EU-Kommission: Das ist die neue EU-Kommission von Ursula von der Leyen

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Sie sind zuständig für Handel, Sicherheit und Fischerei: Die neue EU-Kommission kann ihre Arbeit aufnehmen. Mehrere Kandidaten waren umstritten.

Aktualisiert am 27. November 2024, 12:33 Uhr

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 Apostolos Tzitzikostas, Piotr Serafin, Raffaele Fitto und Teresa Ribera
Sie sind Teil der neuen EU-Kommission: Apostolos Tzitzikostas, Piotr Serafin, Raffaele Fitto und Teresa Ribera © Nicolas Landemard/​Le Pictorium/​imago images

Lange haben die Mitgliedsstaaten über die Besetzung der neuen EU-Kommission unter Kommissionschefin Ursula von der Leyen gestritten, nun stehen die zukünftigen Kommissare fest. 26 Frauen und Männer sind in der neuen Kommission vertreten, sechs davon als Vizepräsidentinnen und -präsidenten. Unter ihnen sind bekannte Gesichter – aber auch neue. In den nächsten Tagen muss der Kompromiss noch formell abgesegnet werden. Zum 1. Dezember soll die Kommission ihre Arbeit aufnehmen. Eine Übersicht

Die 26 neuen Kommissarinnen und Kommissare der EU-Kommission zusammen mit ihrer Präsidentin Ursula von der Leyen © Monasse Thierry/​ANDBZ/​ABACA/​imago images

Übersicht:

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Kaja Kallas – Vizepräsidentin, "Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik"

Kaja Kallas © Wojtek Rawanski/​Getty Images

Die ehemalige estnische Regierungschefin gilt als eine der entschiedensten Unterstützerinnen der Ukraine in der Europäischen Union (EU). Als Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik folgt sie dem bisherigen Außenbeauftragten, dem Spanier Josep Borrell. Damit wird sie zur Chefin von 4.500 Mitarbeitern im Europäischen Auswärtigen Dienst. Einen echten Außenminister hat die EU nicht, weil die Mitgliedstaaten Diplomatie als vorwiegend nationale Aufgabe sehen. In Zeiten des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sowie des Krieges im Nahen Osten sieht von der Leyen ihre Aufgabe jedoch darin, Brücken zwischen der europäischen Innen- und Außenpolitik zu schlagen. Kallas ist eine erklärte Gegnerin von Russlands Präsident Wladimir Putin, das russische Präsidialamt führt sie auf einer Fahndungsliste. 

Raffaele Fitto – Vizepräsident, zuständig für Kohäsion und Reformen

Raffaele Fitto © NICOLAS TUCAT/​Getty Images

Trotz vehementer Kritik aus dem EU-Parlament wird der Italiener Raffaele Fitto Vizepräsident der EU-Kommission. Einen so hohen Kommissionsposten hatte bisher noch kein Rechtsaußenpolitiker inne. Fitto gehört der ultrarechten Partei Fratelli d'Italia von Regierungschefin Giorgia Meloni an und war bisher Europaminister in Italien. Er erhält das Ressort für Regionalförderung und Reformen und verwaltet damit künftig milliardenschwere EU-Fördergelder. Nur wegen Postendeals zwischen den großen EU-Fraktionen wurde er letztlich doch ernannt. 

Teresa Ribera – Vizepräsidentin, zuständig für Wettbewerb und grünen Wandel

Teresa Ribera © Eduardo Parra/​dpa

Die konservative EVP hatte die Berufung der Sozialistin Teresa Ribera zunächst blockiert und der bisherigen spanischen Umweltministerin Versagen bei den schweren Überschwemmungen in der Region Valencia vorgeworfen. Letztlich wurde sie in den Postenverhandlungen der großen EU-Fraktionen doch nominiert. Sie soll zuständig sein für einen sauberen, gerechten und wettbewerbsfähigen Übergang in der Wirtschaftspolitik. Ziel sei laut von der Leyen eine gleichzeitige Dekarbonisierung und Industrialisierung der Wirtschaft – und die Umsetzung des europäischen Green Deals.  

