Indien: Herr und Frau Bang retten Millionen Neugeborenen das Leben

vor 18 Stunden 4

Ich möchte Sie an diesem Wochenende mitnehmen nach Indien, in einen Laubwald, tausend Kilometer von Mumbai entfernt. Dort, unter einem Banyanbaum, hat meine Kollegin und Indien-Korrespondentin Laura Höflinger das Ehepaar Bang getroffen.

Abhay und Rani Bang, ein Arzt und eine Ärztin, haben in Gadchiroli, einem der ärmsten Bezirke im indischen Bundesstaat Maharashtra, eine kleine Klinik im Wald gegründet. Um die zu versorgen, für die der Weg ins Krankenhaus zu weit und zu teuer war. »Wir wollten denen helfen, die sonst niemand beachtet«, sagte Abhay Bang meiner Kollegin.

Und für den Fall, überlegten die Bangs, dass die Menschen nicht zu ihnen in die Klinik kommen konnten, mussten sie die Medizin zu den Menschen bringen – in die Dörfer. Eine Idee, die heute zum Glück selbstverständlich klingt, aber damals veränderten die Bangs mit ihrem Modell die Welt.

Die Bangs bildeten Dorfbewohnerinnen aus, um Säuglinge wiederzubeleben. Eine Frau pro Dorf sollte wissen, wie man im Notfall Neugeborene versorgt. Antibiotika geben, Spritzen setzen, Lungenentzündungen diagnostizieren, und eben: wiederbeleben.

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Utensilien, die die Gesundheitshelferinnen bei sich tragen: »Wenn früher ein Baby krank wurde, gab es nur eine Behandlung: beten«

Foto: Gayatri Ganju / DER SPIEGEL

Die Frauen in den Dörfern, in deren Händen die Leben der Kleinsten lagen, konnten oft nicht lesen oder schreiben, hatten nur kurz eine Schule besucht. International sahen viele das Modell kritisch: Ein lebensgefährlich kranker Säugling gehöre auf die Intensivstation. Doch diese Kritiker hatten von den Gegebenheiten im Dschungel wohl wenig Ahnung.

Und die Zahlen gaben den Bangs bald recht: Als sie anfingen, starb in den Dörfern etwa jeder achte Säugling. Wenige Jahre später war es jeder 33.

»Heute sind Gemeindegesundheitshelferinnen in vielen Ländern des Globalen Südens ein fester Bestandteil des staatlichen Gesundheitswesens. Sie kümmern sich um Neugeborene – besonders im ersten Monat nach der Geburt, wenn das Leben eines Menschen am fragilsten ist«, schreibt Laura in ihrem Text. Viele arbeiten ehrenamtlich, die meisten sind Frauen. Sie helfen dort, wo sonst kaum jemand ist: in der Wüste, im Wald, im Krieg. Allein in Indien gibt es mehr als eine Million von ihnen. Dort nennt man die Arbeiterinnen in ihren pinkfarbenen Saris »Asha« – Hindi für Hoffnung.

In Zeiten, in denen die US-Regierung die amerikanische Entwicklungsbehörde USAID de facto auflöst und weltweit Länder die Gelder für Entwicklungszusammenarbeit kürzen, kommt den Ashas dieser Welt erst recht eine gewaltige Bedeutung zu.

Die Geschichte des Ehepaars Bang, das mit ihrer Idee leise und zurückhaltend Millionen Kindern das Leben rettete, empfehle ich Ihnen sehr. Hier können Sie sie lesen .

Was diese Woche noch gut war – für die Welt:

Eine persönliche Begegnung mit Franziskus
Mein Kollege – Italien-Korrespondent Frank Horning – hat nach dem Tod des Papstes vergangene Woche viel zu tun. Ich empfehle Ihnen seine Analysen, Texte, Ausblicke. Und diesen Rückblick: Frank schreibt darüber, wie er den verstorbenen Papst ein paar Mal persönlich bei Presseterminen und -audienzen traf. Wie er ihn erlebte. Und wie sich das Bild, das Frank bei den Begegnungen von Franziskus bekam, von jenem unterscheidet, das in der Öffentlichkeit vom Papst kursiert. Als Journalist war es schwer, dem Papst nahezukommen. Lesen Sie hier mehr .

