Bundeswehr: Boris Pistorius entlässt den Chef des Heers

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Boris Pistorius hat gleich mehrere wichtige Personalentscheidungen getroffen. Den einflussreichen Inspekteur des Heeres versetzt der Minister in den einstweiligen Ruhestand. Der Dreisternegeneral Alfons Mais war in der Vergangenheit immer wieder durch kritische Töne aufgefallen. Mehrmals mahnte er, die von der Politik ausgerufene Zeitenwende komme nicht bei der Truppe an. Nun muss er nach fünf Jahren seinen Posten räumen.

Als Nachfolger für den Chefposten bei der größten Teilstreitkraft der Bundeswehr hat Pistorius einen seiner engsten Vertrauten ausgesucht. Zweisternegeneral Christian Freuding  hat für Pistorius im Ministerium in den vergangenen Jahren den neuen Leitungsstab aufgebaut. Parallel führte er den sogenannten Ukraine-Stab, der die Waffenlieferungen koordinierte. Vermutlich kein Militär der Bundeswehr genießt beim Minister so viel Vertrauen wie er.

Das Ministerium gab sich am Dienstag viel Mühe, den Paukenschlag beim Personal wie Routine aussehen zu lassen. Nachdem die Entscheidung intern die Runde machte, gab die Pressestelle eine lapidare Meldung  heraus. Demnach habe General Mais sich seiner Aufgabe »in den vergangenen Jahren mit viel Engagement und Herzblut« gewidmet, unter anderem sei ihm »die erfolgreiche Aufstellung des Leuchtturmprojekts Brigade Litauen zu verdanken«.

Doch schon in den dürren Zeilen schwingt Kritik mit. So heißt es über seinen Nachfolger Freuding, dieser werde mit seiner Expertise »zusätzlichen Schwung und Veränderung in die Projekte des Heeres bringen«. Mais hatte immer wieder Schwierigkeiten bei der Aufstellung bei der Litauen-Brigade, dem Prestigeobjekt des Ministers, offengelegt. Seine Briefe ans Ministerium, in denen er noch fehlendes Material beklagte, waren gefürchtet.

Mais war spätestens seit 2022 als einer der wenigen Generäle aufgefallen, die sich trauten, die Misere bei der Truppe offen auszusprechen. Am Tag nach Kriegsbeginn schrieb er einen Linkedin-Post, der bis heute zitiert wird. »Die Bundeswehr, das Heer, das ich führen darf, steht mehr oder weniger blank da«, hieß es dort unter anderem. Schon damals rechnete Mais damit, dass er wegen der Offenheit entlassen werden könnte. Nun ist es passiert.

Neben den beiden Toppersonalien hat Pistorius auch ein weiteres Problem, das seit Monaten schwelte, vorerst gelöst. So ersetzt Generaloberstabsärztin Nicole Schilling den bisherigen Vize-Generalinspekteur Andreas Hoppe. In der Pressemitteilung wird betont, dass damit zum ersten Mal eine Frau den wichtigen Posten bekleidet. Schilling kennt sich vor allem in Personalangelegenheiten aus, aktuell leitet sie die Abteilung Einsatzbereitschaft und Unterstützung Streitkräfte.

Der bisherige Vizegeneralinspekteur Hoppe wird, wie Heeresinspekteur Mais, in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Im April war herausgekommen, dass der 60-Jährige über längere Zeit mehrere parallele Liebesaffären, teilweise mit Frauen im Verteidigungsministerium, unterhielt. Der Vize von Generalinspekteur Carsten Breuer hatte das Fehlverhalten nach einem Bericht im »Business Insider« eingeräumt und um die Versetzung in den Ruhestand gebeten. Sein Büro im Leitungsbereich des Bendlerblocks hat er bereits geräumt.

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