Stéphane Séjourné – Vizepräsident, zuständig für Wohlstand und Industrie

Stéphane Séjourné © Nicolas Tucat/​AFP/​Getty Images

Der liberale französische Politiker Stéphane Séjourné war bis September Außenminister in Frankreich unter dem Premierminister Gabriel Attal. In der neuen Kommission soll er sich um eine neue europäische Industriestrategie kümmern und damit um die Sicherung des europäischen Wohlstands. Dabei ist er laut Kommission für kleine und mittlere Unternehmen in Europa und die Industrie zuständig. Ziel ist es, den Binnenmarkt zu stärken und Grundlagen für Investitionen, Innovation und Stabilität zu schaffen. 

Henna Virkkunen – Vizepräsidentin, zuständig für Sicherheit und Werte

Henna Virkkunen © Nicolas Tucat/​Getty Images

Die finnische Politikerin Henna Virkkunen wird in der künftigen Kommission als Vizepräsidentin für Sicherheit, Demokratie und Werte zuständig sein. Das beinhaltet laut Kommission auch die Bereiche Digitales und Technologien. Sie soll sich mit der inneren und äußeren Sicherheit beschäftigen sowie den Grundlagen der europäischen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Seit 2014 ist sie im EU-Parlament und dort im Industrieausschuss. Für das Amt der Vizepräsidentin wurde sie von der finnischen Regierung vorgeschlagen. 

Roxana Mînzatu – Vizepräsidentin, zuständig für Arbeit, Ausbildung und Soziales

Roxana Mînzatu © Nicolas Tucat/​AFP/​Getty Images

Rumänien wird in dieser Legislaturperiode eine bedeutende Position auf europäischer Ebene einnehmen. Denn auch die Sozialdemokratin Roxana Mînzatu wurde von von der Leyen als eine von sechs Exekutivvizepräsidentinnen nominiert. Ihr Verantwortungsbereich umfasst den Titel "Menschen, Kompetenzen und Vorsorge" – eine Bezeichnung, die unter anderem die Themen Beschäftigung, Soziales und erstmals auch Bildung beinhaltet. Sie soll unter anderem den Fachkräftemangel bekämpfen und sich für die Umsetzung der sozialen Rechte in der EU einsetzen. 

Andrius Kubilius – Kommissar für Verteidigung und Raumfahrt

Als erster Chef des europäischen Verteidigungsressorts kommt dem ehemaligen litauischen Ministerpräsidenten Andrius Kubilius eine Schlüsselrolle zu. Die EU-Kommissionschefin hatte angekündigt, die Verteidigungs- und Rüstungspolitik auf EU-Ebene zu stärken, Investitionen in Rüstungsprojekte zu erleichtern und Europa militärisch unabhängiger zu machen. Dabei geht es auch um die Unsicherheit der Europäer nach dem Wiedereinzug Donald Trumps ins Weiße Haus. Kubilius wird dabei eng mit Kallas zusammenarbeiten, um eine Europäische Verteidigungsunion voranzutreiben und industrielle Kapazitäten in der Verteidigung. 

Magnus Brunner – Kommissar für Inneres und Migration

Der ehemalige österreichische Finanzminister Magnus Brunner übergab erst am Mittwoch seinen Regierungsposten an einen Nachfolger. Er gehört der ÖVP und der EVP an. In der EU-Kommission soll Brunner nun die umstrittene Asylreform umsetzen – was kein leichtes Unterfangen sein dürfte. Daneben soll er sich um die Stärkung der europäischen Grenzen und eine neue Strategie der inneren Sicherheit kümmern. 

Wopke Hoekstra – Kommissar für Klimapolitik

Schon seit Oktober 2023 ist der niederländische Politiker Wopke Hoekstra Kommissar für Klimaschutz und damit Nachfolger von Frans Timmermanns, obwohl seine Nominierung in seinem Heimatland umstritten war. Er soll weiterhin für Klima, Netto-Null-Emissionen und sauberes Wachstum zuständig sein. Dabei soll er die Klimaziele umsetzen und sich um Klimaanpassung, Klimadiplomatie und Dekarbonisierung kümmern. In seinen Zuständigkeitsbereich fallen auch Steuern. 

