Andrea Tandler: Bundesgerichtshof senkt Haftstrafe auf drei Jahre

vor 4 Stunden 1

Teilerfolg für Maskenmillionärin Bundesgerichtshof senkt Haftstrafe für Andrea Tandler auf drei Jahre

Andrea Tandler galt als Gesicht der Gier in der Maskenaffäre. Sie kassierte 48 Millionen an Provisionen und hinterzog Steuern. Nach dem Urteil in letzter Instanz dürfte ihr der Weg ins Gefängnis wohl nicht mehr erspart bleiben.

11.07.2025, 15.40 Uhr

 Haftstrafe gesenkt

Politiker-Tochter Tandler im Prozess 2023: Haftstrafe gesenkt

Foto: Matthias Balk / dpa

Dieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.

48 Millionen Euro Provision für ein paar Wochen Arbeit – es war er Fall, der die Öffentlichkeit nach den chaotischen Maskengeschäften des Bundes zu Beginn der Pandemie vermutlich am meisten empörte – auch weil zum Glücksrittertum noch die Gier hinzukam: Andrea Tandler, Tochter des CSU-Multifunkionärs Gerold Tandler, hatte mit ihrem Partner versucht, aus der Provision für ihre goldenen Masken-Deals auch noch Steuern zu hinterziehen, in Millionenhöhe. Dafür war sie vom Landgericht München I im Dezember 2023 zu einer Haftstrafe von vier Jahren und fünf Monaten, ihr Partner Darius N. zu drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden; beide waren umgehend in Revision gegangen.

Nun die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH), und am Ende steht ein Teilerfolg für Tandler und Darius N.: Die Bundesrichter haben das Urteil des Landgerichts teilweise aufgehoben. Den Vorwurf, Tandler habe Einkommensteuer für das Jahr 2020 hinterzogen, kassierte der BGH ein.

Die Hoffnung, einer Haftstrafe zu entgehen, erfüllte sich dagegen nicht. Im zweiten Vorwurf, durch Tricksereien Gewerbesteuer hinterzogen zu haben, bestätigten die Karlsruher Richter die Vorinstanz. Ergebnis: jeweils drei Jahre Haft für Tandler und ihren Partner. Das Urteil ist rechtskräftig.

Teure Masken, hohe Provision

Tandler hatte über ihre Freundin Monika Hohlmeier, EU-Parlamentarierin und Tochter von CSU-Übervater Franz Josef Strauß, Anfang 2020 Zugang zum damaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CSU) bekommen. Für eine Schweizer Mini-Firma namens Emix Trading verhandelte sie als Lobbyistin direkt mit Spahn am Telefon Mengen und Preise. Am Ende bestellte der Bund bei dem Unternehmen, das bis dahin nichts mit Masken zu tun gehabt habe, Schutzausrüstung im Wert von knapp einer Milliarde Euro. Den größten Batzen, Masken für 540 Millionen Euro, kaufte Spahn bei Emix noch zu einer Zeit ein, als der Bund längst mit Maskenangeboten überschwemmt worden war, noch dazu zu einem Preis, der höher lag als andere Angebote, die der Bund kurz vorher abgelehnt hatte.

Später wurde das Bestellvolumen in einem Vergleich auf 749 Millionen gedrosselt, allerdings mit zahlreichen Vorteilen für Emix, etwa zur Frage, wie viele Masken mangelhaft waren, was die Maskensondermittlerin im Ministerium, Margaretha Sudhof, Jahre später bei ihrer Untersuchung verwunderte.

Trickserei mit Firmensitz in Grünwald

Dass Tandler so viel Geld von Emix für Provisionen bekommen hatte, war allerdings allenfalls moralisch ein Problem, rechtlich noch nicht. Das änderte sich erst, als sich Steuerfahnder anschauten, wie Tandler und ihr Partner Darius N. die Einnahmen versteuerten. Heraus kam aus Sicht des Landgerichts München, dass die beiden offenbar mehrere Schlupflöcher nehmen wollen, um möglichst viel von den Einnahmen am Fiskus vorbeizuschleusen. So hatten sie laut Münchner Urteil ein Unternehmenskonstrukt mit der Gründung neuer Gesellschaften aufgebaut, mit dem Ziel, die Einnahmen nicht mit ihren höheren persönlichen Einkommensteuersätzen zu versteuern, sondern mit der niedrigeren Körperschaftssteuer. Außerdem behaupteten sie, die Geschäfte nicht aus München gemacht zu haben, sondern aus der Nachbargemeinde Grünwald, wo ein deutlich niedrigerer Gewerbesteuersatz fällig ist als in der Landeshauptstadt. Zu diesem Zweck hatten beide laut Landgerichts-Urteil eine Büro-Scheinadresse in einem Grünwalder Office-Gebäude errichtet.

Den Vorwurf der Einkommensteuer-Hinterziehung durch das frisch gegründete Firmenkonstrukt stellte der Bundesgerichtshof jetzt auf Antrag der Generalbundesanwaltschaft ein. Es bestünden »erhebliche Zweifel, ob die Angaben der Angeklagten in den Anträgen an das Finanzamt unrichtig beziehungsweise unvollständig waren«, heißt es im Urteil.

Was die Hinterziehung von Gewerbesteuer angeht, kam der BGH dagegen zum selben Schluss wie das Landgericht. Den Kollegen in München sei in diesem Punkt kein Rechtsfehler unterlaufen. So ist auch für die Karlsruher Richter klar, dass Tandler und ihr Partner ihre Geschäfte in Wahrheit nicht aus Grünwald gemacht und dazu gegenüber dem Finanzamt falsche Angaben gemacht hätten, um bei der Gewerbesteuer billiger davonzukommen.

Tandler hatte vor dem Prozess in München knapp ein Jahr in Untersuchungshaft verbracht, war dann aber bis zur Entscheidung in Karlsruhe wie ihr Partner auf freien Fuß gekommen.

Gesamten Artikel lesen