Bundespolitik: Nahles: Chancen für Arbeitslose bei Jobsuche so schlecht wie nie

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Für unseren Liveblog verwenden wir neben eigenen Recherchen Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, epd, KNA und Bloomberg. 

Wichtige Updates

Kanzleramtsminister stimmt auf Kürzungen im Gesundheitswesen ein

Debatte in der SPD: Gegner von Bürgergeldverschärfungen planen Demos

Ökonomin Schnitzer für mehr Selbstbeteiligung von Kassenpatienten

Erstmals seit Kriegsbeginn Abschiebung nach Syrien

Fragebogen zum Wehrdienst: Ignorieren kann 1000 Euro kosten

Philipp Saul

Nahles: Chancen für Arbeitslose bei Jobsuche so schlecht wie nie

Arbeitslose haben nach Ansicht der Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, aktuell so geringe Chancen wie nie, eine Stelle zu finden. Der Arbeitsmarkt sei „seit Monaten wie ein Brett“, es komme „kein Schwung rein“, sagte Nahles dem Portal Web.de. Sie äußerte dabei auch Kritik am sogenannten Vermittlungsvorrang für Arbeitslose, der mit der Bürgergeldreform komme.

Der Vermittlungsvorrang bedeutet, dass Jobcenter arbeitsfähige Menschen vorrangig auf Arbeitsstellen vermitteln und nicht in eine Aus- oder Fortbildung. Kritiker halten die Regelung für schädlich, weil die Arbeitslosen damit nicht dauerhaft in Arbeit kämen. Der Druck, die nächste offene Stelle, oft Hilfsjobs, anzunehmen, führe dazu, dass die Menschen schon bald wieder arbeitslos und beim Jobcenter landen würden. Mit der Bürgergeldreform der Bundesregierung soll der Vermittlungsvorrang wieder eingeführt werden.

„Diese Regelung kann aus meiner Sicht wirklich problematisch werden, wenn nicht auf das Qualifikationsprofil der einzelnen arbeitslosen Menschen geachtet wird“, sagte Nahles. Die Bürgergeld-Diskussion dürfe den Arbeitsmarkt nicht ausblenden. Denn die Fähigkeiten der arbeitslosen Menschen würden oft nicht zu den freien Stellen passen. Daran ändere auch ein Vermittlungsvorrang nichts. Qualifizierung bleibe wichtig, „sonst stehen die Menschen nach drei Monaten wieder beim Jobcenter vor der Tür“.

Nahles warnte zudem, dass aktuell keine Gruppe an Arbeitnehmern vor Jobverlust gefeit sei. Gut ausgebildete Menschen hätten aber weiterhin die besten Chancen am Arbeitsmarkt. Für Berufseinsteiger sei die Lage hingegen schlecht. „Wir haben so wenig junge Menschen in Ausbildung vermittelt bekommen wie seit 25 Jahren nicht mehr“, sagte die frühere SPD-Vorsitzende. Sie appelliert an junge Menschen, sich nicht auf einen Berufswunsch zu versteifen sowie auch bereit zu sein, für einen Arbeitsplatz umzuziehen. „Da wünsche ich mir mehr Flexibilität, nicht nur von jungen Leuten“, so Nahles. 

Denis Huber

Kanzleramtsminister stimmt auf Kürzungen im Gesundheitswesen ein

​Thorsten Frei stimmt die Bevölkerung auf einen Abbau von Leistungen im Gesundheitssystem ein. "Klar ist auch, dass ‍manche Leistungen entfallen müssen, um das Gesundheitssystem günstiger zu ‌machen, was in anderen Ländern auch funktioniert", sagte der Kanzleramtsminister dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) ​vom Donnerstag. "Wir ⁠werden deshalb nicht kränker."

