Gesetze: Nicht mit uns

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Im Bundestag geht derzeit nicht mehr viel, aber das rot-grüne Rumpfkabinett hat am Mittwoch munter weiter Dinge beschlossen. Kaum etwas davon dürfte bis zur Neuwahl noch eine Chance auf Umsetzung in Gesetze haben. Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Kabinettsbeschlüsse wies Regierungssprecher Steffen Hebestreit trotzdem zurück: „Die Bundesregierung ist im Amt, der Bundestag tagt.“ Deshalb sei es das gute Recht der Regierung, solche Gesetzentwürfe auf den Weg zu bringen.

Allerdings hatte am Morgen nochmals Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) klargemacht, dass da nicht mehr viel gehen wird aus seiner Sicht. „Jetzt sozusagen last minute noch mal eben so schnell ein paar Dinge zu verabschieden, das wird nicht leicht. Ich will nur darauf hinweisen, wir haben keinen Bundeshaushalt für 2025“, sagte Merz im Deutschlandfunk. Ohne diesen Haushalt gehe nicht viel. „Jedenfalls nicht so viel, dass es der deutschen Wirtschaft wirklich dauerhaft hilft.“

Das Gewalthilfegesetz hält die CDU allein zeitlich für nicht mehr machbar

Die Bundesregierung dagegen will noch vor den Neuwahlen die künftige Finanzierung von Frauenhäusern in Deutschland neu regeln. Das Kabinett brachte den Entwurf von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) für ein Gewalthilfegesetz auf den Weg. Danach soll ein individueller Rechtsanspruch auf Beratung und Hilfe eingeführt werden. Von 2027 an will der Bund in die Finanzierung einsteigen. In Deutschland fehlen Tausende Frauenhausplätze.

Paus sagte, das Gesetz sei ein wichtiger Schritt, um die Situation der Frauen zu verbessern. Die Zahlen zur Gewalt gegen Frauen und Mädchen seien „dramatisch“, wie das aktuelle Lagebild des Bundeskriminalamts gerade erst gezeigt habe. Zugleich hätten 15 000 Frauen allein im Jahr 2022 von Frauenhäusern abgewiesen werden müssen, weil die Plätze nicht reichen. Gemessen an internationalen Empfehlungen müssten die Kapazitäten eigentlich verdreifacht werden, erklärte Paus.

Nicht nur Frauenhäuser haben zu wenige Plätze, auch Beratungsstellen beklagen lange Wartezeiten. Paus setzt nun auf die Wochen bis zur vorgezogenen Neuwahl des Bundestags am 23. Februar. Die Grünen-Politikerin appellierte an die demokratischen Fraktionen im Bundestag, das Vorhaben zu unterstützen: „Vielleicht ist jetzt genau die richtige Zeit für ein solches Gesetz. Wollen wir nicht endlich etwas ändern? Ich sage, ja, wir müssen etwas ändern.“ Die Union müsste dafür dem Gesetzentwurf zustimmen, da die rot-grüne Regierung nach dem Ampel-Aus keine eigene Mehrheit mehr hat. Die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Silvia Breher (CDU), hat hingegen bereits mehrfach erklärt, sie halte es allein zeitlich nicht für machbar, das Gesetz bis zu den Neuwahlen durch Bundestag und Bundesrat zu bringen.

Merz macht ein Gegenangebot: Das Lieferkettengesetz könne doch weg

Auch ein Gesetzentwurf für ein Dokumentationszentrum für die Opfer des rechtsterroristischen Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) wurde auf den Weg gebracht. Demnach ist eine Stiftung mit Sitz in Berlin für die Errichtung geplant. Der NSU hatte zwischen 1998 und 2011 zehn Menschen aus rassistischen Motiven ermordet. Zahlreiche weitere Personen wurden verletzt und traumatisiert. Offen ist allerdings auch hier, ob das Vorhaben nach dem Ampel-Aus noch eine Mehrheit im Bundestag findet.

Friedrich Merz schlug der Regierung dagegen vor, noch das Lieferkettengesetz bis zum Jahresende abzuschaffen, das Firmen verpflichtet, bestimmte Standards auch bei ihren Zulieferern weltweit einzuhalten. Unternehmen klagen über hohe bürokratische Auflagen. Hier hätten sowohl Kanzler Olaf Scholz (SPD) als auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Zusagen gemacht. „Also bitte, machen wir es“, sagte der CDU-Vorsitzende. Ihm zufolge wäre das zumindest ein symbolischer Beitrag, dass man bei der Bürokratisierung einen Rückwärtsgang einlege.

Merz sagte, größere Reformen zugunsten der Wirtschaft würden sicher erst im Sommer mit einer neuen Regierung möglich sein. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, äußerte sich kritisch. „Wo ein Wille ist, ist ein Weg.“ Merz laufe vor der Verantwortung weg. „Wir brauchen Wachstumsimpulse für Wirtschaft und Arbeit – vor der Bundestagswahl“, sagte Mast der Nachrichtenagentur Reuters. „Es ist schlicht falsch, dass politisch nichts mehr möglich ist. Sich diesen Schritten zu verweigern, ist unverantwortlich.“

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