„Bedeutsames“ Ergebnis der AfD: Das waren die wahlentscheidenden Themen in NRW

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Gerade einmal 22 Prozent zeigten sich im aktuellsten ARD-„Deutschlandtrend“ zufrieden mit der Arbeit der schwarz-roten Bundesregierung. Auch deshalb galt die Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen als erster Stimmungstest für die von Kanzler Friedrich Merz (CDU) geführte Koalition. Immerhin waren im größten Bundesland 13,7 Millionen Menschen aufgerufen, ihre Stimme abzugeben.

Im Vorfeld meldete sich einmal mehr Tech-Milliardär Elon Musk zu Wort und gab eine Wahlempfehlung für die AfD ab, zudem waren selbst Reporter der „New York Times“ vor Ort. Das verdeutlicht, wie sehr die Kommunalwahl wahrgenommen wurde.

Und so machten diesmal auch mehr Menschen als bei der vergangenen Kommunalwahl 2020 von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Die Wahlbeteiligung lag bei 56,8 Prozent, was einem Zuwachs um 4,9 Prozentpunkte entspricht. Seit fast 30 Jahren gaben nicht mehr so viele Menschen ihre Stimme ab.

Die CDU büßte im Vergleich zur vergangenen Kommunalwahl einen Prozentpunkt ein (33,3 Prozent), die SPD erreichte 2,2 Prozentpunkte weniger (22,1). Auf den ersten Blick sind die Stimmverluste also gering. Im Vergleich mit den Werten, die beide Parteien im Februar bei der Bundestagswahl erreichten, schneiden beide diesmal sogar leicht besser ab.

Die SPD-Chefs Lars Klingbeil und Bärbel Bas sehen deshalb zwar den Abwärtstrend ihrer Partei nicht gestoppt, wollen aber auch nicht von einem Desaster sprechen. Die Sozialdemokraten erreichten wohlgemerkt einst absolute Mehrheiten in NRW. In den vergangenen 30 Jahren haben sich ihre Stimmanteile fast halbiert.

SPD-Landeschef Achim Post äußerte sich zwar enttäuscht. Zugleich konstatierte er aber auch, dass bei der AfD die Bäume nicht in den Himmel wachsen. „Sie ist zwar in drei Stichwahlen, aber sie wird aus meiner Sicht keine Ruhrgebietsstadt holen“, sagte er.

AfD verdreifacht Ergebnis fast

Dabei lässt sich nicht ignorieren, dass die AfD ihr Ergebnis (14,5 Prozent gegenüber 5,1 Prozent 2020) fast verdreifachen konnte. Sie legte in allen kreisfreien Städten und in 30 von 31 Kreisen deutlich zu. In Städten wie Gelsenkirchen und Herne kam sie auf 29,9 bzw. 22,4 Prozent – Werte, die nur unwesentlich anders sind als in Ostdeutschland.

In Gelsenkirchen, ebenso wie in Duisburg und Hagen, werden ihre Oberbürgermeisterkandidaten in der Stichwahl sein. Für Wahlsiege mag es dort am Ende wohl nicht reichen. Dass die Partei auch im Westen immer weiter wächst, ist dennoch offensichtlich.

Für viele Wählerinnen und Wähler war vor allem die Wirtschaft ausschlaggebend für ihre Stimme. Das ist das Ergebnis einer Befragung des Umfrageinstituts Infratest Dimap vor den Wahllokalen, wie der „WDR“ berichtet. 36 Prozent der Wahlberechtigten gaben demnach an, dies sei das für sie wichtigste Thema bei ihrer Entscheidung gewesen.

Gerade im Ruhrgebiet ist die Arbeitslosigkeit hoch. In Städten wie Gelsenkirchen, Duisburg, Herne, Dortmund, Hagen oder Essen lag sie zuletzt überall bei zweistelligen Werten.

Die Wirtschaftspolitik spielte vor allem bei den Wählerinnen und Wählern der FDP (56 Prozent) und der CDU (51 Prozent) die entscheidende Rolle. Auch unter AfD-Anhängern war das Thema in vielen Fällen ausschlaggebend (36 Prozent). Unter den SPD-Wählern trieb die Wirtschaft 28 Prozent am meisten um. Bei Wählern der Linken und Grünen waren es hingegen nur 18 und 12 Prozent.

Als zweitwichtigstes Thema folgten Einwanderung und Integration. Und für immerhin ein Viertel der Wähler gaben öffentliche Sicherheit und Schule den Ausschlag für ihre Wahl.

75 Prozent der AfD-Wähler erklärten, dass die Einwanderungs- und Integrationspolitik für ihre Stimme ausschlaggebend waren. Unter Linke-Anhängern waren es 32 Prozent. 27 Prozent der CDU-Wähler, 20 Prozent der SPD-Wähler, 19 Prozent der FDP- und 16 Prozent der Grünen-Wähler äußerten sich entsprechend.

Anders ist die Verteilung beim Thema Schule und Bildungspolitik. Für 33 Prozent der Linke-, 28 Prozent der SPD- und 25 Prozent der Grünen-Wähler gab dieser Bereich den Ausschlag. Dagegen stand die Bildung nur bei 16 Prozent der AfD-Wähler am höchsten im Kurs.

Umwelt und Klimaschutz spielten für viele Wähler hingegen eher eine geringere Rolle (19 Prozent). Der Wohnungsmarkt und die Kitabetreuung folgen mit 14 Prozent. Am wenigsten wichtig war den Wählerinnen und Wählern, wie die Städte und Kommunen mit Geld umgehen.

Die Unterschiede bei der Stimmenabgabe zwischen Männern und Frauen fielen eher leicht aus. Während 19 Prozent der Männer die AfD wählten, taten dies nur 14 Prozent der Frauen. Bei beiden Geschlechtern kam die CDU derweil auf 34 Prozent der Stimmen. 21 Prozent der Männer und 24 Prozent der Frauen wählten die SPD.

Was lässt sich also zum Stimmungstest festhalten? Der Chef des Meinungsforschungsinstituts Insa, Hermann Binkert, äußerte sich pessimistisch. Er sprach beim „Handelsblatt“ von einem „bedeutsamen“ Ergebnis für die AfD, weil sie in dem Bundesland „immer deutlich schlechter abschneidet als im Bundesschnitt und bei Kommunalwahlen deutlich schlechter als zum Beispiel bei Bundestagswahlen“. Binkert schloss nicht aus, dass nun auch die gesamte AfD stärker wird.

Zugleich zeigt sich, dass die schwarz-rote Koalition mit Wirtschaft und Migration bundesweit Schwerpunkte setzt, die auch die Wähler in NRW am meisten umtreiben. Insofern sieht sich Kanzler Merz womöglich sogar in seinem Kurs bestätigt.

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