"Wir ‌haben das teuerste Gesundheitssystem der Welt, aber unsere Bevölkerung ist nicht überdurchschnittlich gesund", sagte  der CDU-Politiker. Franzosen gingen ​statistisch ‍gesehen seltener zum Arzt. "Es ‌kann zudem nicht so sein, dass bei uns jeder in einer - naturgemäß - eher laienhaften Betrachtung selbst entscheidet, zu welchem Facharzt er geht." Ein ⁠Primärarzt, in ​der Regel der Hausarzt, müsse diese Entscheidung übernehmen.

Auch die Pflegeversicherung werde eine Riesenherausforderung werden. ‍Heute würden 86 Prozent der Pflegebedürftigen ‌zu Hause gepflegt. "Das wird künftig nicht mehr der Fall sein." Der Anteil derer, die in stationären Einrichtungen versorgt werden müssen, werde aller ‍Voraussicht nach steigen. 

Debatte in der SPD: Gegner von Bürgergeldverschärfungen planen Demos

Nachdem die Gegner von Verschärfungen beim Bürgergeld ausreichend Unterschriften für die formale Einleitung eines Mitgliederbegehrens in der SPD gesammelt haben, wollen sie ihr Anliegen in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. „Wir werden zu Veranstaltungen, Kundgebungen und auch Demonstrationen an mehreren Orten aufrufen“, sagte Mitinitiatorin Franziska Drohsel dem Spiegel.

Dazu wolle man unter anderem auf Gewerkschaften und Sozialverbände zugehen. „Wir wollen zeigen, dass der Widerstand gegen Verschärfungen beim Bürgergeld groß ist und dass er weit über den linken SPD-Flügel hinausgeht.“

Am Montag hatte eine Parteisprecherin bestätigt, dass genügend Unterschriften zusammengekommen seien. Das Quorum lag bei einem Prozent der Parteimitglieder, das sind um die 3500 Unterschriften. Erfolgreich ist das Mitgliederbegehren, wenn innerhalb von drei Monaten ein Fünftel der SPD-Mitglieder unterzeichnet. Dann entscheidet der Parteivorstand, ob er die Forderungen umsetzt oder nicht. Bindend ist das Abstimmungsergebnis nicht.

Die Initiatoren wollen erreichen, dass Sanktionen beim Bürgergeld nicht verschärft werden. „Wer auf Unterstützung angewiesen ist, darf nicht in Existenzangst gedrängt werden“, schreiben sie. Außerdem fordern sie mehr Unterstützung, Qualifizierung und psychosoziale Hilfe statt symbolpolitischer Maßnahmen.

Ökonomin Schnitzer für mehr Selbstbeteiligung von Kassenpatienten

Die Chefin der „Wirtschaftsweisen“, Monika Schnitzer, hat sich für eine höhere Selbstbeteiligung von Kassenpatienten und eine Praxisgebühr ausgesprochen. „Wir müssen die Prävention stärken. Aber wir werden auch die Selbstbeteiligung erhöhen müssen“, sagte Schnitzer angesichts steigender Kassenbeiträge der Rheinischen Post. „Eine Praxisgebühr ist sinnvoll, wenn es gelingt, sie bürokratiearm einzuziehen. Statt die Ärzte damit zu belasten, könnten die Krankenkassen sie einziehen“, sagte Schnitzer.

Die Ökonomin warnte vor weiteren Beitragssteigerungen. „Der Beitrag droht auf 25 Prozent zu steigen. Das Gesundheitssystem muss effizienter werden.“ Dafür sollten etwa Homöopathie und andere Kassenleistungen ohne Evidenz gestrichen werden.

Schnitzer regte auch an, Behandlungen im höheren Alter zu hinterfragen. „Wir werden immer älter und gerade im ganz hohen Alter steigen die Gesundheitskosten enorm an. Wir müssen diskutieren, ob es in einem solch hohen Alter sinnvoll ist, alle verfügbaren, aber häufig auch sehr belastenden Therapien anzuwenden“, sagte sie. Bereits im November hatte der CDU-Gesundheitspolitiker und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Hendrik Streeck, für Diskussionen gesorgt, als er die Frage aufwarf, ob man sehr alten Menschen noch besonders teure Medikamente verordnen sollte.