Maroš Šefčovič – Kommissar für Handel und wirtschaftliche Sicherheit

Wie verhält sich die EU bei möglichen Handelskonflikten mit den USA oder China? Diese Frage dürfte künftig auch von Maroš Šefčovič abhängen. Der Slowake ist in der EU-Kommission für Handel, wirtschaftliche Sicherheit und die Zollpolitik zuständig. Er will Beziehungen zu den Partnern vertiefen und neue Märkte für die EU eröffnen. Dabei wolle er unter anderem auf Freihandelsabkommen setzen, sagte er. Zuletzt war er unter anderem zuständig für die Beziehungen zur Schweiz. Als Handelskommissar soll er dieses Dossier weiterhin halten. 

Valdis Dombrovskis – Kommissar für Wirtschaft und Produktivität

Valdis Dombrovskis ist ein enger Verbündeter von der Leyens und derzeit einer der drei Exekutivvizepräsidenten der Kommission. Als Teil der christdemokratischen Parteienfamilie EVP war er bereits Kommissar für den Euro und den sozialen Dialog und zuletzt Handelskommissar. Künftig kümmert er sich in der EU-Kommission um Wirtschaft, Produktivität, Implementierung und Vereinfachung.  

Marta Kos – Kommissarin für Erweiterung

Die Slowenin Marta Kos soll Kommissarin für Erweiterung werden, auch zuständig für die östliche Nachbarschaft und den Wiederaufbau der Ukraine. Sie soll etwa Sloweniens Erfahrung mit der EU-Integration nutzen und auf die Kandidatenländer übertragen, sowohl bei den Ländern des Balkans als auch im Fall der Ukraine und der Republik Moldau. 

Jozef Síkela – Kommissar für internationale Partnerschaften

Für die weitere internationale Vernetzung der EU soll zukünftig der tschechische Politiker Jozef Síkela zuständig sein. Dazu gehört vor allem die EU-Strategie "Global Gateway": Mit dem Projekt will die EU globale Herausforderungen wie Klimawandel und bessere Gesundheitssysteme, mehr Wettbewerbsfähigkeit und stabile Lieferketten angehen – und sehr viel Geld investieren, um auf dem globalen Markt mitzuhalten. 

Maria Luís Albuquerque – Kommissarin für Finanzpolitik

Die portugiesische Politikerin und Wirtschaftswissenschaftlerin ist schon länger in der Finanzpolitik tätig. Sie war Finanzministerin und lehrt auch an der Universität. In der künftigen EU-Kommission soll sie für Finanzdienstleistungen und die Spar- und Investitionsunion zuständig sein. 

Hadja Lahbib – Kommissarin für Vorsorge und Krisenmanagement

Die bisherige Außenministerin von Belgien, Hadja Lahibib, bekommt als EU-Kommissarin einen neu zusammengestellten Posten zugeteilt. Sie soll sich um Resilienz, Vorsorge und Katastrophenschutz kümmern und dabei auch humanitäre Hilfe koordinieren. Gleichstellung soll ebenfalls eine Rolle spielen. 

Olivér Várhely – Kommissar für Gesundheit und Tierschutz

Der neue ungarische Kommissar Olivér Várhelyi war als Personalie lange umstritten, weil er gegenüber dem autoritär regierenden ungarischen Ministerpräsidenten Orbán sehr loyal sein soll. Die Fraktionen einigten sich schließlich darauf, Teile seines Portfolios Gesundheit und Tierschutz anderen Kommissaren zu übertragen. Sein Posten beinhaltet nun den Aufbau der Europäischen Gesundheitsunion, den Kampf gegen Krebs und Gesundheitsvorsorge. Die Bereiche zur sexuellen Diskriminierung und Selbstbestimmung sollen aber anderen Kommissaren übertragen worden sein – denn Kritiker werfen Orbán vor, die Rechte von Frauen und sexuellen Minderheiten in Ungarn beschnitten und das Abtreibungsrecht verschärft zu haben. 

Costas Kadis – Kommissar für Fischerei und Ozeane

"Er wird den ersten europäischen Pakt für die Ozeane vorstellen", sagte von der Leyen über Costas Kadis. Der Zypriot ist seit 2018 als Minister für Landwirtschaft und Fischerei in Zypern tätig. In der EU-Kommission konzentriert er sich auf die Fischerei und Ozeane. Er soll den maritimen Sektor resilienter, wettbewerbsfähiger und nachhaltiger machen. 

