Festnahmen in der Türkei: 48 Politiker der CHP bei neuer Verhaftungswelle festgesetzt

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Neue Verhaftungswelle 48 Oppositionspolitiker in der Türkei festgenommen

Ihnen wird Erpressung, Korruption, schwerer Betrug und Fälschung von Ausschreibungen vorgeworfen: Dutzende Lokalpolitiker der Oppositionspartei CHP wurden festgenommen, unter ihnen ein Bezirksbürgermeister.

14.09.2025, 12.40 Uhr

 »Haltlose Verleumdungen«

Proteste der Opposition in Istanbul am 10. September: »Haltlose Verleumdungen«

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Erdem Sahin / EPA

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan will die Opposition mithilfe der Justiz systematisch schwächen. Immer wieder gab es in den vergangenen Monaten Verhaftungswellen – am Samstag wurden erneut Dutzende Politiker der größten Oppositionspartei CHP festgenommen.

Die Istanbuler Staatsanwaltschaft ordnete die Festnahme von 48 Mitgliedern des Bezirksrats im Stadtteil Bayrampasa an, darunter Bezirksbürgermeister Hasan Mutlu und dessen Stellvertreter. Ihnen werde »Erpressung, Korruption, schwerer Betrug und Fälschung von Ausschreibungen« vorgeworfen, berichtete der Nachrichtensender NTV. Mutlu wies die Vorwürfe in einer Erklärung auf X zurück und sprach von einem politisch motivierten Vorgehen der Justiz und »haltlosen Verleumdungen«.

Im März wurde Istanbuls Oberbürgermeister Ekrem İmamoğlu wegen Korruptionsvorwürfen verhaftet. Seine Festnahme hatte die größte Protestwelle in der Türkei seit den sogenannten Gezi-Protesten im Jahr 2013 ausgelöst. İmamoğlu gilt als Erdoğans aussichtsreichster Gegner und ist der offizielle Präsidentschaftskandidat der CHP. Die nächste planmäßige Wahl wäre 2028. Erdoğan, so legen es aktuelle Umfragen nahe, hätte keine guten Chancen gegen die CHP und ihre aktuelle Führung. Das dürfte der Grund dafür sein, dass die Partei sich mit immer neuen Repressionen konfrontiert sieht.

 Immer neue Repressionen

Verhafteter Oberbürgermeister İmamoğlu: Immer neue Repressionen

Foto: Oliver Berg / dpa

Mehrere CHP-Bürgermeister sitzen bereits im Gefängnis, Hunderte Mitarbeiter von Gemeindeverwaltungen wurden festgenommen. Die Vorwürfe lauten stets ähnlich: Es geht um angebliche Korruption. Die CHP gibt sich kämpferisch , sie spricht von einem juristischen Putsch von oben. Die Verhaftungen und Anschuldigungen seien Teil einer Regierungsoffensive, um die Opposition zu schwächen. Die Regierung weist dies zurück und betont, die türkischen Gerichte seien unabhängig.

Ein weiterer wichtiger Fall wird am Montag verhandelt: Ein Gericht wird dann voraussichtlich über die Annullierung des CHP-Parteitags 2023 entscheiden. Es geht um angebliche Unregelmäßigkeiten bei der Wahl der Parteispitze. Dem damals gewählten Parteichef Özgür Özel droht die Absetzung durch die Justiz.

Sollte das Gericht gegen Özel entscheiden, könnte der frühere Parteichef Kemal Kılıçdaroğlu an der Spitze der Partei eingesetzt werden. Bereitschaft dafür hat er bereits signalisiert. Vielen im Land gilt er als Kollaborateur, der den Präsidenten dabei unterstützt, eine Opposition nach seinen Wünschen zu formen. Für Erdoğan wäre er ein weitaus bequemerer – weil schwächerer – Gegner. Özel hat hingegen bereits gezeigt, dass man Erdoğans Partei schlagen kann. Unter ihm gelang der CHP bei den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr ein historischer Erfolg.

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