Es war viel drin bei Liverpools Auftakt gegen Bournemouth. Neben dem Premier-League-Debüt der Ex-Bundesliga-Profis Jeremie Frimpong, Florian Wirtz und Hugo Ekitiké ein spannender Spielverlauf und einem emotionalen Joker leider auch diskriminierende Gesten Richtung Gäste-Stürmer Antoine Semenyo, der die Antwort auf dem Rasen gab.

Diogo Jota war omnipräsent bei Liverpools Saisonstart. IMAGO/Propaganda Photo
Schon vor dem Anpfiff wurde es sehr emotional. In Anwesenheit der Familie des am 3. Juli tödlich verunglückten Liverpool-Profis Diogo Jota und dessen jüngeren Bruder André Silva erklang zunächst eine mitreißende Darbietung von "You'll Never Walk Alone", ehe eine Schweigeminute folgte. Auf zwei Tribünen präsentierten die Fans eine Choreographie, zu sehen waren die Schriftzüge "DJ20" und "AS30".

"AS" und "DJ": Die Fans boten eine beeindruckende Choreo für Diogo Jota und seinen Bruder André Silva. IMAGO/Shutterstock
Auch nach dem Anpfiff verbreiteten die Reds-Fans Gänsehaut. In der 20. Minute erhob sich das gesamte Stadion und stimmte den Song "Oh, he wears the number 20" an - wie einst nach Toren von Diogo Jota. Weniger schön war dann das Ereignis, das den Referee dazu veranlasste, die Partie nach einer knappen halben Stunde zu unterbrechen: Laut Premier League gab es "Berichte über diskriminierende Beleidigungen aus dem Publikum gegen Bournemouths Semenyo". Nach einem Dialog mit beiden Trainern fand das Duell seine Fortsetzung, der Liverpool-Fan wurde in der Pause von der Polizei abgeführt.
Einstand nach Maß für Ekitiké - Semenyo meldet Beleidigungen
Wenig später schlug die Stunde von Ekitiké, der gegen die gut Paroli bietenden Cherries mit seinem Premierentor für den Pausenstand sorgte (37.). Alles schien in die erwarteten Bahnen zu laufen, als Cody Gakpo auf Vorlage von Ekitiké kurz nach Wiederanpfiff auf 2:0 stellte (49.). Florian Wirtz verpasste das 3:0 knapp, eine Minute später waren die Gäste wieder im Spiel, als Antoine Semenyo verkürzte (64.).
Der ghanaische Nationalspieler schien unbeeindruckt von den rassistischen Äußerungen, die er selbst dem Schiedsrichter gemeldet hatte. Der entsetzte Bournemouth-Kapitän Adam Smith sagte hinterher: "Das war völlig inakzeptabel. Ich bin schockiert, dass das in der heutigen Zeit passiert ist. Ich weiß nicht, wie Ant weiterspielen und seine Tore erzielen konnte." Jedenfalls schnürte der Angreifer den Doppelpack (76.), der Außenseiter schnupperte am Punktgewinn.
Dass dies nicht so kam, dafür sorgte Joker Federico Chiesa. In der 82. Minute für Wirtz eingewechselt, setzte der Italiener einen Volley in die Maschen (88.). "Das Gefühl, das mir die Fans vermittelt haben, als sie während des gesamten Spiels Diogos Lied gesungen haben, war sehr bewegend", gab der Stürmer Einblick in seine Gefühlswelt. Gegenüber der BBC sagte er später: "Mein Tor war ein großartiger Moment für mich - aber meine Gedanken sind bei Diogo. Das hier heute war sein Tag."

Der Moment nach dem 3:2: Federico Chiesa jubelt nach seinem Jokertor. IMAGO/Sports Press Photo
Mohamed Salah (90.+4) sorgte schließlich für den 4:2-Endstand einer hoch emotionalen Partie, in der der Meister mehr Mühe als erwartet hatte, um die ersten drei Punkte einzufahren und hinterher ein klares Statement setzte: "Wir verurteilen Rassismus und Diskriminierung in jeder Form, sie haben keinen Platz in der Gesellschaft oder im Fußball."
Der Klub werde die polizeilichen Ermittlungen "uneingeschränkt unterstützen". Die Liga teilte mit, dass der Vorfall "Gegenstand einer eingehenden Untersuchung" sei. Die Polizei von Merseyside kündigte an, "proaktiv gemeinsam mit dem Verein ein Stadionverbot für den mutmaßlichen Täter beantragen".
jch