Der 1. FC Kaiserslautern gewinnt mit 3:2 gegen Eintracht Braunschweig - und trotzdem ärgern sich die Verantwortlichen. Dieser folgenlose Rückfall in die Gemütlichkeit könnte noch sehr wertvoll werden.
Sichtlich unzufrieden mit der Schlussphase: FCK-Coach Markus Anfang (l.) und sein Co-Trainer Florian Junge. IMAGO/Thomas Frey
Es mag paradox klingen, aber Julian Krahls Patzer und späte Gegentreffer gegen Braunschweig waren das Beste, was dem FCK passieren konnte. Wie bitte? Die Sache ist doch eigentlich völlig klar: Krahls Versuch, die lange Hereingabe in der sechsten Minute Nachspielzeit abzufangen, war an sich schon unnötig. Dass er dabei auch noch unterm Ball durchsegelte und den nur mit den Fingerspitzen berührte, machte die Sache dann auch noch problematisch. Denn diese Einladung ließen sich die Braunschweiger nicht entgehen und erzielten am Sonntagnachmittag den 2:3-Anschlusstreffer.
Und damit begann auf dem Betzenberg nochmal das Zittern in einer Partie, die der FCK eigentlich haushoch hätte gewinnen müssen. Weil diese Aktion am Ende aber keine Punkte kostete, kann sie noch sehr wertvoll für die Zukunft sein. Denn es hat der Mannschaft eindrücklich vor Augen geführt, was passieren kann, wenn man denkt, man könne sich das ein oder andere Prozent an Aufwand sparen. Nach dem Schlusspfiff war in den teils bedröppelten Gesichtern der Spieler zu erkennen, dass sie sich bewusst waren, sich trotz des Sieges nicht mit Ruhm bekleckert zu haben.
Der größte Gegner ist man selbst
Wer die Roten Teufel in dieser Saison verfolgt, der weiß: Der größte Gegner ist man selbst. Warum blieb das Team von Ende August bis Anfang Oktober fünf Spiele ohne Sieg? Sicherlich war das keine Qualitätsfrage. Sondern eine der Einstellung. Geschäftsführer Thomas Hengen machte den Spielern damals eine deutliche Ansage: "Ein Profi zeichnet sich nicht dadurch aus, dass er viel Geld verdient, sondern, dass er in jedem Training und jedem Spiel einhundert Prozent gibt." Die Worte erzielten die gewünschte Wirkung. Von den folgenden fünf Spielen hat der FCK keines verloren, das jüngste 3:2 gegen Braunschweig war der dritte Sieg in diesem Zeitraum.
Seit fünf SPielen unbesiegt
Dass der am Ende auf der Kippe stand, nahm Hengen zum Anlass, einmal mehr an die Mannschaft zu appellieren: "Ja, das war ein wichtiger Dreier, den wir aber unnötig noch mal in Gefahr gebracht haben. Da müssen wir einfach klarer bleiben. Wir haben heute, warum auch immer, ab der 60., 65. Minute nicht mehr nach vorne gespielt. Ich hatte das Gefühl, dass wir nur noch auf Verwalten spielen. So stellen wir uns das nicht vor", betonte Hengen. "Da musst du schon noch ein Tick mehr an läuferischer Qualität rausholen, du musst dich mehr anbieten, musst mehr Räume besetzen, du musst auf das vierte und das fünfte Tor gehen."
Anfang nimmt die Führungsspieler in die Pflicht
Das Spiel habe sehr viel "Material" geliefert, um "dagegen zu wirken, dass man nicht zu selbstsicher wird", erläuterte Hengen. Dem FCK konnte also nicht besseres passieren: Drei Punkte - aber dennoch der Warnschuss zur richtigen Zeit, damit es gar nicht mehr soweit kommt wie bei der Sieglos-Serie vor wenigen Monaten.
Trainer Markus Anfang lag mit seinem Boss voll auf einer Wellenlänge und schlug mit seinen Worten in die gleiche Kerbe. "65 Minuten haben wir ein richtig gutes Spiel gemacht. Aber wir müssen das über die volle Distanz so spielen", forderte der Coach und nahm seine Führungsspieler in die Pflicht: "Da muss es von dem ein oder anderen auch noch mal eine Ansage geben, dass da mehr kommen muss."
Daniel Hanslik muss sich da nicht angesprochen fühlen. Der Stürmer glänzte gegen Braunschweig nicht nur mit der bei ihm gewohnten Arbeitstier-Mentalität, sondern auch mit einer Vorlage und einem schönen Tor, was ihm neben der Nominierung für die "kicker-Elf-des-Tages" auch den Titel "Spieler des Tages" sicherte. Der 28-Jährige hat eine beachtliche Entwicklung hingelegt, schon jetzt stehen vier Tore und fünf Vorlagen auf seinem Konto. "Er gibt nie auf, er ist einer, der immer vorneweg marschiert und der auch immer sehr seriös mit seinen Aufgaben umgeht die er bekommt. Dafür steht er einfach", lobte Anfang.
Hanslik und die Bringschuld der anderen
Hansliks Arbeitseinstellung sorgt dafür, dass der ein oder andere Mitspieler in der Bringschuld steht, erklärte Anfang : "Unseren Spielern gegenüber, die diese Leistungen bringen, ist es wichtig, dass wir das bis zum Schluss durchziehen." Jan Elvedi ist einer der Akteure, von denen der Coach in solchen Momenten erwartet, vorwegzugehen und seine Kollegen mitzureißen: "Ich habe mit Elvo eben gesprochen und ihm gesagt: Hey Junge, du machst ein richtig gutes Spiel, dann guck auch auf den Platz. Dann musst du auch vielleicht dem einen oder anderen nochmal eine Ansage geben, dass da ein bisschen mehr kommen muss."
Dass der FCK seit jetzt fünf Spielen unbesiegt ist und den Anschluss zur Spitzengruppe der Liga wiederhergestellt hat, ist bemerkenswert. Denn die Umstände waren gelinde gesagt ziemlich ungünstig. Seit Wochen fallen zahlreiche Spieler (immer wieder) aus, Anfang muss immer wieder umstellen. Und dennoch läuft es aktuell. Einmal mehr der Beweis, wie entscheidend die Einstellung zur Sache ist. Erst Recht in dieser Liga, in der kein Spielausgang seriös vorherzusehen ist. "Ich würde gerne mal sehen, welchen Konkurrenzkampf wir hätten, wenn alle an Bord wären", sagte Hengen.
Im FCK steckt also noch viel mehr, als er aktuell zeigt. Das bedeutet aber noch nichts. Nur wenn das Team die Rückfälle in die Gemütlichkeit abstellt, ist es auf Dauer konkurrenzfähig im Rennen um die vorderen Plätze.
Moritz Kreilinger