 Besuch bei Seiner Heiligkeit

Erinnerungsfoto des Vatikantermins (Frank Hornig, Papst Franziskus): Besuch bei Seiner Heiligkeit

Foto: Privat

Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich unerwartet verbessert
Zollstreit? Konjunkturflaute? Der Ifo-Geschäftsklimaindex, eines der wichtigsten Barometer für die Konjunktur in Deutschland, ist im April überraschend dennoch gestiegen. Auf 86,9 Punkte, nach 86,7 Zählern im März. Es ist der vierte Anstieg in Folge, teilte das Münchner Ifo-Institut mit. Dass sich die Stimmung der Wirtschaft zu Beginn des zweiten Quartals aufhellte, liege unter anderem an der Baubranche – wegen der geplanten Infrastruktur-Investitionen der künftigen Bundesregierung. Die Details lesen Sie in dieser Meldung.

Unser Gehirn reagiert auf Musik ähnlich wie auf Essen und Sex
Mehr Musik ist immer eine gute Idee. Vielleicht gehen Sie mal wieder auf ein kleines Livekonzert oder schicken in der WhatsApp-Gruppe eine neue Pop-Playlist rum. Oder melden sich doch beim Chor an. Los, los! All das fördert Ihr Glück. Musik kann das Belohnungssystem im Gehirn ähnlich anregen wie Essen oder Sex. Das hat ein finnisches Forschungsteam in einer Studie mit Hirnscannern gezeigt. Und darin erstmals beobachtet, wie genau das Hören von Lieblingsmusik Opioidrezeptoren im Gehirn aktiviert, die unter anderem Schmerzen und das Stressgefühl regulieren. Probieren Sie’s aus!

Demi Moore empfindet Altern als ein »enormes Geschenk«
In letzter Zeit äußern sich immer öfter Prominente zum Altern, zur Menopause, und dem, was in diesen Phasen auch besser werden kann. Ich finde solche Botschaften und die Geschichten, die gerade Frauen mehr und mehr erzählen, wichtig. »Ab 35 geht’s bergab«? Langweilt mich. Was Demi Moore erzählt, hingegen nicht: Die US-Schauspielerin, 62 Jahre, sagt, sie befinde sich in einem »friedvollen Zustand der Akzeptanz und Freiheit«, den sie nicht ändern möchte. Mehr dazu in der Meldung.

Demi Moore Anfang März in Beverly Hills

Demi Moore Anfang März in Beverly Hills

Foto:

Evan Agostini / Invision / dpa

Was gut ist – für Sie:

Welche Mücken- und Zeckensprays am besten schützen
Der Frühling ist da, der Sommer kommt. Denken Sie daran, sich ausreichend zu schützen vor Zeckenbissen und Mückenstichen. Die Stiftung Warentest hat 3124 Mücken und 2400 Zecken in einer speziellen Testvorrichtung auf die Unterarme ihrer Testpersonen losgelassen. Wie gut würden die zehn verschiedenen Mücken- und Zeckensprays vor den Stichen dieser Insekten und Spinnentiere schützen? Die Ergebnisse lesen Sie hier.

15 Tipps für besseren Schlaf
Eine Schlafforscherin und ein Neurobiologe haben meinen Kolleginnen erklärt, woran es liegen kann, wenn man nachts nicht ein- oder durchschlafen kann. Und worauf man achten sollte. Erkenntnis Nummer eins: Viele Menschen haben enorme Erwartungen an ihren Schlaf. Was abweicht, wird zum Problem erklärt. Aber solche perfektionistischen Vorstellungen sind weder realistisch noch hilfreich. Lieber: den Druck rausnehmen. Alles Weitere lesen Sie hier .

So können Sie mit Ihren Kindern übers Weltgeschehen sprechen
Viel ist gerade los in der Welt, und wenig ist erfreulich. Ausklammern, das geht aber nicht. Gerade Kinder stellen Fragen: Wie ihnen am besten antworten, ohne sie zu überfordern? Im Text unserer Autorin Nathalie Klüver lerne ich: Vorenthalten könne man den Mädchen und Jungen wenig. Kindgerechte Materialien, Bücher, Zeitschriften oder Kinder-Nachrichtensendungen sind hilfreich, die Eltern mit ihren Kleinen zusammen anschauen sollten. Das kann zu einem gemeinsamen Ritual im Alltag werden. Hier finden Sie alle Ratschläge .

Wie Kindern die Weltlage erklären? »Man kann sehr viele Themen interessant darstellen«

Wie Kindern die Weltlage erklären? »Man kann sehr viele Themen interessant darstellen«

Foto: Dusan Stankovic / Getty Images

Ich wünsche Ihnen ein gutes Wochenende. Wie gesagt: Hören Sie Musik, machen Sie Musik! Und wie immer, gehen Sie raus in die Natur, wenn Sie können. Und wenn Sie sich bisher nicht für unseren wöchentlichen Newsletter angemeldet haben, können Sie ihn hier gratis bestellen.

Herzlich aus Bangkok

Ihre Maria Stöhr, Südostasien-Korrespondentin des SPIEGEL in Thailand

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