Wenn es einen Klotz am Bein von Robert Habeck gibt, dann ist es gewiss das Heizungsgesetz. Nichts hat den Grünen in der Regierungszeit so geschadet wie der Verdacht, sie wollten in deutsche Heizungskeller vorrücken. Habeck, mittlerweile grüner Spitzenkandidat, hat selbst viel darüber nachgedacht, wie das so schiefgehen konnte. Doch als er am Sonntagabend in der ARD von der TV-Talkerin Caren Miosga zu seinem größten Fehler befragt wird, fällt ihm vor allem ein Grund ein: Man habe zu spät über die soziale Förderung für den Heizungstausch gesprochen. „Die war durchgerechnet und geplant“, aber beide Koalitionspartner hätten sie nicht gewollt. „Erstaunlicherweise auch die SPD nicht“, sagt Habeck. „Aber so war’s.“ War’s so?
Diese Frage beschert der rot-grünen Restregierung gleich den nächsten Konflikt, denn bei den Sozialdemokraten lösen die Aussagen des Wirtschaftsministers Empörung aus. „Robert Habeck sollte genau überlegen, ob er zu seinen Fehlern steht oder gleich zu Beginn des Wahlkampfes unhaltbare Behauptungen aufstellt“, sagt am Dienstag SPD-Generalsekretär Matthias Miersch der Süddeutschen Zeitung. „Es stimmt nicht, dass die SPD ein angemessenes Förderprogramm verhindert hat.“ Ganz im Gegenteil: Gerade die SPD habe hier „von Anfang für soziale Gerechtigkeit“ gekämpft. „Ohne unseren Druck wäre das Heizungsgesetz weder praktikabel noch sozial gerecht geworden“, sagt Miersch. Als zuständiger Fraktionsvize verhandelte er seinerzeit an vorderster Front.
Habecks Entwurf sei „weder umsetzbar noch sozial gerecht“ gewesen, sagt Miersch
Der Streit hat Züge von Vergangenheitsbewältigung, denn er reicht zurück in die schwierige Genese des Gesetzes. Nur durch eine Indiskretion war der Entwurf Ende Februar vorigen Jahres vorzeitig an die Öffentlichkeit geraten. Selbst zu der Frage, wer da so indiskret war, haben die einstigen Ampelpartner sich gegenseitig im Verdacht. Tatsächlich gibt es damals schon erste Berechnungen, wie sich die Förderung sozial gestalten lässt. Gestaffelt nach Einkommensgruppen könnten die staatlichen Zuschüsse immer stärker anwachsen, je weniger Geld in den betroffenen Haushalte verdient wird. Lange Tabellen listen das auf. Doch weil der Entwurf vorzeitig publik wird, bleibt für solche Fragen vorab keine Zeit.
Aber haben die Sozialdemokraten deshalb daran kein Interesse gehabt? Miersch sieht es genau umgekehrt: Schon der geleakte Entwurf habe gezeigt, dass Habecks Gesetz „in der Praxis weder umsetzbar noch sozial gerecht war“, sagt er. „Erst im parlamentarischen Verfahren haben wir eine soziale Förderung hineinverhandelt.“ Mehr noch: In den Schlussverhandlungen sei man von den Grünen nicht mehr bei der Forderung unterstützt worden, Spitzenverdiener von der Förderung auszuschließen.
Aus dem Wirtschaftsministerium wiederum heißt es, in der Regierung hätten weder das Kanzleramt noch das SPD-geführte Bauministerium die Idee einer sozial gestaffelten Förderung unterstützt. Es habe „kein Backing“ gegeben, mit dem Ergebnis, dass eine sozial gestaffelte Förderung anfangs nicht vorgesehen war. So geht es nun hin und her. Keiner will es verbockt haben, die Deutungen sind verschieden. Der Wahlkampf, so viel ist sicher, hat den Keller erreicht.