Ein Totalausfall von Facebook, Instagram und WhatsApp im Oktober 2021 und die Reaktion der Nutzerinnen und Nutzer hat deutlich gemacht, dass die Wettbewerbsdefinition der Europäischen Union für derartige Onlinedienste zu kurz greift. Das jedenfalls sagt ein Forschungsteam des ZEW – Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung aus Mannheim. Es hat untersucht, was die Menschen während des Ausfalls getan und mit welchen Alternativen sie sich beschäftigt haben. Die Dienste des Meta-Konzerns wurden demnach auch durch Angebote anderer Anbieter ersetzt, die nicht in dieselben Kategorien eingeordnet werden können. Die üblichen Marktabgrenzungen sollten deshalb kritisch hinterfragt werden.
Konkurrenz aus anderen Marktsegmenten
Mit der Untersuchung der Reaktion auf den Totalausfall der Meta-Dienste hat die Forschungsgruppe nach eigener Aussage zwei grundlegende Annahmen des Digital Markets Act (DMA) an einem konkreten Fallbeispiel untersucht. Eine bezieht sich auf Datenkompatibilität und Portierbarkeit. Beide sollen dafür sorgen, dass man Konten leichter von einem Dienst zum anderen umziehen kann, ohne dabei alle Daten zu verlieren. Die zweite Annahme besagt, dass Online-Dienste jeweils einen bestimmten Markt abdecken und auch nur mit gleichartigen Angeboten in direkter Konkurrenz stehen. Untersucht wurde das anhand umfangreicher Datensätze für die USA und Spanien, die von Freiwilligen stammen, die ihre Mobilgerätenutzung mitschneiden lassen.
Ermittelt hat die Forschungsgruppe, dass viele Nutzer und Nutzerinnen während des Ausfalls zu anderen Onlinediensten gewechselt sind. Vor allem Menschen, die bereits Accounts auf Twitter hatten oder den Messenger und WhatsApp-Konkurrenten Telegram schon benutzt haben, sind demnach einfach dorthin gewechselt. Das unterstreiche, wie wichtig es sei, Menschen dabei zu unterstützen, auf mehreren Plattformen zu Hause zu sein. Gleichzeitig habe sich aber auch gezeigt, dass nicht einfach von einem Messenger zum anderen gewechselt worden sei, sondern beispielsweise von den Meta-Diensten zur Videoplattform YouTube. Die stehe also mit denen im Wettbewerb, auch wenn sie für die EU zu einem ganzen anderen Markt gehöre.
Insgesamt bestätige die öffentlich gemachte Studie, dass soziale Netzwerke und Messenger anderer Anbieter die größten Konkurrenten für die ausgefallenen Meta-Dienste gewesen seien. Die Reaktion auf den Ausfall habe sich aber je nach Altersgruppe unterschieden und auch zwischen den Ländern habe es Abweichungen gegeben. So seien etwa die Menschen in Spanien mehr auf Streaming-Dienste und klassische Kommunikationsdienste wie E-Mail oder gar Telefone ausgewichen. Insgesamt mache die Studie deutlich, "dass einheitliche Marktabgrenzungen entlang üblicher Dienstkategorien sowohl innerhalb und als auch zwischen den Ländern zu kurz greifen", meint Co-Autor Sebastian Valet. Das müsse stärker bei der Regulierung bedacht werden.
(mho)