Die Stimmung bei den bisherigen Spielen von Borussia Dortmund bei der Klub-WM war bislang ähnlich ausbaufähig wie die sportliche Leistung. Daran änderte auch der Besuch von US-Vizepräsident JD Vance bei der Partie gegen Ulsan HD in Cincinnati nichts. Sportdirektor Sebastian Kehl erwartet eine Steigerung in der K.-o.-Runde. Und das "in allen Bereichen."

Wenig überwältigend war die Stimmung beim Spiel zwischen Borussia Dortmund und Ulsan HD. IMAGO/Sports Press Photo
Aus Cincinnati berichtet Matthias Dersch
Ob JD Vance ein Fußballfan war, bevor er am Mittwoch das Klub-WM-Spiel zwischen Borussia Dortmund und Ulsan HD (1:0) in Cincinnati besucht hat, ist nicht genau bekannt. Bis auf eine mehr oder weniger subtile Warnung an alle ausländischen Fans, die sich im Jahr 2026 auf den Weg zur Weltmeisterschaft machen wollen, ihren Aufenthalt in den USA nicht eigenständig zu verlängern, hat man bislang wenig zum Thema von dem ansonsten sehr wortstarken US-Vizepräsidenten gehört, der im Bundesstaat Ohio beheimatet ist. Sicher erscheint nur: Die 90 Minuten, die er im TQL-Stadium geboten bekam, dürften bei ihm keine Leidenschaft entfacht haben. Das sportliche Niveau zwischen dem BVB und seinem südkoreanischen Gegner war überschaubar, die Stimmung in der nur zu einem Drittel gefüllten Arena mau. Da kam es Vance vermutlich gelegen, dass er hier viele Bekannte hat, mit denen er während der Partie sprechen konnte, ist er doch unweit von Cincinnati aufgewachsen.
Sommerkick-Atmosphäre bei den BVB-Spielen
Von der Faszination, die der BVB in Europa ausstrahlt, wenn er daheim vor der Gelben Wand spielt oder Tausende von Fans mit auf die Reise nimmt, ist in den USA während der Klub-WM nur punktuell zu spüren. Etwa in der sogenannten Embassy, die der Klub in den Tagen zwischen den beiden Gruppenspielen in Cincinnati in einer Sports-Bar eröffnet hatte. Hier, zwischen großflächigen Fotos aus der Heimat, geraten die Fans ins Schwärmen über ihren BVB. In den Stadien aber - sowohl beim ersten Spiel in New Jersey als auch zweimal in Cincinnati - herrschte bislang eine Atmosphäre wie bei einem Sommer-Freundschaftsspiel am Ende einer langen Saison.
"Es sollte keine Ausrede sein, aber es war nicht die größte Werbung für den Fußball heute", sagte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl nach dem schmucklosen 1:0 über Ulsan HD und berichtete von einem Besuch des Präsidenten des örtlichen FC Cincinnati. Dieser habe erzählt, das diesmal mit nur mageren 8239 Zuschauern gefüllte Stadion sei sonst immer ausverkauft. An der allgemein schwierigen Situation des Fußballs in den USA allein konnte die geringe Auslastung also nicht gelegen haben. Vielmehr scheint die reformierte Klub-WM noch nicht jeden US-Amerikaner erreicht zu haben. Nicht einmal jene, die sich für Soccer interessieren. Zumal der BVB trotz seiner Popularität nicht in der gleichen Liga spielt wie etwa die nicht qualifizierten Manchester United oder FC Liverpool, gegen die der Klub bei vergangenen US-Trips in ausverkauften Stadien spielte.
"Die frühen Anstoßzeiten spielen eine Rolle"
Auch wenn es kein Dortmunder so offen sagen will in diesen Tagen: Die unterwältigende Kulisse dürfte für die müden Auftritte des BVB teilverantwortlich sein. Wenn die klimatischen Bedingungen so extrem sind wie derzeit in den USA - mit Platz-Temperaturen von mehr als 35 Grad -, dann fallen Sprints umso schwerer, wenn niemand da ist, der den Spieler anfeuert und anschließend mit Applaus belohnt. Stattdessen wirkte es bei den bisherigen drei BVB-Spielen phasenweise so, als spiele das Team von Trainer Niko Kovac in einem vakuumierten Raum. Noch dazu in einem sehr heißen.
"Die frühen Anstoßzeiten spielen sicher eine Rolle", mutmaßte Kehl am Mittwoch. Zum einen, weil die Sonne dann besonders grell auf den Rasen scheint und es den Profis schwer macht. Zum anderen, weil sie es berufstätigen Menschen schwer möglich machen, ein Spiel zu schauen, ohne dafür extra einen Urlaubstag zu nehmen. Die Hoffnung des BVB-Sportdirektors liegt daher auf der K.-o.-Runde, für die sich der BVB als Gruppenerster qualifiziert hat.
Kehl rechnet mit Steigerung "in allen Bereichen"
"Die Stimmung wird steigen. Auch die Qualität und Intensität wird dann höher sein", sagte er mit Blick auf das Achtelfinale gegen den mexikanischen Vertreter CF Monterrey in Atlanta, das am Dienstag um 21 Uhr Ortszeit stattfinden wird. Die Entscheidung über den kommenden Gegner schaute sich der BVB-Tross am späten Mittwochabend nach der Rückkehr aus Cincinnati gemeinsam in Fort Lauderdale an. Für die Schwarz-Gelben ist es das erste Duell gegen die Mexikaner - und erneut eine ganz neue Herausforderung, an der das Team wachsen soll.
"Ich glaube fest daran, dass wir in allen Bereichen in diesem Wettbewerb noch einen Schritt nach vorne machen und es dann auch noch mal spannender wird", sagte Kehl zuvor. Für die Fans wäre das ein Segen - aber auch mit Blick auf die sportliche Wettbewerbsfähigkeit der Borussia wäre das zu begrüßen. Denn wenn der BVB nicht nach dem Spiel am Dienstag die Heimreise antreten möchte, dann muss er sich weiter steigern. Notfalls auch ohne atmosphärische Unterstützung.
Matthias Dersch