Lange hat's gedauert, jetzt scheint es in großen Schritten bei SiPearls erstem Prozessor Rhea1 voranzugehen: Die Firma berichtet, dass sie vor Wochen ihr CPU-Design an den Chipauftragsfertiger TSMC nach Taiwan geschickt hat – der sogenannte Tape-out-Prozess. TSMC erstellt jetzt Belichtungsmasken und produziert daraufhin die ersten Prozessoren zum Testen. SiPearl ist die wichtigste Firma aus der European Processor Initiative (EPI) zur Entwicklung von CPUs für europäische Firmen und Forschungseinrichtungen.
Anfang 2026 will SiPearl Muster an Partner verschicken. Der größte Abnehmer ist das deutsche Jülich Supercomputing Centre (JSC), das mehr als 2600 Rhea1-Prozessoren in gut 1300 Server-Nodes einbauen will. Sie kommen in ein zusätzliches CPU-Modul des Supercomputers Jupiter. Das komplette fertige System schafft mehr als eine Trillion FP64-Rechenoperationen pro Sekunde (ein Exaflops), allerdings machen die Rhea1-CPUs nur einen winzigen Anteil davon aus: mit gut 5 Petaflops rechnet das JSC, also fünf Billionen Rechenoperationen pro Sekunde beziehungsweise 0,005 Exaflops.
Jahrelang verspätet
Mit der Bemusterung Anfang 2026 ist SiPearl reichlich spät dran: Ursprünglich sollte Rhea1 schon 2021 verfügbar sein und Europas Abhängigkeit von US-amerikanischer Hardware senken. Zwischenzeitlich gab es offenbar mehrere Anpassungen am Design mit Abwägungen zwischen 64 und 80 CPU-Kernen.
Final sind es jetzt 80 ARM-Standardkerne vom Typ Neoverse V1, gepaart mit 64 GByte HBM2e-Stapelspeicher plus bis zu 512 GByte DDR5-RAM pro Prozessor. SiPearl soll den Fertigungsprozess N6 aus TSMCs 7-Nanometer-Klasse verwenden – eine leicht verbesserte 7-nm-Version.
Damit gilt Rhea1 schon zum Start als veraltet, weshalb das Interesse derzeit gering ist. Sowohl die Fertigungstechnik als auch der Neoverse V1 stammen noch aus dem Jahr 2020. AMD und Intel verkaufen bereits Prozessoren mit mehr CPU-Kernen, die jeweils schneller sind. SiPearls Fokus dürfte auf Rhea-2 mit Chiplet-Aufbau liegen.
130 Millionen Euro neues Kapital, auch aus Taiwan
Für die weitere Entwicklung hat die Firma jüngst ihre sogenannte Serie-A-Finanzierung abgeschlossen. Insgesamt 130 Millionen Euro bekommt SiPearl von Investoren zugesichert. Dazu zählen ARM, Atos, Cathay Venture, die Europäische Investitionsbank, der Europäische Innovations-Rat, der französische Staat (French Tech Souveraineté) und ein Bankenkonsortium unter Führung der Caisse d’Epargne Rhône-Alpes.
Cathay Venture stammt aus Taiwan und ist damit SiPearls erster nicht europäischer Investor. SiPearl will laut eigenen Aussagen die Beziehungen nach Taiwan verbessern, um die Prozessorentwicklung voranzutreiben.
SiPearl beschäftigt derzeit 200 Mitarbeiter in Frankreich, Spanien und Italien.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmung wird hier ein externer Preisvergleich (heise Preisvergleich) geladen.
Preisvergleiche immer laden
(mma)