Polizei-Kritik. »Ich hasse natürlich nicht die Polizei als Ganzes, aber was ich hasse, ist das System dahinter und wie es gerade aufgebaut ist«, sagte sie in dem Podcast. Es gebe ihrer Ansicht nach keine vernünftigen Polizeistudien, keine strukturelle Aufarbeitung von Gewalt und rassistische Tendenzen, die von der Polizei nicht transparent genug gemacht würde.

Die Co-Chefin der grünen Jugendorganisation kritisierte ihrerseits die Parteispitze, oft nicht direkt genug zu sein. »Ich würde mir auch wünschen, dass die Grünen die Polizei und gerade die strukturellen Dinge, die damit einhergehen, auch gerade nach dem Tod von Lorenz beispielsweise mehr thematisieren.«

Sie bezog sich damit auf einen Fall aus Oldenburg: Ein Polizist hatte dort in der Nacht zum Ostersonntag fünfmal in Richtung des Schwarzen Lorenz A. geschossen. Mehrere Schüsse trafen den jungen Deutschen, er starb an den Verletzungen. Gegen den 27-jährigen Polizisten wird wie in einem solchen Fall üblich wegen Totschlags ermittelt. Gegen die Polizei wurden Rassismusvorwürfe laut (mehr dazu lesen Sie hier).

»Sie verhält sich genauso, wie Rechtspopulisten es häufig tun«

Rainer Wendt über Jette Nietzard

Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, nannte Nietzards neue Aussagen nun halbherzig. »Das halbherzige Zurückrudern von Frau Nietzard ist völlig unglaubwürdig, sie verhält sich genauso, wie Rechtspopulisten es häufig tun: Erst mal schlagzeilenträchtig extreme Aussagen treffen, um dann mit ›war nicht so gemeint‹ das Gesagte zu relativieren«, sagte er RTL. Sie spreche für die Jugendorganisation einer Partei, die für sich ständig in Anspruch nimmt, die Menschen in Deutschland über Respekt, Toleranz und Zusammenhalt zu belehren.

Instagram-Storys sind in der Regel nur 24 Stunden lang sichtbar. Das vielfach kritisierte Bild wird aber weiterhin in sozialen Medien geteilt. Auf X trendete der Hashtag #jette zwischenzeitlich in Deutschland.

Jette Nietzard ist seit Oktober 2024 in einer Doppelspitze mit Jakob Blasel Bundessprecherin der Grünen Jugend (ein Interview mit den beiden können Sie hier nachlesen ). Sie war bereits in der Vergangenheit mit Beiträgen in sozialen Medien angeeckt. Anfang des Jahres entschuldigte sie sich für einen Beitrag zu Gewalt von Männern gegen Frauen, in dem sie schrieb, Männer, die beim Böllern ihre Hand verlören, könnten zumindest keine Frauen mehr schlagen. Hier  erfahren Sie mehr über die umstrittene Nachwuchspolitikerin.

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