Millionen Versicherte müssen 2026 mit höheren Zusatzbeiträgen rechnen. Nach einer Auswertung des Vergleichsportals Verivox mit Stand 23. Dezember haben schon 31 Krankenkassen einen Anstieg für ihre Kunden angekündigt. Betroffen sind etwa Versicherte der zwei großen bundesweiten Krankenkassen. Bei der Techniker Krankenkasse (TK) steigt der Zusatzbeitrag von 2,45 Prozent auf 2,69 Prozent. Die DAK-Gesundheit erhöht ihn von 2,8 Prozent auf 3,2 Prozent.

Erstmals seit Kriegsbeginn Abschiebung nach Syrien

Deutschland hat erstmals seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs wieder einen Syrer in das Land abgeschoben. Der verurteilte Straftäter sei am Dienstagvormittag den Behörden in der syrischen Hauptstadt Damaskus übergeben worden, teilte das Bundesinnenministerium mit. Demnach saß der Mann vorher wegen besonders schweren Raubes, Körperverletzung und Erpressung in Nordrhein-Westfalen in Haft.

Nach dem Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien im Frühjahr 2011 hatte Deutschland keine Abschiebungen in das Land mehr vorgenommen. Vor rund einem Jahr stürzte eine Rebellenkoalition das Regime von Diktator Baschar al-Assad. Die Bundesregierung sieht den Bürgerkrieg damit als beendet an. Menschenrechtsorganisationen beschreiben die Lage in Syrien aber weiterhin als sehr unsicher.

Das Bundesinnenministerium teilte am Dienstag zudem mit, dass es erneut eine Abschiebung nach Afghanistan gegeben habe – die zweite innerhalb weniger Tage. Im aktuellen Fall ging es demnach um einen in Bayern inhaftierten Mann, der wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt worden war. Die für die Organisation von Abschiebungen nötigen Verhandlungen der Bundesregierung mit Vertretern der islamistischen Taliban, die in Afghanistan an der Macht sind, hatten scharfe Kritik ausgelöst.

Das Innenministerium stellte weitere Abschiebungen in Aussicht. Nach Gesprächen mit der syrischen Regierung und mit „Vertretern der Verantwortlichen in Afghanistan“ gebe es jetzt Vereinbarungen darüber, „dass Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern künftig regelhaft stattfinden können“, teilte das Ressort von Alexander Dobrindt (CSU) mit.

Fragebogen zum Wehrdienst: Ignorieren kann 1000 Euro kosten

Das Ignorieren der neuen Vorschriften zum Wehrdienst kann teuer werden. Wenn ein junger Mann der Verpflichtung zum Ausfüllen des Fragebogens nicht nachkommt oder dabei falsche Angaben macht, kann eine Geldbuße bis 1000 Euro die Folge sein, wie ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte. Er bestätigte damit einen Bericht der Bild.

Der neue Wehrdienst startet zum Jahreswechsel. Bereits im Januar sollen die ersten frisch 18-Jährigen den Fragebogen zur Wehrerfassung bekommen. Frauen können, Männer müssen ihn ausfüllen. Kommen sie dieser Pflicht auch nach einer Erinnerung nicht nach, gilt das als Ordnungswidrigkeit, was ein Bußgeld nach sich ziehen kann.

Außerdem werden junge Männer wieder verpflichtet, zur Musterung zu erscheinen. Wenn sie einen entsprechenden Termin unentschuldigt versäumen, kann laut dem Ministeriumssprecher die Polizei eingeschaltet werden, um den Betreffenden „vorzuführen“. Die Feldjäger als Militärpolizei der Bundeswehr sollen demnach in solchen Fällen nicht zum Einsatz kommen.

Es gibt allerdings in bestimmten Fällen die Möglichkeit, auf Antrag von der Musterung ausgenommen zu werden.

