Trainer Flick und Torjäger Raphinha Eine katalanische Bromance
Nach einem dramatischen 4:3-Ligaerfolg jubeln der FC Barcelona und Hansi Flick, vor allem dank Raphinha. »Der Trainer hat meine Karriere verändert«, sagt der Brasilianer, der noch nie so gut war.
20.04.2025, 13.45 Uhr

Hansi Flick und Raphinha: Eine erstaunliche Verbindung
Foto: Joan Monfort / APDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
48 Pflichtspiele, 30 Tore, 23 Vorlagen. Das ist die beeindruckende Bilanz von Barcelonas Stürmer Raphinha in dieser Saison. Der Leistungssprung des Spielers ist eng mit dem Beginn der Ära Hansi Flick beim FC Barcelona verknüpft – am Samstagnachmittag erreichte er nochmals eine neue Stufe.
Der Trainer stürmte unmittelbar nach dem Schlusspfiff aufs Feld und fiel seinem spielentscheidenden Mann Raphinha um den Hals. »Das war heute eines der großen Comebacks«, sagte Flick später. Durch das 4:3 (1:1) nach 1:3-Rückstand gegen Celta Vigo kamen die Katalanen ihrer 28. Meisterschaft einen weiteren Schritt näher.

Flick und Raphinha: Zwei Männer, die sich verstehen
Foto: Josep Lago / AFPSechs Spieltage vor Saisonende steht Barça mit mindestens vier Punkten Vorsprung vor Rekordmeister Real Madrid an der Tabellenspitze. Sollte Real Madrid, das ein Spiel weniger absolviert hat, am Abend gegen Bilbao verlieren, würde der Vorsprung sogar sieben Punkte betragen.
Eine komfortable Tabellenführung, die hart erkämpft wurde: In der Nachspielzeit verwandelte der Brasilianer Raphinha (90.+8) einen Foulelfmeter zum Sieg. Er hatte bereits zum zwischenzeitlichen 3:3 getroffen und damit großen Anteil an der Aufholjagd nach dem 1:3-Rückstand nach 62 Minuten.
»Flick hat meine Karriere verändert«
Der 28-jährige Raphinha wechselte 2022 für eine Ablösesumme von 58 Millionen Euro von Leeds United zum FC Barcelona, hatte aber Startschwierigkeiten beim neuen Verein. In der Saison 2022/2023 kam er auf 22 Torbeteiligungen in 50 Spielen, in der Saison 2023/2024 auf 23 in 37 Spielen. Solide Zahlen, aber kein Vergleich zu heute: In der laufenden Saison sind es bereits 53 Torbeteiligungen in 48 Partien.
Dass diese Entwicklung eng mit Hansi Flick zusammenhängt, betonte auch Raphinha nach dem Spiel. »Ich wollte den Verein vor Saisonbeginn verlassen, aber der Trainer hat mich umgestimmt«, sagte er. »Er hat meine gesamte Karriere verändert.«

Flick zu Raphinha: »Ich baue auf dich«
Foto: Albert Gea / REUTERSIn einem Interview sagte der spanische Fußballexperte Graham Hunter kürzlich, dass Raphinha anfangs beim FC Barcelona unter großen Selbstzweifeln gelitten haben soll. »Raphinha hat mir gesagt, dass es ihm in der Vergangenheit bei Barcelona nicht gut ging«, sagte Hunter: »Er kam oft nach Hause und sagte seiner Frau, dass er nicht wisse, ob er eine Zukunft im Fußball habe, schon gar nicht bei Barcelona. Dabei hatte er Tränen in den Augen.«
Ein Sportpsychologe soll Raphinha später geholfen haben, aber der endgültige Durchbruch sei gelungen, so Hunter, als Flick ihm vor Saisonbeginn gesagt habe: »Ich baue auf dich.« Das habe Raphinha Kraft und Selbstvertrauen gegeben, wie man jetzt beim verwandelten Elfmeter in der letzten Minute gegen Celta Vigo sehen konnte.
»Menschenfänger« Flick
Flick sah beim entscheidenden Strafstoß nicht hin. »Ich habe ihm die Daumen gedrückt und war sehr glücklich, die Leute feiern zu sehen«, sagte der frühere Bayern-Trainer. In der Pause habe er Raphinha noch Mut zugesprochen: »Ich habe ihm gesagt, dass wir ihn brauchen, und er hat das großartig gemacht.«
Flick wurde bereits in seiner Zeit beim FC Bayern als jemand beschrieben, dem die Spieler vertrauen. 2019 bezeichnete Bayern Münchens Torhüter Manuel Neuer den Trainer als »Menschenfänger«, der sehr beliebt sei und verstehe, was die Spieler benötigten.
Der heute 60-Jährige hatte den FC Bayern im November 2019 übernommen, als die Münchner unter Ex-Trainer Niko Kovač völlig verunsichert waren. Kaum ein Jahr später hatte der FC Bayern unter Flick alles gewonnen: die Meisterschaft, den DFB-Pokal, die Champions League, die Klub-Weltmeisterschaft, den Uefa-Supercup und den DFL-Supercup.
Einzig Flicks glanzlose Zeit als Bundestrainer zwischen 2021 und 2023 trübt diese Bilanz.
Nun greift Flick in Barcelona nach dem Triple. Der erste Titel winkt dem Champions-League-Halbfinalisten bereits am Samstag (22 Uhr/ Stream: DAZN) im Finale der Copa del Rey gegen Erzrivale Real. Ob Stürmerstar Robert Lewandowski dabei sein wird, ist offen. Der ehemalige Bundesliga-Angreifer musste in der 78. Minute verletzt ausgewechselt werden. »Wir müssen die Tests abwarten, vorher sind Spekulationen sinnlos«, sagte Flick.
Aber selbst wenn Lewandowski ausfallen sollte, hat Hansi Flick immer noch Raphinha. Und Raphinha hat mit Flick einen Mann an der Seitenlinie, der ihm vertraut.