Bundespolitik: Bas pocht auf umfangreiche Rentenreform

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Für unseren Liveblog verwenden wir neben eigenen Recherchen Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, epd, KNA und Bloomberg.

Wichtige Updates

Sieben Unionsabgeordnete stimmen gegen Rentenpaket

Merz hat Zeit gekauft - nicht mehr

Bundestag stimmt für Rentenpaket

Worum es beim Rentenpaket geht

Vorsitzender der Jungen Gruppe will nicht für das Rentenpaket stimmen

Linus Freymark

Bas pocht auf umfangreiche Rentenreform

Nach der Verabschiedung des Rentenpakets im Bundestag spricht sich Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) für ein rundum erneuertes Rentensystem aus. "Es wird nicht reichen, nur an zwei Schräubchen zu drehen, sondern wir brauchen ein ganz neues System", sagte Bas am Abend in den ARD-Tagesthemen. "Das muss eine mutige Reform sein. Und ich glaube, das können auch nur die Volksparteien schaffen", sagte Bas. Es sei nun wichtig, ein System zu schaffen, das für viele Jahre und für alle Generationen halte.

Deutschland müsse sich an anderen europäischen Ländern orientieren, die solche Reformen vorgemacht hätten. Als Beispiele nannte sie Schweden, die Niederlande, Dänemark und Österreich. 

Noch vor Weihnachten soll eine Rentenkommission eingesetzt werden. Die Wissenschaft soll ebenso vertreten sein wie Politikerinnen und Politiker - auch explizit die junge Generation. Bis Mitte 2026 sollen Vorschläge vorliegen - die dann rasch in ein Gesetzgebungsverfahren münden sollen. 

Bas sagte, es sei wichtig, dass "die junge Generation jetzt auch ihre Stimme in der Rentenkommission hat". Sie gehe auch davon aus, dass die Jungen Gruppe der Unionsfraktion, die gegen das Rentenpaket war, in der Kommission vertreten sein werde. 

Die SPD-Chefin sagte weiter, bei künftigen Vorhaben müsse die schwarz-rote Regierung anders agieren als zuletzt in der Diskussion über das Rentenpaket. Die Koalitionsparteien müssten nun lernen, "dass wir viel früher solche Entscheidungen natürlich abklären miteinander und es nicht mehr zu solchen Konflikten kommt, die über Wochen in der Gesellschaft diskutiert werden". 

Nadja Lissok

Bundestag verschärft verschiedene Asylgesetze

Die Bundesregierung kann Staaten künftig einfacher als sogenannte sichere Herkunftsländer einstufen – und damit Abschiebungen dorthin erleichtern. Das hat der Bundestag beschlossen. Denn wenn die Bundesregierung Staaten künftig per Rechtsverordnung als sichere Herkunftsländer einstufen kann, muss der Bundesrat nicht mehr zustimmen. Rechtlich möglich wird das, indem die relativ kleine Gruppe von Schutzsuchenden, die als politisch verfolgte Asyl erhalten, hier ausgeklammert wird. 

Daneben sind weitere Verschärfungen geplant. Menschen, denen Abschiebehaft oder Ausreisegewahrsam droht, sollen dem Gesetzentwurf zufolge künftig keinen Anspruch mehr auf einen staatlich finanzierten Pflichtanwalt haben, der sie bei der Wahrung ihrer Rechte unterstützt. Dieser Anspruch war erst im vergangenen Jahr eingeführt worden. Der Deutsche Anwaltverein und die Bundesrechtsanwaltskammer kritisierten die Rücknahme. 

Wer im Einbürgerungsverfahren täuscht oder vorsätzlich unvollständige Angaben macht, soll künftig zehn Jahren lang nicht deutscher Staatsbürger werden können. Damit reagiert die schwarz-rote Koalition auf Ermittlungen wegen des Handels mit gefälschten Sprachzertifikaten in mehreren Bundesländern. 

Dominik Fürst

Sieben Unionsabgeordnete stimmen gegen Rentenpaket

Sieben der 208 Unionsabgeordneten haben im Bundestag gegen das umstrittene Rentengesetz gestimmt. Zwei weitere enthielten sich, ein Abgeordneter gab seine Stimme nicht ab. Das geht aus den vom Bundestag veröffentlichten Listen hervor, auf denen das Abstimmungsverhalten der einzelnen Abgeordneten verzeichnet ist.