Prominente bitten Bundesregierung um Aufnahme von Afghanen

Etwa 50 Prominente aus Medien, Literatur und anderen Bereichen drängen die Bundesregierung zur Hilfe für Afghaninnen und Afghanen mit einer früheren Aufnahmezusage für Deutschland. „Erlauben Sie ihnen die Einreise nach Deutschland und retten Sie damit ihr Leben“, heißt es in einem offenen Brief, der am Dienstag von der Organisation Kabul Luftbrücke veröffentlicht wurde. Das wäre „ein Akt der Humanität“.

Unterzeichnet wurde der Brief laut Kabul Luftbrücke unter anderem von Komiker Hape Kerkeling, Musiker Herbert Grönemeyer, Moderator Günther Jauch und Schriftstellerin Herta Müller. Mit dabei sind außerdem der Flüchtlingsbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Berliner Bischof Christian Stäblein, und der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Joachim Rock.

Das Schreiben richtet sich an Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) und Außenminister Johann Wadephul (CDU). „Bitte zeigen Sie, dass wir ein verlässlicher Staat sind“, appellieren die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner. Die derzeit in Pakistan lebenden Menschen aus Afghanistan hätten „für die Bundesrepublik Deutschland, für unsere Werte und Interessen“ ihre Existenz aufs Spiel gesetzt.

Den in Pakistan auf Ausreise wartenden Afghaninnen und Afghanen droht mit dem Jahreswechsel die Abschiebung in ihr Herkunftsland. Nach Aussagen der Bundesregierung können mehrere hundert Betroffene nicht mehr mit einem Visum für Deutschland rechnen. Einreisen sollen nur noch Menschen mit Aufnahmezusagen über das Ortskräfteverfahren und das Bundesaufnahmeprogramm.

Zuletzt war am Montag ein Flug mit 141 Betroffenen in Hannover eingetroffen. Laut der Gesellschaft für Freiheitsrechte war an Bord auch ein früherer ranghoher Richter mit seiner Familie, mit dessen Fall sich bereits das Bundesverfassungsgericht befasst hat. Das Bundesinnenministerium wollte sich dazu nicht äußern.

Landwirtschaftsminister Rainer für Videoüberwachung in Schlachthöfen

Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer plant die Einführung einer verpflichtenden Videoüberwachung in Schlachthöfen. „Ab einer bestimmten Größe wird es eine verpflichtende Videoüberwachung geben. Kleinere Schlachtstätten werden ausgenommen“, sagte der CSU-Politiker der Rheinischen Post. Bislang sei das freiwillig.

Er sehe das als Qualitätsmerkmal für die Schlachtbetriebe, sagte Rainer. „Und wenn es Unregelmäßigkeiten gibt, dann hilft das auch den Veterinärbehörden vor Ort.“ Zeitnah werde er daher einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Videoüberwachung in Schlachthöfen einbringen. „Die Ampel-Regierung ist daran gescheitert. Wir machen das jetzt“, sagte der Minister.

Zugleich kündigte Rainer an, verstärkt gegen illegalen Welpenhandel vorgehen zu wollen. „Wir müssen da ran, das geht so nicht. Es ist ein Skandal, dass die Tiere viel zu jung von ihren Müttern weggerissen werden“, sagte er.

Das von seinem Amtsvorgänger Cem Özdemir (Grüne) vorgeschlagene Verbot von ungesunden Lebensmitteln lehnt der Minister ab, der selbst Metzgermeister ist. Er sei kein Freund solcher Verbote. „Bei Zucker, Fett und Salz in Fertigprodukten haben wir eine freiwillige Reduktionsstrategie mit der Lebensmittelwirtschaft vereinbart, die wirkt“, sagte Rainer. Er lehnt auch die derzeit diskutierte Zuckersteuer ab. Mit einer „modernen Aufklärungskampagne“ könne man mehr erreichen als mit Verboten.

Reul: Bei Zusammenarbeit mit AfD wäre ich weg aus der CDU

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) hat mit persönlichen Konsequenzen gedroht, sollte seine Partei mit der AfD zusammenarbeiten. "Falls meine Partei meint, man müsse da umdenken, dann bin ich weg", sagte Reul dem Nachrichtenportal t-online. "Diese Truppe und ihr Denken sind die größte Gefahr für die Demokratie. Da darf es nur ein Dagegen geben."

