Gefangenentausch mit China: Biden ist noch nicht am Ende

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Joe Biden geriet bereits in Vergessenheit. Er wohnt zwar noch im Weißen Haus und durfte am Montag zwei Truthähne begnadigen, die auf einem Bauernhof in Pension gehen, statt am Donnerstag als Thanksgiving-Mahl auf amerikanischen Tellern zu landen. Aber seit am 5. November sein Vorgänger Donald Trump zu seinem Nachfolger gewählt wurde, ist der 82-Jährige für viele Amerikaner zu einer Art Einschub verkümmert. Eine historische Anomalie – die Rolle, die er eigentlich für Trump vorgesehen hatte.

Erst in knapp zwei Monaten wird der 45. Präsident als 47. Präsident noch einmal eingeschworen. Schon jetzt aber gebärdet sich Donald Trump so, als hätte er das Weiße Haus gar nie verlassen. Via soziale Medien hat der 78-Jährige soeben außenpolitische Verhandlungen begonnen, indem er Kanada, Mexiko und China mit Strafzöllen drohte. Er dominiert die Berichterstattung in den amerikanischen Medien, der 46. Präsident hingegen wird vornehmlich als lahme Ente beschrieben, ein netter, älterer Herr, aber auch eine etwas tragische Figur, der es nicht versteht, den Amerikanern seine politischen Erfolge zu vermitteln.

Um die Freiheit von Mark Swidan, Kai Li und John Leung hatten sich die USA lange bemüht

Mitten in diese Übergangsphase platzen nun jedoch Nachrichten, mit denen Biden in Erinnerung ruft, dass er sich noch keineswegs aus dem Amt verabschiedet hat. Am Dienstag kündigte er eine Waffenruhe zwischen Libanon und Israel an, die bis zu Donald Trumps Amtsantritt dauern soll. Am Mittwoch folgte die Meldung, dass Bidens Team die Freilassung von drei in China inhaftierten Amerikanern erreicht hat und sich die drei im Flugzeug Richtung USA befinden.

Um die Freiheit von Mark Swidan, Kai Li und John Leung hatten sich die US-Behörden seit Monaten bemüht. Swidan, ein Geschäftsmann aus Texas, saß seit 2012 als angeblicher Drogenschmuggler in chinesischen Gefängnissen. Kai Li ist seit 2016 in chinesischem Gewahrsam wegen Vorwürfen der Spionage. John Leung wurde 2021 wegen Spionage verhaftet; er hatte einen Wohnsitz in Hongkong und diente der Bundespolizei FBI als Informant. Als Gegenleistung ließen die USA am Mittwoch chinesische Häftlinge frei. Zunächst gaben die Behörden aber nicht bekannt, um wen es sich handelt.

Der Gefangenentausch ist nur der jüngste in einer bemerkenswerten Serie. Mehr als 70 Amerikaner sind freigekommen, seit Joe Biden im Amt ist, sowohl von anderen Staaten unrechtmäßig inhaftierte Personen als auch Geiseln wie jene der Terrororganisation Hamas. Biden hatte es zu einer Priorität seiner Regierungsarbeit erklärt, Inhaftierte „nach Hause zu bringen“, wie er es jeweils ausdrückte – unter anderem, weil er durch den Tod seines Sohnes Beau den Schmerz der Eltern kennt. Unter Bidens Führung kamen mehr unrechtmäßig inhaftierte Amerikaner frei als unter seinen vier Vorgängern, wie eine Auswertung der James Foley Foundation zeigt, benannt nach einem Journalisten, der in Syrien entführt und ermordet worden war.

Für den Austausch eines Waffenschiebers handelte sich Biden Vorwürfe ein

Biden musste sich allerdings auch scharfe Kritik anhören. Etwa vor zwei Wochen, als er im Weißen Haus Eltern von Geiseln der Hamas empfing. Einige hielten Biden vor, sich zu wenig entschieden für deren Befreiung und einen Waffenstillstand einzusetzen. Sieben Amerikaner werden noch in Gaza vermutet, vier von ihnen sollen noch am Leben sein. Vorwürfe prasselten auch auf den Präsidenten ein, als er im Dezember 2022 den russischen Waffenschieber Wiktor But freiließ, um die Basketballerin Brittney Griner aus russischer Haft freizubekommen – während der Geschäftsmann Paul Whelan zurückbleiben musste. Frei kam dieser erst im August 2024, zusammen mit dem Journalisten Evan Gershkovich, der im März 2023 als angeblicher Spion verhaftet worden war.

Biden habe sich erpressen lassen, kritisierten Republikaner damals. Es war eine Spielart des leidenschaftlichen Streits, den die Amerikaner über das außenpolitische Vermächtnis von US-Präsident Joe Biden führen. Schafft er es, Großmachtpolitik und Menschlichkeit zu vereinen, um die Opfer zu befreien? Oder schwächt er die Stellung der USA, indem er sich von Geiselnehmern weich klopfen lässt? Dahinter stehen die großen Fragen über Bidens Leistung. Pflegte er mit viel diplomatischem Geschick fragile Bündnisse in einer turbulenten Welt? Oder schaffte er mit außenpolitischem Zaudern erst den Raum für Chaos und Krieg?

Der US-Präsident will die verbleibende Zeit im Weißen Haus nutzen, damit die Antwort für ihn möglichst positiv ausfällt. In der Sicht seines Teams ist Biden auch in den letzten Wochen keineswegs eine lahme Ente. Dessen Hoffnung ist, dass sich mit der Wahl von Donald Trump ein Fenster geöffnet hat. Trumps Freunde von Israel über Saudi-Arabien bis nach Moskau mögen Biden vielleicht nicht mehr die ganz großen Erfolge gönnen. Aber andere Akteure wie China und die Hamas könnten durchaus zum Schluss kommen, dass mit dem feinfühligen Diplomaten Biden eine Einigung realistischer ist als Trump, der sich als außenpolitischer Macker inszeniert.

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