Das sind die Abgeordneten von CDU/CSU, die nicht mit Nein gestimmt haben:

Mit Nein gestimmt: 

Yannick Bury

Pascal Reddig

Marvin Schulz

Johannes Volkmann

Johannes Wiegelmann

Johannes Winkel

Nicolas Zippelius
 

Enthaltung: 

Nicklas Kappe

Konrad Körner

Nicht abgegeben:

Roderich Kiesewetter 

Merz hat Zeit gekauft - nicht mehr

Hoch gepokert – und gewonnen: So jedenfalls scheint es, nachdem die Abgeordneten von Union und SPD das Rentenpaket der Koalition, wie von Friedrich Merz gewünscht, mit „Kanzlermehrheit“ gebilligt haben. Doch der Erfolg könnte sich für den Regierungschef und CDU-Vorsitzenden noch als schmerzhaft erweisen, denn der Druck, den Fraktionschef Jens Spahn für dieses Ergebnis insbesondere auf die jungen Abgeordneten von CDU und CSU machen musste, wird vielen Abgeordneten im Gedächtnis bleiben. Durchaus denkbar, dass mancher Parlamentarier irgendwann in den nächsten Monaten eine andere Abstimmung nutzen wird, um dem Kanzler eins auszuwischen.

Klar ist: Um einen echten Aufstand in den eigenen Reihen zu verhindern, wird Merz im kommenden Jahr ein Konzept für eine grundlegende Rentenstrukturreform auf den Tisch legen müssen, das die Altersversorgung langfristig auf eine sichere finanzielle Basis stellt. Spätestens dann nämlich wird sich die Junge Gruppe der Unionsfraktion nicht mehr Worten abspeisen lassen, sondern Taten verlangen. Damit allerdings ist zugleich der nächste Konflikt vorprogrammiert, diesmal mit dem Koalitionspartner: Denn ob die SPD ungeachtet aller Reformbekenntnisse tatsächlich zu echten Strukturveränderungen – einer längeren Lebensarbeitszeit oder ein Ende der Rente mit 63 etwa – bereit ist, darf bezweifelt werden.

Klar ist nach diesem Abstimmungserfolg deshalb vor allem eins: Die Rentendebatte des Jahres 2026 wird für Friedrich Merz kein bisschen fröhlicher werden als die Debatte des Jahres 2025.

Philipp Saul

Bundestag stimmt für Rentenpaket

Da ist die Entscheidung: Der Bundestag hat in namentlicher Abstimmung für das Rentenpaket von Union und SPD gestimmt. Dabei geht es insbesondere um eine Stabilisierung des Rentenniveaus, eine Ausweitung der Mütterrente und die Aktivrente.

Dass das Gesetzespaket trotz möglicher Abweichler in Reihen der Union eine Mehrheit finden würde, hatte sich in dieser Woche abgezeichnet, als die Linksfraktion ankündigte, sich zu enthalten. Doch Kanzler Friedrich Merz (CDU) wollte nicht nur eine einfache Zustimmung. Er gab die sogenannte Kanzlermehrheit als Ziel aus, also die absolute Mehrheit aller Abgeordneten im Bundestag. Das sind 316 Stimmen. Nun ist klar: Merz hat sein Ziel knapp erreicht und den Sturz seiner schwarz-roten Koalition in eine tiefe Krise abgewendet. Das Rentenpaket bekommt 318 Ja-Stimmen bei 224 Mal Nein und 53 Enthaltungen. Insgesamt haben nur 595 Abgeordnete abgestimmt. Das sind 35 weniger als der Bundestag Mitglieder hat.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Textes war von 319 Ja-Stimmen und 225 Nein-Stimmen die Rede. Die Zahlen wurden im Bundestag bei der Verkündung des Ergebnisses genannt. Tatsächlich weicht das offizielle Abstimmungsergebnis um jeweils eine Stimme davon ab.

Dominik Fürst

Abstimmung beendet, es folgt die Auszählung

In etwa zwanzig Minuten dürfte feststehen, ob die Regierung von Kanzler Merz tief in die Krise schlittert – oder ob diese abgewendet ist. 316 Stimmen für das Rentenpaket hat der Kanzler eingefordert, obwohl für die Verabschiedung des Gesetzes deutlich weniger reichen dürften. Es wird spannend.