Dubravka Šuica – Kommissarin für den Mittelmeerraum

Schon seit 2019 arbeitet die kroatische Politikerin Dubravka Šuica als Kommissarin und Vizepräsidentin in der EU-Kommission, bisher war sie Kommissarin für "Neuen Schwung für die Europäische Demokratie". Nun soll sie für die Nachbarstaaten im Mittelmeerraum und auch weitere südliche Nachbarstaaten zuständig sein. 

Jessika Roswall – Kommissarin für Umweltschutz

"Es geht um den wichtigen Schutz unserer Umwelt und ein Bewusstsein dafür, dass es keine nachhaltig intakte Wirtschaft ohne intakte Umwelt gibt": Mit diesen Worten stellte von der Leyen den Posten der neuen EU-Kommissarin Jessika Roswall vor. Die schwedische Politikerin soll sich um Umwelt, Wassersicherheit und eine wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft kümmern.

Piotr Serafin – Kommissar für Haushalt

In Polen war er Rechtswissenschaftler, Verwaltungsbeamter und Staatssekretär, in der EU arbeitete er bereits als Ständiger Vertreter und für den ehemaligen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk. Als neuer Kommissar wird er für Haushalt, Betrugsbekämpfung und öffentliche Verwaltung zuständig sein. Dabei soll er auch einen nächsten langfristigen Haushaltsplan erstellen.

Dan Jørgensen – Kommissar für Energie und Wohnungswesen

Seit 2022 ist der dänische Sozialdemokrat Dan Jørgensen Minister für Entwicklungszusammenarbeit und Globale Klimapolitik in Dänemark, arbeitete aber bereits auf europäischer Ebene. Als Kommissar soll er nun für Energie zuständig sein und sich um Investitionen in saubere Energie kümmern und der EU mehr Unabhängigkeit verschaffen. Zudem soll er sich im Bereich Wohnungsbau um Energieeffizienz, Investitionen und das Bauwesen kümmern.

Ekaterina Zaharieva – Kommissarin für Start-ups, Forschung und Innovation

Die bulgarische Politikerin war bereits Außenministerin und Ministerin für regionale Entwicklung in ihrem Land, nun soll sie auf EU-Ebene für Innovationen und Forschung zuständig sein. Dabei soll sie nach Willen von der Leyens strategische Prioritäten setzen und sich auf wichtige Innovationen konzentrieren. 

Michael McGrath – Kommissar für Justiz

In der neuen Kommission soll sich der irische Politiker Michael McGrath um die großen Themenbereiche Demokratie, Justiz und Rechtsstaatlichkeit kümmern. In seine Zuständigkeit fallen dann auch der Kampf gegen Korruption und Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit, aber auch der Verbraucherschutz in der EU.

Apostolos Tzitzikostas – Kommissar für Verkehr

Er war Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen, nun soll er sich um nachhaltigen Verkehr und Tourismus kümmern: Der griechische Politiker Apostolos Tzitzikostas ist schon länger auf EU-Ebene aktiv. Als Kommissar soll er auch für die Mobilität von Gütern und Personen verantwortlich sein. 

Christophe Hansen: Kommissar für Landwirtschaft und Ernährung

Zwischen 2018 und 2023 war der Luxemburger Christophe Hansen Abgeordneter im EU-Parlament, nun soll er die Aufgabe des Kommissars für Landwirtschaft und für Ernährung übernehmen. Er soll den sogenannten Strategischen Dialog mit wichtigen Interessenträgern aus der Lebensmittelherstellung fortführen und darauf aufbauend in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit eine "neue Vision für Landwirtschaft und Ernährung in Europa" entwickeln, sagte von der Leyen.

Glenn Micallef – Kommissar für Jugend und Sport

Das neue Ressort, das von der Leyen dem maltesischen Politiker Glenn Micallef zugeteilt hat, beinhaltet die Themen Generationengerechtigkeit, Kultur, Jugend und Sport. Dabei soll es um junge Menschen und eine Balance in der europäischen Gesellschaft gehen. Bisher war er Stabschef des maltesischen Premierministers Robert Abela.

Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFP.

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