Charité Berlin: Hochschulleitung verbietet muslimischer Studierendengruppe vorerst Nutzung von Räumen

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Die Berliner Charité zieht nach kritischen Medienberichten über eine muslimische Studierendengruppe an ihrer Hochschule Konsequenzen. Sie verbietet der Gruppe zumindest vorerst die Nutzung ihrer Räume für selbst organisierte Veranstaltungen.

»Aufgrund der aktuellen Hinweise wird der Gruppe ab sofort und bis auf Weiteres die Durchführung von Aktivitäten und Veranstaltungen in den Räumlichkeiten der Charité untersagt«, teilte die Pressestelle der Charité dem SPIEGEL am Montag mit. Das Verbot erfolge, um einen »diskriminierungsfreien, integrativen und wertebasierten Hochschulraum« sicherzustellen.

Am Wochenende hatten »B.Z.«  und andere Medien über Veranstaltungen der Gruppe »MedIslam Collective« (MSC) an der Charité berichtet. Studierende hätten nach Geschlechtern getrennt in einem Hörsaal gesessen, hieß es in den Berichten, die sich auf Videos der Gruppe auf Social Media beziehen.

Details zur Sitzordnung sind nicht bekannt

In der Mitteilung der Klinik hieß es: »Die Charité betont, dass es sich bei den auf dem Instagram-Kanal des MedIslam Collective abgebildeten Veranstaltungen um keine Lehrveranstaltungen, also um keine offiziellen Veranstaltungen der Charité im Rahmen der Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern, handelt.« Zu sehen seien von der Gruppe selbst organisierte Veranstaltungen, für die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt worden seien.

Man werde eine »inhaltliche und rechtliche Prüfung« der Aktivitäten der Gruppe durchführen. Der Vorstand behalte sich, abhängig vom Ergebnis der Prüfung, weitere Maßnahmen vor und sei hierzu auch im Austausch mit der Studierendenvertretung.

»Medislam Collective« hatte im Mai mehrere Veranstaltungen an der Charité organisiert und Videos davon bei Instagram gepostet. In einem Fall handelte es sich den Angaben zufolge um eine Veranstaltung von Anfang Mai, bei der man gemeinsam ins neue Semester startete. Dabei seien mehrere Studierende unter anderem zu einer »besinnlichen Koranrezitation« zusammengekommen, wie die Gruppe bei Instagram schreibt. Weiter heißt es: Die Veranstaltung sei »perfekt für alle neuen Gesichter, um direkt anzukommen und sich willkommen zu fühlen.« Es folgte ein »Herzchen«-Emoji.

Ein anderes Video zeigt einen kleinen Ausschnitt einer Veranstaltung, die offenbar Ende Mai stattgefunden hat. Als Gastredner war der Theologe Martin Mahmud Kellner eingeladen, der den Angaben zufolge einen Vortrag zu »islamischer Medizinethik« gehalten hatte.

Kellner arbeitet am Institut für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück. Auf dem Instagram-Account der Gruppe sind zudem ältere Videos zu sehen, unter anderem von einem Mediziner-Vortrag, der im vergangenen Jahr stattfand.

»Activity Day der Schwestern«

Die Gruppe erklärt in ihrem Account, sie stehe muslimischen Studierenden ebenso offen wie nicht-muslimischen Studierenden. In mehreren kurzen Videoschnipseln der Veranstaltungen ist zu erkennen, dass Männer auf der einen Seite des Hörsaals sitzen, Frauen auf der anderen. Ob dies zufällig oder aufgrund einer vorab festgelegten Sitzordnung erfolgt, bleibt unklar.

Im Mai hatte die Gruppe zwei nach Geschlechtern getrennte Aktionen geplant. So waren etwa ein »Activity Day der Schwestern« und ein »Brüder-Activity-Day« geplant. Eine SPIEGEL-Anfrage ließ die Gruppe zunächst unbeantwortet.

Auch an anderen Hochschulen ist die Raumvergabe für Veranstaltungen immer wieder ein Thema. Unis regeln das in Eigenregie. »Der Antrag ist unter Angabe des Themas der Veranstaltung, des genauen Termins, der Dauer der Veranstaltung, der Zahl der erwarteten Teilnehmer und des Namens der/des verantwortlich mit der Durchführung der Veranstaltung Beauftragten« spätestens 14 Tage vorher einzureichen, heißt es etwa in den Richtlinien der Universität Münster . »Vereinigungen von Mitgliedern der Universität« – dazu zählen auch Studierende und von ihnen gegründete Gruppen – müssten für die Nutzung von Hörsälen keine Miete oder Gebühren zahlen.

Verboten sind demnach »Veranstaltungen, deren Themen einen Straftatbestand verwirklichen oder die zu strafbaren Handlungen aufrufen (z.B. Beleidigung, üble Nachrede, Aufforderung zur Sachbeschädigung)«. Auch bei »Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Universität« kann die Raumnutzung demnach verboten werden.

Fall aus Kiel

In Kiel hatte die Islamische Hochschulgruppe (IHG) im Rahmen einer »Islamwoche« Anfang Mai eine Veranstaltung organisiert, bei der Sertac Odabas aufgetreten war, wie der NDR berichtete.  Dessen Organisation IMAN werde laut Verfassungsschutz dem Salafismus zugeordnet.

Zudem habe es hochschulinterne Beschwerden über eine geschlechtergetrennte Sitzordnung gegeben, heißt es in dem Bericht. Augenzeugen hätten berichtet, Männer und Frauen seien dazu aufgerufen worden, unterschiedliche Eingänge zu nutzen.

Die IHG bedauerte kürzlich auf ihrem Instagram-Account, dass ein Referent eingeladen worden sei, bei dessen Auswahl man nicht sorgfältig genug gewesen. Das sei ein Fehler gewesen. Zum Sitzkonzept heißt es, es habe einen neutralen Bereich mit freier Sitzwahl gegeben, außerdem Bereiche für Teilnehmer, die nach Geschlechtern getrennt hätten sitzen wollen. Der Vorstand der Gruppe wolle die Aufarbeitung nun zu Ende führen und danach zurücktreten.

Der Fall schlägt in Kiel hohe Wellen. Am 10. Juli will der Bildungsausschuss des Landtags darüber beraten.

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