Die waffelbackende Weltmeisterin: Die unglaubliche Geschichte der Petra Landers

Petra Landers und die SSG 09 Bergisch-Gladbach nach dem DFB-Pokalsieg 1982. imago sportfotodienst

Petra Landers spielt Fußball, seitdem sie klein ist. Erst gemeinsam mit den Jungs auf dem Bolzplatz, dann im Trikot des 1. FC Bochum. Dort, im Jungen-Team, beginnt ihre Karriere. Als 19-Jährige macht sie eine Ausbildung zur Kfz-Mechanikerin, nebenbei spielt sie in der Regionalliga. 1981 wechselt die Teenagerin zur SSG 09 Bergisch-Gladbach. Die Mannschaft steht in den 1970er und 80er Jahren regelmäßig an der Spitze des deutschen Frauenfußballs. Dreimal die Woche fährt sie 75 Kilometer zum Training. So ganz einfach sind Job und Fußball nicht zu vereinbaren, aber irgendwie kriegt sie es gewuppt. Für sie geht es aus dem Bochumer Arbeiterviertel zu den siegreichen Bergisch-Gladbacherinnen.

Mit ihrer neuen Mannschaft wartet gleich zu Beginn ein Abenteuer auf sie. 1981 wird in Taiwan eine inoffizielle Weltmeisterschaft im Frauenfußball ausgetragen, das Women's World Invitational Tournament. Die Organisatoren in Taipeh fragen beim DFB an - doch ohne Nationalmannschaft, die es bis dato noch nicht gibt, keine Teilnahme - oder?

Da sieben Nationalmannschaften und sieben Vereinsmannschaften teilnehmen dürfen, schickt der DFB die Einladung weiter nach Bergisch-Gladbach. Sie, als deutsche Meisterinnen, sollen zur inoffiziellen WM nach Taiwan fliegen. Mit dabei: die 19-jährige Landers.

Ich musste auf der Landkarte gucken, wo Taiwan überhaupt liegt.

Es gibt jedoch ein Problem: Wer zahlt die Reise? Vom DFB gibt es kein Geld, der Verein hat auch nicht die nötigen Mittel. Die Spielerinnen bekommen für Spiele gerade mal 15 Pfennig Fahrtgeld. Ein Flug nach Taiwan? Das ist utopisch. Die Fußballerinnen aus Bergisch-Gladbach aber wollen unbedingt nach Taiwan. Sie sind kreativ und versuchen alles, um Geld zu sammeln: Sie suchen nach Sponsoren, sprechen mit Menschen in der Fußgängerzone, sie verkaufen sogar Waffeln in der Innenstadt. Sie, die besten Fußballerinnen Deutschlands!

Mit Waffeln zum Erfolg

"Wir mussten ja zusehen, wie wir Geld reinkriegen. Aber wenn man sich das überlegt: Wie viel Geld nimmt man mit Waffeln ein?", sagt Landers heute und lacht. Doch das Geld kommt am Ende zusammen. Die SSG 09 Bergisch-Gladbach fliegt nach Taiwan.

Es ist ein Turnier, das schlaucht. An die hohen Temperaturen und Luftfeuchtigkeit können sich die Spielerinnen nur schwer gewöhnen. Für viele ist es die erste Fernreise ihres Lebens. Aber die Mannschaft findet gut ins Spiel. Sie schafft es bis ins Finale. Dort trifft sie auf den Verein Zwart-Wit '28 aus Rotterdam.

Das scheinbar Unmögliche wird möglich: Mit 1:0 gewinnt die SSG 09 Bergisch-Gladbach die inoffizielle Weltmeisterschaft in Taiwan! Eine Stadt ist quasi Weltmeisterin! "Wir waren so glücklich, dass wir als Vereinsmannschaft gegen Nationalmannschaften bestanden haben. Wir haben den Pott geholt in einem Turnier, in dem wir vorher nicht geglaubt hatten, eine Chance zu haben", freut sich Landers noch heute.

Zuhause in Bergisch-Gladbach werden die Spielerinnen frenetisch empfangen. Doch außerhalb der Stadt interessiert sich kaum jemand für den außerordentlichen Erfolg - auch nicht der DFB. "Sie haben das eigentlich ignoriert. Da hat keiner gesagt: So, wir ehren jetzt mal die Mannschaft oder schicken denen was. Nein, gar nichts", sagt Landers.

Initialzündung für den DFB

Es bewegt sich dennoch etwas innerhalb des DFB. Ein Jahr später, 1982 wird eine deutsche Frauen-Nationalmannschaft gegründet. Landers schafft es ins Team. Das erste große Highlight steht ihnen ein paar Jahre später bevor: die Europameisterschaft im eigenen Land 1989.

Wie es für diese noch junge Nationalmannschaft weiter geht und welche Hürden im Frauenfußball in Deutschland noch genommen werden müssen,  gibt es in der zweiten Folge "Titel, Tore, Kaffeetassen" des neuen kicker Podcasts "Verboten gut - Wie Frauen den Fußball erobern" zu hören.

Zu hören gibt es den Podcast in der kicker App, auf kicker.de und überall da, wo es Podcasts gibt, unter anderem auf Spotify, Apple Podcast, Amazon Music und Deezer.

isf