Philipp Saul

Vorsitzender der Jungen Gruppe will nicht für das Rentenpaket stimmen

Pascal Reddig ist einer der Anführer des Aufstands gegen das Rentenpaket. Er sollte im Bundestag erst nicht sprechen und durfte dann doch. Der Vorsitzende der Jungen Gruppe in der Unionsfraktion tritt unter viel Applaus ans Pult und erklärt sich.

Reddig spricht die Mehrkosten des Rentenpakets an. Es setze eine „Praxis der Vergangenheit“ fort. „Wir beschließen erst verbindliche Kosten und verlassen uns dann auf unverbindliche Reformversprechen“, kritisiert er und warnt: „Mangelnde Reformfähigkeit gefährdet am Ende auch die politische Handlungsfähigkeit des Landes. Das kann und wird nicht länger gut gehen.“

Der Gesetzentwurf zum Rentenpaket gehe gegen seine fundamentalen Überzeugungen, gegen Generationengerechtigkeit. Deshalb habe er sich entschieden, diesem Gesetz nicht zuzustimmen. Reddig sagt nicht, dass er mit „Nein“ stimmen wird. Sein genaues Abstimmungsverhalten lässt er offen, auch eine Enthaltung ist möglich. Dennoch ist klar: Bundeskanzler Friedrich Merz wird für das Rentenpaket nicht alle Stimmen seiner Regierungskoalition bekommen. 

Die AfD sieht Merz am Ende

Die AfD nutzt das wochenlange unionsinterne Chaos vor der Bundestagswahl für eine Generalabrechnung mit Kanzler Merz und dessen Regierungsbündnis. Die Koalition habe sich als unfähig erwiesen und "die Rentnerinnen und Rentner in Angst und Schrecken versetzt", sagt der Abgeordnete Thomas Stephan. "Sie sollten sich bei den Rentnern im Land entschuldigen!" Arbeitsministerin Bas rufe zum Klassenkampf gegen die Arbeitgeber auf, Merz sei bei den Bürgerinnen und Bürger so unbeliebt wie nie zuvor und müsse in den eigenen Reihen um Zustimmung betteln. "Wer um die eigene Mehrheit fleht, hat sie längst verloren", so Stephan. Wer nicht länger "Zustände wie im Taka-Tuka-Land" wolle, müsse bei der nächsten Wahl AfD wählen.

Philipp Saul

CDU lässt Renten-Kritiker doch noch sprechen – aber nur kurz

18 Abgeordnete der Unionsfraktion im Bundestag gehören zur sogenannten Jungen Gruppe, die sich in den vergangenen Wochen massiv gegen das Rentenpaket gewehrt hat. Bei der abschließenden Debatte im Bundestag sollte niemand von ihnen zu Wort kommen dürfen. Die Fraktionsführung hatte zunächst keinen der Kritiker für einen Redebeitrag nominiert. Nun hat die sie nachträglich doch den Vorsitzenden der Jungen Gruppe, Pascal Reddig, auf die Rednerliste gesetzt. Er darf gleich sprechen, wenn auch nur drei Minuten. Reddig hat die Kritiker des Rentenpakets zusammen mit dem Chef der Jungen Union, Johannes Winkel, angeführt.

Dass zunächst kein Kritiker der Jungen Gruppe zu Wort kommen sollte, erinnerte manche Beobachter an die kontroverse Diskussion über den Euro-Rettungsschirm 2011. Damals hatten Union und FDP den parteiinternen Kritikern keine Redezeit gewährt. Letztlich räumte der damalige Bundestagspräsident Norbert Lammert zwei Euro-Rebellen in einer umstrittenen Entscheidung jeweils etwa fünf Minuten Redezeit ein.

Der Kanzler trifft ein

Die Debatte läuft schon eine Weile, gerade spricht Sarah Vollath von der Linken, da betritt nun auch der Kanzler, gefolgt von Regierungssprecher Stefan Kornelius, den Plenarsaal und steuert auf seinen Platz auf der Regierungsbank zu. 

