Mark Rutte, Nato-Generalsekretär:
»Und dann muss der Papa manchmal auch Kraftausdrücke verwenden.«
Der Papa also.
Auf den ersten Blick ist der Ausdruck eine saloppe Nebensächlichkeit eines historischen Nato-Gipfels. Aber eigentlich steht dieser Satz, dieses Wort, sinnbildlich für das jüngste Gipfeltreffen der Alliierten, gar dafür, wie die Weltdiplomatie in Zeiten von Donald Trump funktioniert.
Denn: Trumps Regierung wusste dieses Schlagwort gleich auszuschlachten, in einem eigens produzierten Video. Gut eine Minute lang. Der Titel: Daddy’s Home.
Es ist eine Inszenierung Trumps als starker Mann der Nato. Hier, schaut her, alle folgen dem US-Präsidenten.
Genau so war Trump auch schon auf dem Gipfel aufgetreten. Das neue Fünf-Prozent-Ziel, dem sich die Mitgliedstaaten verschrieben haben? Geht natürlich auf ihn – und nur auf ihn – zurück.
Donald Trump, US-Präsident:
»Etwas, das niemand für möglich gehalten hat. Und sie haben gesagt: Sie haben es geschafft, Sir! Sie haben es geschafft. Nunja, ich weiß nicht, ob ich es geschafft habe. Aber ich denke schon.«
Und auch in diese Erzählung stimmte Rutte ganz unumwunden gleich mit ein.
Mark Rutte, Nato-Generalsekretär:
»Hätten Sie jemals geglaubt, dass das das Ergebnis dieses Gipfels hätte sein können, wenn er nicht wiedergewählt worden wäre?«
Die Verbündeten schmeichelten Trump, wo sie nur konnten. Wichtige Details – wie es in der Ukraine weitergeht, im Umgang mit Russland, im Nahen Osten – die blieben weitestgehend unberührt. Das klare Ziel: bloß kein Eklat, nur nicht Trump vergraulen, in dieser Weltlage!
Nach dem Gipfel – und da sind wir wieder beim sinnbildlichen Papa-Begriff – war es Rutte dann aber plötzlich wichtig, den Eindruck zu korrigieren, dass die Nato-Staaten sich diesmal allzu unterwürfig gegeben hätten vor Trump.
Mark Rutte, Nato-Generalsekretär:
»Diese Papa-Sache: Ich habe ihn nicht Papa genannt.«
Er habe nämlich etwas ganz anderes gemeint.
Mark Rutte, Nato-Generalsekretär:
»In Europa höre ich manchmal, dass europäische Länder fragen: ›Mark, werden die USA bei uns bleiben?‹ Und das klingt ein bisschen wie ein kleines Kind, das ihren Papa fragt: ›Bleibst du bei der Familie?‹ In diesem Sinne habe ich das Wort ›Papa‹ benutzt, ich habe nicht Präsident Trump ›Papa‹ genannt.«
Ob das die Nato-Verbündeten größer aussehen lässt? Naja.
So zeugt die Daddy-Causa auch von der verzweifelten Suche nach einem vernünftigen Mittelweg im Umgang mit Trump: Wie halten die Partner die USA bei sich – und Trump bei Laune – ohne sich selbst zu verzwergen?
Zumindest Trump bei sich zu halten – das hat auf diesem Gipfel gut funktioniert. Nur: Mit solchen Inszenierungen muss die Nato dann eben auch leben. Das gehört zum Paket Trump einfach dazu.