Diese Bayern-Mannschaft braucht eine Veränderung

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Nach dem 1:2 im Hinspiel kommt der FC Bayern bei Inter Mailand nicht über ein 2:2 hinaus. Damit ist der Traum vom Finale und dem Titel "dahoam" geplatzt. Ein Scheitern, das sicherlich die Qualitätsfrage aufwirft und Konsequenzen auf mehreren Klub-Ebenen nicht zwingend ausschließt. Ein Einwurf von kicker-Reporter Georg Holzner.

2 in Mailand.

Aus im Viertelfinale: Bayern spielt nur 2:2 in Mailand. IMAGO/Kirchner-Media

Es war ein langes Bangen, ein langes Hoffen, bis hinein in die 8. Minute der Nachspielzeit. Aber der wichtige Treffer zum 3:2, der die Verlängerung bedeutet hätte, sollte nicht fallen. Der Plan von Inter Mailand und Trainer Simone Inzaghi ging auf - und Bayern ist raus.

Das kommt keineswegs überraschend. Nach diesem 2:2 muss das Ziel vom Finale und dem Titel im eigenen Stadion schon im Viertelfinale begraben werden. Die Gründe dafür sind extrem vielfältig und komplex. Ein "Weiter so" kann es nicht geben.

Ein Gefühl wurde in dieser Saison immer versucht aufrechtzuhalten beim FC Bayern: Es ist alles in bester Ordnung. Komplett losgelöst von Tatsachen, von negativen Ergebnissen - und nicht zuletzt vollkommen unabhängig davon, in welche Richtung sich die fußballerischen Darbietungen seit Jahreswechsel entwickelt haben.

Schwache Auftritte gegen die Aufsteiger aus Kiel (4:3) und St. Pauli (3:2) oder den abstiegsbedrohten VfL Bochum (2:3) reichten ebenso wenig als Warnsignale wie das Last-Minute-Zitter-Weiterkommen in den Play-offs gegen Celtic Glasgow (2:1, 1:1). Auch die vielen Gegentore in der Liga wurden - öffentlich - nahezu ausgeblendet. Kritik war unerwünscht.

Kompanys Welpenschutz ist dahin

Sportvorstand Max Eberl hat es versäumt, die Spieler rechtzeitig in die Pflicht zu nehmen. Er fuhr den Kurs des geringsten Widerstands, der sich gefühlt auf die Mannschaft übertragen hat. Denn die Partie bei Inter bedeutete erstmals in dieser Saison, dass das Team Widerstände - einen Rückstand plus viele Verletzte - überwinden hätte müssen. Gelungen ist es nur in Ansätzen. Die Bayern scheiterten im letzten Champions-League-Spiel von Thomas Müller im Münchner Trikot einmal mehr an zu einfachen Gegentoren. Was letztlich auch die Qualitätsfrage aufwirft.

Vor zwei Jahren war ein erster sanfter Umbruch angedacht; geklappt hat er nicht. Auch nach der titellosen Saison 2024 sollte der Sommer für radikale Änderungen dienen; passiert ist wenig. Nicht verwunderlich also, wenn dieselben Spieler, die für die Misserfolge der vergangenen Jahre verantwortlich waren, auch diesmal nicht übers Viertelfinale hinauskamen.

Dafür kann Trainer Vincent Kompany grundsätzlich nicht viel. Trotzdem haftet der erst 39-jährige Chefcoach für dieses Team, sein lange aufrechtgehaltener Welpenschutz ist nun dahin. Zwar mag die Meisterschaft, sofern sie über die Ziellinie gebracht wird, immerhin wieder einen Titel bedeuten - einen Fortschritt bedeutet sie jedoch nicht. Dafür sind die Konkurrenten landesweit in dieser Saison zu inkonstant, nicht fordernd genug - und die eigenen Leistungen bei Weitem nicht gut genug. Nach dem Pokal-Aus wurde nun das zweite, das ganz große Ziel verfehlt - da lässt sich nicht mehr alles unter den Teppich kehren.

Die Münchner Klubspitze muss Stärke beweisen

Diese Bayern-Mannschaft - der es an Reife, an Mentalität und letztlich auch an Qualität mangelt - braucht dringend eine Veränderung. Identifikationsfiguren, Spieler, die Verantwortung übernehmen und nicht nur auf den nächsten Super-Vertrag gieren. Das heißt auch: Die Münchner Klubspitze muss wieder Stärke beweisen - mit einer klar strukturierten Führungsetage. Nicht auszuschließen also, dass dieses in Summe nicht unverdiente Scheitern spätestens im Sommer (Personal-)Konsequenzen auf Spieler- und Verantwortlichen-Ebene mit sich bringt.

Darüber hinaus wird eine Frage den Verein weiter beschäftigen: Warum hat Bayern so viele Verletzte? Wurde intern im vergangenen Jahr Ex-Coach Thomas Tuchel und dem geschassten Fitness-Guru Prof. Dr. Holger Broich die Verantwortung übertragen, fallen diese beiden Personalien nun als Schuldige weg. Lag es am eifrigen Spielstil aus der Hinrunde, der aufgrund des extremen (Gegen-)Pressings sowie der vielen Laufarbeit zu kräfteraubend war für das Frühjahr? Oder gibt es etwa qualitative Mängel, respektive Fehleinschätzungen in der medizinischen Abteilung? Schließlich, und das ist schon auffallend, gibt es zu viele (Folge-)Verletzungen ohne gegnerische Einwirkung.

Die Verantwortlichen des FC Bayern, so viel ist gewiss, werden dieser Thematik nachgehen, bis sie eine Antwort gefunden haben.

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