Mit Blick auf die schwache Wirtschaft in Deutschland spricht sich Bundesbank-Präsident Joachim Nagel dafür aus, dass Menschen später in Rente gehen. Angesichts des Fachkräftemangels soll die Politik ein »schrittweise höheres Rentenalter erwägen«, das an die Lebenserwartung gekoppelt ist, sagte Nagel in einer Rede in Dortmund. Darüber hinaus müssten Anreize für einen vorgezogenen Rentenbeginn abgebaut werden.
Nagel bezog sich laut Redetext dabei auf die gestiegene Lebenserwartung: Falls diese weiter steigen, »dann erscheint es mir durchaus vertretbar, wenn ein Teil der dann hinzukommenden Lebensjahre in Arbeit verbracht wird«, sagte Nagel.
Fünf Jahre mehr in der Rente
Als Beispiel führte der Bundesbank-Präsident einen Mann an, der 1974 mit 65 Jahren in Rente gegangen sei und im Durchschnitt noch rund zwölfeinhalb gelebt habe. »Wer heute mit 66 Jahren in Rente geht, hat durchschnittlich noch fast 17,5 Jahre vor sich«, sagte Nagel. »Außerdem kann er davon ausgehen, dass er die zusätzlichen Lebensjahre überwiegend bei besserer Gesundheit verbringen kann.«
Wie es mit der schwachen Wirtschaft in Deutschland weitergehe, sei nicht nur eine Frage der Konjunktur, betonte Nagel. Die aktuelle Wachstumsschwäche habe auch strukturelle Ursachen wie die durch den Ukrainekrieg gestiegenen Energiepreise und die hohen Kosten für den Umbau zu einer CO₂-neutralen Wirtschaft. Hinzu komme der demografische Wandel sowie eine zunehmende Abschottung in der Weltwirtschaft.
Mehr Betreuung für Kinder und Pflegebedürftige
Um die Standortbedingungen in Deutschland zu verbessern, schlug Nagel ein Bündel von Maßnahmen vor. So sollten im Kampf gegen den Fachkräftemangel Menschen, die wegen der Betreuung von Angehörigen nur eingeschränkt erwerbstätig seien, stärker in Arbeit kommen. »Mit besseren, erweiterten Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und pflegebedürftige Angehörige könnte diesen Personen ermöglicht werden, mehr zu arbeiten, sofern sie dies wünschen«, sagte Nagel. Auch müsse Deutschland attraktiver für ausländische Fachkräfte werden.