IStGH-Haftbefehl: Frankreich sieht Netanjahu womöglich durch Immunität geschützt

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Nach dem IStGH-Haftbefehl gegen Israels Regierungschef Netanjahu präsentiert Frankreich eine umstrittene Rechtsauslegung. Sie könnte auch im Fall Wladimir Putins gelten.

27. November 2024, 17:31 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, AFP,

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 Gegen den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu liegt seit vergangener Woche ein internationaler Haftbefehl vor.
Gegen den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu liegt seit vergangener Woche ein internationaler Haftbefehl vor. © Nir Elias/​Pool/​AFP/​Getty Images

Kurz nach Israels Zustimmung zu einer Waffenruhe mit der libanesischen Hisbollah-Miliz hat Frankreich erkennen lassen, den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu im Falle von dessen Einreise nicht umzusetzen. Netanjahu verfüge über die Immunität eines Staates, der dem IStGH nicht beigetreten sei, teilte das französische Außenministerium mit. "Solche Immunitäten gelten für Ministerpräsident Netanjahu und die anderen betroffenen Minister und müssen berücksichtigt werden, sollte der IStGH uns um ihre Verhaftung und Überstellung bitten." Das Ministerium fügte hinzu, dass Frankreich seine internationalen Verpflichtungen einhalten werde.

Frankreich beabsichtige zudem, "weiterhin eng mit Ministerpräsident Netanjahu und den übrigen israelischen Behörden zusammenzuarbeiten, um Frieden und Sicherheit für alle im Nahen Osten zu erreichen", teilte das Ministerium weiter mit. Frankreich und die USA hatten die 60-tägige Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah vermittelt und gemeinsam angekündigt, für ihre Umsetzung zu sorgen.

G7 wollen sich an "jeweilige Verpflichtungen" halten

Die Bewertung der Immunität eines Staats- oder Regierungschefs eines Landes, das nicht zu den IStGH-Vertragsstaaten gehört, ist juristisch umstritten. Die Frage wurde bereits zuvor bei Haftbefehlen des IStGH gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und Sudans Staatschef Omar al-Baschir diskutiert.

Die französische Grünenpolitikerin Marine Tondelier bezeichnete die Erklärung des Außenministeriums als "Schande". Frankreich beuge sich damit den Forderungen Netanjahus, kritisierte sie. "Bestimmt war dies ein 'Deal', damit Frankreich bei der Ankündigung der Waffenruhe im Libanon genannt wurde", sagte sie. Die israelischen Zeitung Ha'aretz und der Sender Kan berichteten ebenfalls, dass die israelische Regierung eine Beteiligung Frankreichs an den Waffenruhe-Verhandlungen mit der Hisbollah an eine solche Rechtsauslegung geknüpft habe.

Anfang der Woche hatten die G7-Staaten erklärt, sie wollten sich mit Blick auf den IStGH-Haftbefehl an ihre "jeweiligen Verpflichtungen" halten. "Wir bekräftigen unser Bekenntnis zum humanitären Völkerrecht und werden unseren jeweiligen Verpflichtungen nachkommen", teilten die Außenminister der sieben führenden Industriestaaten in einer gemeinsamen Erklärung mit. 

Der IStGH hatte in der vergangenen Woche Haftbefehle gegen Netanjahu und Israels ehemaligen Verteidigungsminister Joaw Galant sowie den Hamas-Militärchef Mohammed Deif erlassen. Ihnen werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen im Gazakrieg vorgeworfen. Deif ist nach israelischer Darstellung allerdings bereits tot.

Widersprüchliche Signale aus Deutschland

Laut Römischen Statut müssen die 124 Mitgliedsstaaten des IStGH, darunter Deutschland und Frankreich, Netanjahu festnehmen lassen, sobald er ihr Territorium betritt. Die Bundesregierung hat sich in der Frage allerdings ebenfalls skeptisch geäußert; Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte vor einigen Tagen, eine Festnahme Netanjahus in Deutschland sei für ihn schwer vorstellbar. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte beim G7-Außenministertreffen in Italien dagegen gesagt: "Die Bundesregierung hält sich an Recht und Gesetz, weil niemand über dem Gesetz steht."

Israel zählt – wie unter anderem auch die USA, Russland und China – nicht zu den Vertragsstaaten des IStGH und hat die Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant heftig kritisiert. Der Strafgerichtshof in Den Haag argumentiert, dass sich seine Zuständigkeit bezüglich mutmaßlicher Verbrechen im Gazakrieg aus der Mitgliedschaft der palästinensischen Gebiete ergebe.

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