Die CDU hat sich ohnehin per Parteitagsbeschluss jede Koalition oder ähnliche Form der Zusammenarbeit mit der AfD versagt, ebenso wie mit der Linken. Reul sprach sich auf Nachfrage auch gegen eine Minderheitsregierung aus, die sich von der AfD tolerieren lässt. Es lasse sich nicht verhindern, dass die AfD CDU-Anträgen zustimme. "Aber wenn es System wird, auf die AfD angewiesen zu sein für eine Mehrheit, dann geht das nicht", sagte er.

Philipp Saul

SPD-Mitgliederbegehren zum Bürgergeld nimmt erste Hürde

Die Gegner von Verschärfungen beim Bürgergeld können jetzt offiziell ein Mitgliederbegehren in der SPD starten. Sie haben ausreichend Unterschriften für die formale Einleitung zusammen, wie eine Parteisprecherin bestätigte. Damit ist die erste Hürde genommen. Das Quorum lag bei einem Prozent der Parteimitglieder, das sind um die 3500 Unterschriften. 

Die Initiatoren wollen erreichen, dass Sanktionen beim Bürgergeld nicht verschärft werden. „Wer auf Unterstützung angewiesen ist, darf nicht in Existenzangst gedrängt werden“, schreiben sie.

Die Reform des Bürgergelds ist ein Vorhaben aus dem schwarz-roten Koalitionsvertrag, dem auch mehr als 80 Prozent der SPD-Mitglieder zugestimmt haben. Das Kabinett hat sie bereits eingeleitet, jetzt geht das Verfahren in Bundestag und Bundesrat weiter.

Erfolgreich ist das Mitgliederbegehren, wenn innerhalb von drei Monaten ein Fünftel der SPD-Mitglieder unterzeichnet. Dann entscheidet der Parteivorstand, ob er die Forderungen umsetzt oder nicht. Bindend ist das Abstimmungsergebnis nicht.

Ministerin Reiche: „Wir müssen in Deutschland insgesamt mehr arbeiten“

Angesichts der schwachen Konjunktur spricht sich Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) für umfassende Reformen aus, die weit über den schwarz-roten Koalitionsvertrag hinausgehen. „Wir müssen Deutschland wieder zurück auf die Überholspur bringen“, sagte Reiche dem Nachrichtenportal t-online. Der Kernpunkt sei: „Wir müssen in Deutschland insgesamt mehr arbeiten.“

Dabei gehe es einerseits um mutige Reformen bei der Rente. Insbesondere über eine längere Lebensarbeitszeit müsse man reden, „faktisch also auch über ein höheres Renteneintrittsalter“, sagte sie. „Wer das nicht will, muss zumindest bereit sein, Anreize zu setzen, um die Zahl der geleisteten Wochenarbeitsstunden zu steigern.“ Dazu müssten die Beschäftigten weniger in Teilzeit und mehr in Vollzeit arbeiten. „Um das zu erreichen, gibt es viele Möglichkeiten, zum Beispiel steuerliche Anreize oder den Ausbau von Betreuungsangeboten für Kinder.“

Es kann nicht sein, dass Unternehmen, die einerseits beklagen, keinen Nachwuchs zu haben, im gleichen Zuge gut qualifizierte Arbeitnehmer ab 61 in Altersteilzeit schicken.

