EU-Parlament: FDP-Abgeordneter fühlt sich von polnischem PiS-Kollegen bedrängt

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Einschüchterung im EU-Parlament? FDP-Abgeordneter fühlt sich von polnischem PiS-Kollegen bedrängt

Ein polnischer PiS-Abgeordneter filmte den FDP-Politiker Moritz Körner in dessen Brüsseler Abgeordnetenbüro. Der Deutsche fordert nach SPIEGEL-Informationen nun Konsequenzen vom EU-Parlamentspräsidium.

Von Timo Lehmann, Brüssel

12.06.2025, 19.46 Uhr

 »Sie haben nie dafür bezahlt«

EU-Parlament in Brüssel: »Sie haben nie dafür bezahlt«

Foto: Dwi Anoraganingrum / Geisler-Fotop / Geisler-Fotopress / picture alliance

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Das Video dauert nur anderthalb Minuten, das Aufeinandertreffen der beiden Politiker wirkt äußerst ungemütlich. Zu sehen ist der polnische EU-Abgeordnete Arkadiusz Mularczyk, wie er in das Büro des FDP-Abgeordneten Moritz Körner eintritt.

»Ich war schockiert über Ihren Tweet gestern«, sagt Mularczyk von der nationalkonservativen PiS-Partei: »Wenn Sie versuchen, uns Vorhaltungen zu machen, dann sollten Sie sich anschauen, was Deutschland im Zweiten Weltkrieg in Polen angerichtet hat. Und Sie haben nie dafür bezahlt.« Er übergibt Körner ein Buch über den Zweiten Weltkrieg. Der deutsche Politiker solle das lesen, »um schlauer zu sein in Zukunft«.

Das Video ist mehrfach geschnitten, Teile der Antworten des FDP-Abgeordneten Körner sind offenbar herausgenommen worden. Auf X wurde das Video von mehr als 300.000 Menschen gesehen, gut 13.000 gefällt es.

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Auslöser war eine Äußerung von Körner, in der er vorschlägt, dass die EU-Gelder für Polen wieder eingefroren werden sollten, wenn der neugewählte PiS-nahe Präsident die Rechtsstaatsreformen der Regierung von Donald Tusk blockiert. »Ursula von der Leyen muss klarstellen, dass, wenn die Polen eine Fortsetzung der Boykott-Politik wollen, sie eine Fortsetzung der Sanktionen erhalten werden«, schrieb Körner.

Dass diese Worte auf Missfallen bei den PiS-Politikern stoßen, war erwartbar. Aber Körner sagt, dass Mularczyk ungefragt und mit laufender Kamera in sein Büro gekommen sei. Seither hat der FDP-Politiker nach eigener Auskunft unzählige bedrohliche Zuschriften erhalten. In einer Nachricht werde er als »deutscher Abschaum« bezeichnet, dessen Privatadresse bekannt sei.

Körner hat eine offizielle Beschwerde beim EU-Parlamentspräsidium eingelegt, das Schreiben liegt dem SPIEGEL vor. »Ungeachtet der Primitivität der Bemerkungen des Abgeordneten Mularczyk überschreitet dieser Vorfall eindeutig die Grenzen eines respektvollen demokratischen Diskurses.« Er begrüße die energische Debatte im Plenum oder in den Medien. Das »Betreten des Privatbüros eines anderen Abgeordneten und das Filmen ohne vorherige Ankündigung oder Zustimmung ist jedoch eine Form der Einschüchterung, kein Dialog«.

Um zu verhindern, dass solche Vorfälle wiederkehren, bittet Körner, diese Angelegenheit »gründlich zu untersuchen und geeignete Konsequenzen in Betracht zu ziehen«.

Sowohl in Polen als auch in Ungarn gibt es erhebliche Mängel bei der Rechtsstaatlichkeit, weswegen die Kommission EU-Hilfsgelder an beide Länder eingefroren hatte. In Polen wurden die Gelder nach dem Wahlsieg des liberalkonservativen Tusk wieder freigegeben. Doch die Wiederherstellung des Rechtsstaats wird vom polnischen Präsidenten blockiert.

Mularczyk weist auf Nachfrage des SPIEGEL zurück, sein Agieren käme einer »Einschüchterung gleich«. Er habe Verständnis für »die Gefühle des Ekels, der Enttäuschung und der Wut« bei den Menschen. »Ich habe das Mandat, die Menschen, die mich gewählt haben, zu vertreten.« Von Gewaltandrohungen distanziere er sich jedoch. Dafür sei er nicht verantwortlich.

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