Die neue Eskalation des Zollstreits mit den USA ist an diesem Montag das Topthema bei einem EU-Treffen in Brüssel. Die für Handelsfragen zuständigen Minister der Mitgliedstaaten beraten darüber, wie auf die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump zu reagieren ist, Importe aus der EU ab dem 1. August mit einem Zoll von 30 Prozent zu belasten. Eigentlich hatten sie gehofft, nach wochenlangen Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und den USA über eine Grundsatzvereinbarung zur Entschärfung des Handelskonflikts reden zu können.
Mit Spannung wird vor allem erwartet, ob alle EU-Staaten den Kurs von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unterstützen. Von der Leyen will zunächst darauf verzichten, bereits am Dienstag erste Gegenzölle auf Importe aus den USA in Kraft treten zu lassen. Der Entschluss liegt in der Schublade, seit die erste Zollrunde eingeläutet wurde. Die EU hatte die Gegenmaßnahmen zunächst nur wegen der bis zuletzt noch laufenden Verhandlungen ausgesetzt.
Volkswirte plädieren dagegen für einen härteren Kurs. Sollte es auch bis Ende Juli nicht zu einer Einigung kommen, müssten die beschlossenen »Gegenmaßnahmen sofort ergriffen werden«, sagte Wirtschaftsweise Achim Truger dem »Focus«. Außerdem müsse die EU »dann auch zu einer weiteren Eskalation bereit sein, etwa durch Maßnahmen gegen die US-Digitalkonzerne«.
Experten raten zur Härte
Die Ökonomen Jens Südekum und Moritz Schularick rechnen damit, dass Donald Trumps Zolldrohung ohnehin nicht das letzte Wort ist. »Trump ist bekannt dafür, immer wieder starke Ansagen und dann Rückzieher zu machen«, sagt Südekum im Interview mit der »FAZ«. »Ich habe keinen Anlass zu zweifeln, dass es dieses Mal anders sein wird.« Auch Moritz Schularick, der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), hält die Wahrscheinlichkeit eines Rückziehers durch Trump für sehr hoch.
Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank sieht die EU in der aktuellen Situation allerdings am längeren Hebel, zumindest auf längere Sicht: »Die EU sollte in den Verhandlungen eine harte Haltung einnehmen, denn Modellrechnungen zeigen, dass Zölle gegen die EU in den USA eine stärkere negative Wirkung haben als in der Eurozone.«
Von der Leyen will die Verhandlungen möglichst bis zur neuen Trump-Frist am 1. August zu einem erfolgreichen Abschluss bringen. In seinem am Samstag veröffentlichten Brief hatte sich der Republikaner offen für weitere Gespräche gezeigt. So schrieb er, sollte die EU bereit sein, bislang geschlossene Handelsmärkte für die Vereinigten Staaten zu öffnen und Handelsbarrieren zu beseitigen, werde er möglicherweise eine Anpassung der Zollankündigungen in Erwägung ziehen. Zugleich drohte er für den Fall von Gegenmaßnahmen der EU noch höhere US-Zölle an.