Katherina Reiche

Zugleich forderte die Ministerin, den Kündigungsschutz zu lockern. „Wir brauchen einen flexibleren Kündigungsschutz, der die Schwachen schützt, es den Unternehmen aber vor allem im Hochlohnbereich ermöglicht, schneller Personal abzubauen, wenn sie müssen. Das hilft Unternehmen, sich zügiger an neue Marktsituationen anzupassen und zu restrukturieren.“

Mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 34,3 Stunden lag Deutschland laut Statistischem Bundesamt 2024 unter dem europäischen Durchschnitt (36,8 Stunden). Vollzeit-Erwerbstätige arbeiteten durchschnittlich 40,2 Stunden pro Woche, Teilzeit-Erwerbstätige 20,9. Die Arbeitszeit insgesamt wird dabei vom steigenden Anteil Teilzeit-Erwerbstätiger beeinflusst: Dieser wuchs bis 2024 auf knapp ein Drittel (1991: 14,1 Prozent, 2024: 30,8 Prozent). 

Spahn: Jedes Vorhaben auf Nutzen fürs Wachstum prüfen

Der Unionsfraktionsvorsitzende Jens Spahn hat mehr Wirtschaftswachstum zur "Schicksalsfrage dieses Landes" erklärt und will jedes neue Koalitionsvorhaben daran messen. "2026 muss ein Jahr des Wachstums werden und nicht ein Jahr neuer Schulden", sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Damit wachse auch wieder die Zuversicht der Bürger. Dazu gehöre die Senkung oder zumindest Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge, damit sich die Personalkosten der Unternehmen nicht verteuerten.

"Wir müssen mehr als bisher jedes einzelne Vorhaben auf die Frage überprüfen: Dient es dem Wachstum oder nicht? Das muss der Maßstab für unsere Gesetzgebung sein", erklärte Spahn.

Philipp Saul

Günther für bundesweite Zuckersteuer

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) drängt auf die Einführung einer bundesweiten Steuer für besonders zuckerhaltige Lebensmittel. Sein Bundesland werde zu Beginn des kommenden Jahres eine entsprechende Initiative im Bundesrat starten, kündigte Günther im Interview mit der Welt an. Auch auf dem kommenden Bundesparteitag der CDU im Februar soll das Thema eingebracht werden.

„Eine Zuckersteuer ist politisch und ökonomisch längst geboten, weil zu starker Zuckerkonsum erhebliche gesundheitliche Probleme und damit auch enorme gesellschaftliche Kosten verursacht“, erklärte Günther. Ohne eine staatliche Regulierung sei eine Beschränkung des Zuckerkonsums aus seiner Sicht nicht zu erreichen.

Auch mehrere Verbraucher- und Gesundheitsorganisationen haben bereits eine Zucker- oder Limo-Steuer nach dem Vorbild Großbritanniens gefordert. Hersteller von zuckerhaltigen Softdrinks zahlen dort abhängig vom Zuckergehalt pro Liter eine Steuer von umgerechnet 21 Cent bei fünf bis acht Gramm Zucker auf 100 Milliliter oder 27 Cent bei über acht Gramm Zucker auf 100 Milliliter. Nach Angaben der Organisation Foodwatch hat die Abgabe bereits dazu geführt, dass Getränkehersteller in Großbritannien den Zuckergehalt in ihren Produkten deutlich gesenkt hätten.

Seit Wochen gibt es überall Süßes, Süßes, Süßes. Noch verheimlicht unsere Kolumnistin den eigenen Lebkuchen-Zimtstern-Konsum vor ihrer Tochter. Andererseits: Haben gute Vorbilder jemals was gebracht?

Justizministerin Hubig plant Speicherung von IP-Adressen für drei Monate 

Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) will, das Internetanbieter IP-Adressen künftig drei Monate speichern, wie aus einem Gesetzesentwurf hervorgeht. „Bei Kinderpornografie, Online-Betrug und strafbarem Hass im Netz gilt bisher: Täter kommen viel zu oft davon. Das wollen wir ändern“, sagte Hubig der Bild am Sonntag, die zuerst über den Gesetzesentwurf berichtet hatte. IP-Adressen seien oft die einzigen Spuren, die Täter im digitalen Raum hinterlassen, sagte die Ministerin der Zeitung. Die IP-Adressen-Speicherung soll Ermittlern helfen, digitale Spuren später noch verfolgen zu können.

