Nach langem Ringen haben die Koalitionsfraktionen am Freitag das Rentenpaket durch den Bundestag gebracht. Die Beschlüsse haben Folgen für Millionen Menschen – ein Überblick.
Haltelinie
Der Begriff meint die 2019 eingeführte Vorgabe, dass das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent fallen darf. Das Rentenniveau beschreibt das Verhältnis zwischen einer Rente nach 45 Beitragsjahren mit jeweils durchschnittlichem Einkommen – auch Standardrente genannt – und dem aktuellen Durchschnittseinkommen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
Es handelt sich um eine rein statistische Größe, die nichts mit dem Verhältnis des individuellen Rentenanspruchs zum vorherigen Einkommen zu tun hat. Nach bisher geltendem Recht hätte die Haltelinie letztmalig für die Rentenerhöhung im Juli 2025 gegolten. Nun wird sie bis Mitte 2031 verlängert. Danach wird das Rentenniveau voraussichtlich sinken. Rentenkürzungen sind aber gesetzlich ausgeschlossen.
Die Verlängerung der Haltelinie bis 2031 ist auch in der Unionsfraktion unstrittig. Der Gesetzentwurf von SPD-Sozialministerin Bärbel Bas geht allerdings weiter und setzt die Rente langfristig höher an: Für 2035 sieht er noch ein Niveau von 46,7 Prozent und für 2040 von 46,0 Prozent vor – damit läge das Niveau jeweils einen Prozentpunkt höher als ohne das neue Gesetz.
Darauf beharrt die SPD – und der Koalitionsausschuss hat sich in seiner letzten Sitzung nochmals ausdrücklich darauf festgelegt. Bis kommendes Jahr soll allerdings eine Expertenkommission Vorschläge für eine langfristige Reform des Rentensystems formulieren. Diese könnten unter anderem die Erhöhung des Rentenalters und flexible Übergänge in die Rente beinhalten.
Ausweitung der Mütterrente
Hier geht es um die Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei den Rentenansprüchen. Bisher konnten für Kinder, die nach 1992 geboren wurden, bis zu drei Jahre angerechnet werden, das entspricht drei Rentenpunkten. Für Kinder früherer Jahrgänge sind es maximal zweieinhalb Jahre. Durch die sogenannte Mütterrente III sind es künftig auch in diesen Fällen drei Jahre.
Profitieren sollen rund zehn Millionen Menschen, in erster Linie Frauen. Sie bekommen voraussichtlich etwa 20 Euro mehr Rente im Monat. Die Änderung gilt ab Januar 2027. Weil die technische Umsetzung bei der Rentenversicherung eine Weile dauert, wird die Mütterrente III aber erst ab Januar 2028 ausgezahlt. Das Geld für 2027 fließt dann rückwirkend.
Einführung der Aktivrente
Sie soll Anreize schaffen, über das Renteneintrittsalter hinaus zu arbeiten. Wer dies tut, darf ab Januar bis zu 2.000 Euro Lohn monatlich steuerfrei behalten. Es müssen aber Sozialabgaben gezahlt werden. Ob jemand parallel eine Rente bezieht oder den Rentenstart aufschiebt, ist egal. Gewerbetreibende und Selbstständige können die Aktivrente nicht in Anspruch nehmen.
Bisher ist es allerdings in der Regel verboten, jemanden ohne Sachgrund befristet einzustellen, der früher schon einmal bei der gleichen Firma tätig war. Für Menschen im Rentenalter gilt das künftig nicht mehr. Sie können dann also befristet in ihre alte Firma zurückkehren.
Stärkung der Betriebsrente
Steuervergünstigungen und weitere Maßnahmen sollen dafür sorgen, dass mehr Menschen – vor allem mit geringen Einkommen und in kleinen Firmen – eine betriebliche Altersvorsorge nutzen. Konkret ist vorgesehen, dass mehr Betriebe als bisher das sogenannte Sozialpartnermodell nutzen können.
Dabei handelt es sich um einen speziellen Tarifvertrag, bei dem sich die Arbeitgeberseite dazu verpflichtet, Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge zu zahlen.
Das Geld wird dann zum Beispiel von einem Pensionsfonds verwaltet. Künftig können sich Betriebe leichter an einem in der Branche bereits bestehenden Modell dieser Art beteiligen.
Ein weiterer Punkt betrifft die Regelung, dass Arbeitgeber einen Teil ihrer Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge für Mitarbeitende mit geringen Einkommen von der Steuer absetzen können. Hier steigt die Höchstsumme der steuerlich absetzbaren Beiträge und der Wert erhöht sich künftig automatisch. Die neuen Regeln treten stufenweise bis Januar 2027 in Kraft.
Kosten
Sehr viel Geld. Laut Gesetzentwurf belaufen sich die Rentenausgaben 2025 auf 394,4 Milliarden Euro. Und in den kommenden Jahren steigen sie rapide. Wenn die Haltelinie bis 2031 verlängert wird, dürften die Kosten in dem Jahr bei 518,3 Milliarden Euro liegen, 2040 sogar bei 677,5 Milliarden Euro. Vom Staat kommt im laufenden Jahr ein Zuschuss von 122,5 Milliarden Euro. Damit fließt jetzt schon jeder vierte Euro aus dem Bundeshaushalt an die Rente.
Die Kritiker des Rentenpakets aus der Jungen Gruppe in der Unionsfraktion rechnen vor, dass die Festschreibung des Rentenniveaus für die 2030er-Jahre nochmal rund 120 Milliarden Euro zusätzlich koste.
Das ifo-Institut geht von rund zehn bis 15 Milliarden Euro jährlichen Zusatzkosten aus – insgesamt 145 Milliarden bis 2040. Das gesamte Rentenpaket zusammen mit der Ausweitung der Mütterrente und der Aktivrente würde laut einer Studie der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft bis 2050 insgesamt 479 Milliarden Euro kosten. (epd/AFP)

vor 16 Stunden
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