Freihandelsabkommen: Merz und Macron widersprechen sich bei Einigung zu Mercosur-Abkommen

vor 23 Stunden 1

Friedrich Merz hat nach dem EU-Gipfel eine angebliche Einigung über das Abkommen verkündet. Präsident Emmanuel Macron und Ratspräsident António Costa korrigieren ihn.

24. Oktober 2025, 2:14 Uhr Quelle: DIE ZEIT, AFP,

 Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) auf dem EU-Gipfel in Brüssel.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) auf dem EU-Gipfel in Brüssel. © dpa/​Ansgar Haase

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat beim EU-Gipfel in Brüssel offenbar vorschnell eine Einigung der Mitgliedsstaaten zum Mercosur-Freihandelsabkommen verkündet und andere Staats- und Regierungschefs damit vor den Kopf gestoßen. "Der Weg ist frei für Mercosur", sagte Merz nach zwölfstündigen Beratungen. Es habe eine Abstimmung dazu gegeben, nach dem nächsten EU-Gipfel im Dezember könne der Vertrag, über den seit mehr als 25 Jahren verhandelt wird, nun ratifiziert werden. Von den Mitgliedstaaten gebe es "keine Vorbehalte mehr", sagte Merz. "Das ist erledigt. Das ist durch."

Das sehen einige von Merz' EU-Kollegen aber offenbar anders. So sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, die finalen Arbeiten an dem Abkommen, etwa zu einer von der EU-Kommission vorgeschlagenen Schutzregelung für Landwirtinnen und Landwirte, liefen noch. Diese sieht höhere Zölle für den Fall vor, dass die Einfuhren aus den Mercosur-Staaten stark steigen und in der EU die Preise drücken. Macron sagte, es entwickele sich alles in die richtige Richtung und es gebe nach wie vor das Streben nach einem Abschluss. Eine endgültige Antwort könne es aber erst in den nächsten Wochen geben.

Auch EU-Ratspräsident António Costa zeigte sich von Merz' Äußerung überrascht. Er habe lediglich die Staats- und Regierungschefs gebeten, mit ihren Botschaftern zu sprechen, um die technischen Probleme mit den Übersetzungen zu lösen, damit das Abkommen rechtzeitig unterzeichnet werden könne, sagte Costa. "Aber das war es. Wir haben darüber nicht diskutiert. Wir haben keine Entscheidungen getroffen."

Österreichs Kanzler Christian Stocker sagte, er könne dem Abkommen aktuell gar nicht zustimmen. "Wenn abgestimmt wird bei der derzeitigen Lage, werde ich gar nicht anders können, als mit Nein zu stimmen, weil ich an einen Parlamentsbeschluss gebunden bin", sagte er.

Mercosur würde eine der größten Freihandelszonen der Welt schaffen

Die Verhandlungen mit den Mercosur-Handelspartnern Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay sind bereits seit einigen Jahren abgeschlossen, das Abkommen ist aber noch nicht ratifiziert. Neben Frankreich haben in der Vergangenheit auch Länder wie Polen und Italien Kritik an dem Abkommen geäußert und von möglichen Nachteilen für ihre Agrarsektoren gesprochen. Die Bundesregierung und die deutsche Industrie drängen hingegen auf die Ratifizierung.

Die EU-Kommission hatte Anfang September den von Juristen überprüften Text verabschiedet und den 27 Mitgliedsländern vorgelegt. Für die Ratifizierung braucht es eine Mehrheit unter den 27 EU-Staaten, die es laut Merz nun gibt. Das Europäische Parlament muss dem Text ebenfalls noch zustimmen.

Das Abkommen sieht den Wegfall der meisten Zölle vor. Dadurch sollen nach Ansicht der EU-Kommission die Exporte in die Mercosur-Staaten um bis zu 39 Prozent steigen. Die Europäer liefern unter anderem Autos und chemische Produkte nach Südamerika. Aus den Mercosur-Staaten kommen vor allem landwirtschaftliche Produkte und Rohstoffe nach Europa.

Mit dem Abkommen soll eine der größten Freihandelszonen der Welt mit mehr als 700 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern entstehen. Es gilt insbesondere angesichts der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump als geostrategisch wichtig.

Gesamten Artikel lesen