Der Tag ist vielen Menschen bekannt als »Bloody Sunday«: Am 30. Januar 1972 eröffneten britische Soldaten in der Stadt Derry – viele Protestanten bevorzugen den Namen Londonderry – das Feuer auf unbewaffnete Demonstranten. 13 Menschen starben an diesem wohl berüchtigtsten Tag des Nordirlandkonflikts, 15 wurden verletzt.
Im bisher einzigen Prozess gegen einen britischen Soldaten wegen des Massakers vor 53 Jahren ist der Angeklagte freigesprochen worden. Der ehemalige Fallschirmjäger sei in allen sieben Anklagepunkten nicht schuldig, urteilte der Richter in Belfast.
Der als »Soldat F« bezeichnete Angeklagte, der anonym bleiben wollte, musste sich seit Mitte September vor dem Gericht in Belfast wegen zweifachen Mordes und fünffachen Mordversuchs verantworten. Der frühere Fallschirmjäger wurde in dem einmonatigen Verfahren in Belfast nicht als Zeuge gehört. Das Gericht hörte eine Aussage des Mannes bei der Polizei aus dem Jahr 2016, in der er sagte, er sei sicher, an dem Tag ordnungsgemäß seine Pflicht erfüllt zu haben, könne sich aber an die Ereignisse nicht mehr verlässlich erinnern.
Richter Patrick Lynch sagte in seiner Urteilsbegründung, er sei davon überzeugt, dass die Soldaten jeglichen Sinn für militärische Disziplin verloren und mit der Absicht zu töten das Feuer eröffnet hätten. »Die Verantwortlichen sollten beschämt den Kopf beugen.« Er müsse jedoch feststellen, dass in diesem Fall die Beweise nicht ausreichen. Das liege auch daran, dass die Tat so lange zurückliege. Dadurch könne die Verteidigung Aussagen nur noch eingeschränkt überprüfen.
Die nordirische Regierungschefin, die katholische Politikerin Michelle O’Neill, reagierte empört auf den Freispruch. Dass den Familien der Opfer des »Bloody Sunday« immer wieder Gerechtigkeit verwehrt werde, sei »zutiefst enttäuschend«, sagte O’Neill, die der irisch-republikanischen Sinn-Fein-Partei angehört.
Im Nordirlandkonflikt markierte der »Bloody Sunday« eine Wende zur Gewalt. Zahlreiche junge Männer schlossen sich danach der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) im Kampf gegen die Briten an. Es dauerte fast 40 Jahre, bis die britische Regierung im Jahr 2010 eingestand, dass die Soldaten das Feuer auf die Menge eröffnet hatten und nicht umgekehrt – und dass die Demonstranten unbewaffnet waren. Wie der »Bloody Sunday« die Gewalt in Nordirland eskalieren ließ, lesen Sie hier.

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