Die IP-Adresse ist quasi die Anschrift eines Computers im Internet, mit der dieser identifiziert werden kann. Sie wird vorübergehend vergeben. Die Internetanbieter sollen nun vorsorglich speichern, welchem Internetanschluss eine IP-Adresse zu einem fraglichen Zeitpunkt zugeordnet war, so das Justizministerium. Gespeichert werden sollen auch weitere Daten, die für eine eindeutige Zuordnung der IP-Adresse zu einem Anschlussinhaber nötig sind.

Das Papier soll am Freitag zur Abstimmung an die übrigen Ministerien verschickt worden sein. Im Frühjahr soll das Gesetz im Bundestag beschlossen werden. Schon im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD die dreimonatige Speicherung der IP-Adressen vereinbart. Wegen rechtlicher Unsicherheiten war die alte Regelung zur Vorratsdatenspeicherung seit 2017 nicht mehr genutzt worden. Die Speicherung ist seit Langem umstritten.

Kritiker fürchten eine Aushöhlung von Grundrechten. Die Grünen halten die Pläne für rechtswidrig. „Union und SPD planen offenkundig den Wiedereinstieg in die anlasslose Massenüberwachung im Internet“, sagte der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Helge Limburg dem Stern. Die Innenpolitik-Expertin der Linken, Clara Bünger, sagte der dpa, dass das Problem gar nicht fehlende Daten, sondern das Fehlen gut ausgebildeter Ermittler und digitaler Forensik seien. „Die Vertraulichkeit von Kommunikation bleibt strikt gewahrt“, betont hingegen Hubig. „Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile sind ausgeschlossen.“ Die Gewerkschaft der Polizei begrüßt den Gesetzentwurf, hält die dreimonatige Frist aber für zu kurz. FDP-Chef Christian Dürr, dessen Partei schon 2017 gegen eine Pflicht zur Speicherung von IP-Adressen war, erneuerte die Kritik. „Gegen jeden Bürger ohne Anlass zu ermitteln, ist eines Rechtsstaats nicht würdig“, sagte er den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.

Auswärtiges Amt: Mehr als 100 000 Visa zum Familiennachzug erteilt

Trotz deutlicher Verschärfungen der schwarz-roten Bundesregierung wurden in diesem Jahr mehr als 100 000 Visa zum Familiennachzug erteilt. Das geht aus Zahlen des Auswärtigen Amts hervor, über die die Welt am Sonntag berichtete. Demnach wurden bis Ende November allein bezogen auf die fünf Staatsangehörigkeiten mit den meisten Anträgen 101 756 Visa bewilligt. Dazu gehörten Menschen aus der Türkei (14 907) und Syrien (13 148), aus Indien (9 286) sowie Menschen aus Kosovo (7 143) und aus Albanien (4 426).

In etwas mehr als einem Drittel der Fälle (37 227) ging es um Visa für den Nachzug von Kindern zu ihren Eltern. Etwa 3 500 Visa wurden wiederum erteilt, damit Eltern zu ihren Kindern ziehen können. Am häufigsten wurden mit 44 426 Fällen Visa für Ehepartner von in Deutschland lebenden Ausländern vergeben. Weitere 16 298 Visa bewilligt, damit jemand zu einem Ehepartner mit deutschem Pass ziehen konnte.

Das Nachzugsrecht gilt meist nur für die Kernfamilie, also Ehepartner und minderjährige Kinder. Ausnahmen gibt es für wenige Härtefälle und seit einer Ampel-Reform im März 2024 für Eltern und Schwiegereltern von Hochqualifizierten und Fachkräften, die den Lebensunterhalt der ganzen Familie eigenständig sichern können. 

Im Juli hatte die Bundesregierung den Familiennachzug zu Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus – anders als bei anerkannten Flüchtlingen – für zwei Jahre ausgesetzt. Nur in „Härtefällen“ sollen subsidiär Schutzberechtigte, zu denen viele Menschen aus Syrien fallen, noch Ehepartner, minderjährige Kinder und im Fall unbegleiteter Minderjährige die Eltern nachholen dürfen.

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