Schiefe Bilder und Vergleiche

Mit Sprachbildern und historischen Rückgriffen, das haben vor Bernd Rützel schon ganz andere erfahren müssen, ist das immer so eine Sache. Dennoch hat der SPD-Abgeordnete gleich ein ganzes Bündel davon auf Lager. Mit der Rente, so sagt er beispielsweise, sei es wie mit einer langen Bahnfahrt: die Signale müssten stimmen. Wahrscheinlich wird es im Sitzungsprotokoll an dieser Stelle später heißen: „Heiterkeit im Saal“. Denn viele Abgeordnete bringen mit der Bahn derzeit alles Mögliche in Verbindung – aber nicht korrekt gestellte Signale. Rützel jedoch lässt sich nicht aus dem Konzept bringen: Die Rente, sagt er, sei ein Erfolgsmodell, das sogar Weltkriege überlebt habe. Das klingt nach Norbert Blüm auf Koks: Trotz Weltkrieg – die Rente ist sicher.

Grüne vs. Linke auch im Plenarsaal

Die Opposition setzt ihren Streit im Parlament fort. Für die Grünen spricht Vizefraktionschef Andreas Audretsch und wiederholt seine Vorwürfe in Richtung der Linken. Die sei „offensichtlich in kompletter strategischer Auflösung“, sagt Audretsch. Heidi Reichinnek und Ines Schwerdtner hätten Revolution versprochen und endeten als Mehrheitsbeschaffer für Friedrich Merz. „Ambitionslosigkeit“ warf Audretsch den Linken vor.

Unterbrochen wird er in seiner Rede von einer Zwischenfrage der Linken-Politikerin Janine Wissler. Sie sei verwundert darüber, dass die Grünen nun gegen die Stabilisierung des Rentenniveaus stimmen wollten, sagt Wissler, „obwohl sie doch im Wahlprogramm eine andere Aussage gemacht haben“. Audretsch nennt das eine „putzige Frage.“ Die Linke gebe schließlich ihr Wort dafür, dass die Rente gerade einmal „für sechs mickrige Jahre“ stabilisiert werde. Den Grünen gehe es aber um eine dauerhafte Stabilisierung. 

Nach dem Grünen-Politiker tritt die Fraktionschefin der Linken, Heidi Reichinnek, ans Pult, um Audretsch von dort anzugreifen. Sich zum „Retter der Renten“ aufzuschwingen, sei „peinlich“ und „scheinheilig“, sagt Reichinnek. Audretsch solle überlegen, „wo der Feind wirklich steht“. Die Grünen nennt sie eine „Gutverdienendenpartei“. 

Viele Reden, wenig Prominenz

Nichts gegen Marc Biadacz, Stefan Nacke oder Matthias Hiller, ganz und gar nicht: Aber angesichts der Vorgeschichte und der wochenlangen unionsinternen Streitereien hätte man sich auch vorstellen können, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion statt der zuständigen Fachpolitiker ihre Schwergewichte ans Rednerpult schickt: Kanzler Friedrich Merz etwa, Fraktionschef Jens Spahn oder CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann. Stattdessen ist es allein CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, der dem einen oder anderen Bürger auf der Zuschauertribüne vielleicht bekannt vorkommt. Immerhin: Auch der Koalitionspartner SPD verzichtet auf jegliche Prominenz: kein Lars Klingbeil, keine Bärbel Bas, obwohl der wichtigste der drei Gesetzentwürfe, der heute zur Abstimmung steht, aus dem Haus der Bundesarbeitsministerin stammt.

Philipp Saul

Linnemann fordert starkes Mandat für Rentenpaket, Koalition und Bundeskanzler

Für die CDU hebt Generalsekretär Carsten Linnemann kurz die Vorzüge der Aktivrente hervor, die seine Partei maßgeblich vorangetrieben hat. Sie soll mehr Menschen im Rentenalter bewegen, weiterhin zu arbeiten. Insgesamt bleibt er gedämpft und mahnend. Die Aktivrente und das Rentenpaket insgesamt würden nicht ausreichen, um die Zukunft des Rentensystems und der Sozialversicherung zu meistern. „Der zweite Schritt muss kommen“, fordert er. Die Rentenkommission solle in wenigen Monaten Ergebnisse vorlegen und Vorschläge machen. Die Entscheidungen müssten dann im Bundestag getroffen werden.

Am Ende seiner Rede spricht Linnemann an, was hier heute auf dem Spiel stehe. Es brauche ein starkes Mandat für das Rentenpaket. Und nicht nur das, es brauche dieses starke Mandat auch für die schwarz-rote Koalition, für die Bundesregierung und für den Bundeskanzler.

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