„Wir waren völlig unvorbereitet“: So verteidigt sich Jens Spahn im Ausschuss zur Maskenaffäre

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Der Tag beginnt für Jens Spahn mit einer schlechten Nachricht. Seit Tagen versucht der Unionsfraktionschef in der Masken-Affäre Gelassenheit auszustrahlen. Doch bevor Spahn dazu am Mittwochnachmittag im Haushaltsausschuss aussagt, durchkreuzt Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) seine Kommunikationsstrategie.

Der „RND“ berichtet, dass Klöckner vor einigen Tagen eine kleine Anfrage der Grünen zunächst nicht an das Gesundheitsministerium (BMG) weiterleitete. Die Grünen wollten so den Bericht von Sonderermittlerin Margaretha Sudhof zu Spahns Maskenbeschaffung erhalten. Durch Klöckners zwischenzeitliche Blockade erscheint dieser nun wieder hochbrisant.

Klöckners Blockade

Dabei ist er seit Dienstag ohnehin öffentlich. Spahn selbst sagte daraufhin: „Ich bin froh, dass der Text von Frau Sudhof jetzt gelesen werden kann.“ Die intendierte Botschaft ist klar: Da hat einer absolut nichts zu verbergen.

Die Vorwürfe von Sudhof wiegen allerdings schwer. Für sie hat Spahn im Frühjahr 2020 die etablierten Beschaffungsbehörden des Bundes an den Rand gedrängt und als „Team Ich“ eine chaotische Maskenbeschaffung betrieben, bei der im BMG nicht mal ein Überblick über die bestellten Mengen bestand.

Ich bin froh, dass der Text von Frau Sudhof jetzt gelesen werden kann.

Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU)

Nur ein Drittel der 5,7 Milliarden beschafften Masken wurden am Ende zur Pandemiebekämpfung eingesetzt. Der Rest wurde verbrannt oder liegt bis heute in Lagern. Zudem fordern noch immer mehr als 100 Maskenhändler vor Gericht Zahlungen vom Bund. Die mögliche Schadenssumme: 2,3 Milliarden Euro. Sudhof macht Spahn deshalb für ein „Drama in Milliarden-Höhe“ verantwortlich.

Der gibt sich äußerlich unbeeindruckt, als er um 14.38 Uhr auf dem Flur vor dem Haushaltsausschuss auftaucht. Ohne Statement biegt er ab in ein Wartezimmer. „Ist ja richtig was los hier“, ruft er den wartenden Journalisten zu, als er um 15.12 Uhr schließlich für seine Befragung aufgerufen wird.

Zunächst aber sprechen die Haushälter mit Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU). Lange wollte Spahns Parteifreundin ihnen den geheimen Sudhof-Bericht nicht zur Verfügung stellen. In einem Bericht zum Bericht wirft das BMG der von Ex-Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eingesetzten Sonderermittlerin nun eine schlampige Arbeit vor.

Warken räumt Probleme ein

Es fehlten Belege, sagt Warken dann auch nach ihrer Befragung. Zugleich räumt sie aber ein, dass im BMG während der Pandemie – wie von Sudhof beschrieben - keine ordentlichen Akten geführt wurden. Die BMG-Anwälte folgen laut Warken inzwischen auch einer zentralen Empfehlung von Sudhof. Sie argumentieren, dass Spahn den Händlern einen viel zu hohen Preis zahlte und damit gegen das Preisrecht bei öffentlichen Vergaben verstieß.

Kritisiert Sonderermittlerin Sudhof nur bedingt: Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU).

© dpa/Annette Riedl

Die Grünen-Haushälterin Paula Piechotta erklärt danach, Warken habe in der internen Befragung Sudhofs Bericht nicht – wie die Unionsfraktion – als parteipolitisch motiviert beschrieben. Insgesamt setzt sich die Gesundheitsministerin damit dann doch recht deutlich von ihrem Vor-Vorgänger ab.

Und Spahn selbst? Der muss sich an diesem Mittwoch lange gedulden. Der Ex-Gesundheitsminister ist seit wenigen Minuten im Sitzungssaal, als die Abgeordneten entscheiden, seine Befragung zu verschieben. Denn die Opposition hat zum Sudhof-Bericht auch noch eine aktuelle Stunde beantragt. Erst danach stellt sich Spahn den Fragen der Haushälter

Nach einer zweistünden Debatte halte er die meisten Vorwürfe für entkräftet, sagt Spahn danach. Im Frühjahr 2020 sei mit der Pandemie der gesundheitliche Kriegsfall eingetreten. „Und wir waren völlig unvorbereitet.“ Alle hätten gefordert, „beschafft Masken. Und wir haben Masken beschafft“, verteidigt Spahn sein Vorgehen.

Die Debatte, ob bei der Maskenbeschaffung einige Milliarden zu viel investiert worden, hält Spahn für kleinlich. Er verweist darauf, dass der Bund über 400 Milliarden in die Bekämpfung der Coronakrise investiert habe. Aus Spahns Sicht ist Deutschland so insgesamt gut durch die Pandemie gekommen.

Auf Nachfrage räumt Spahn dann aber zumindest ein, dass sich das Gesundheitsministerium am Limit befunden habe. Er bestätigt auch, dass einige Mitarbeiter ihn davor gewarnt haben, in die Maskenbeschaffung einzusteigen, weil das BMG mit dem Beschaffungswesen keine Erfahrung hatte.

Spahn habe angefasst gewirkt, heißt es nach seiner Befragung von den Haushältern der Opposition. Ein wenig klingt das auch im Statement des Unionsfraktionschefs durch. Manche Frage, ob er sich persönlich bereichert habe, grenze an Verleumdung, sagt Spahn an einer Stelle.

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