
Studentin Anna Lena Schmidt, Unistadt Siegen: »Einfach eine muckelige Stadt«
[M] DER SPIEGEL; Fotos: Privat, Rene Traut / IMAGO
Bei Siegen ist der Name Programm. Die Stadt gehört nicht nur zu den grünsten Großstädten Deutschlands , sondern ist laut einer aktuellen Analyse des Forschungsinstituts Empirica bundesweit eine der günstigsten Städte für Studierende.
Anna Lena Schmidt, 22, hat an der Universität Siegen bereits ihren Bachelor absolviert und studiert aktuell im ersten Mastersemester »Medien und Gesellschaft«. Aufgewachsen im Landkreis Siegen-Wittgenstein, hat sie die Uni schon während ihrer Abiturzeit besucht und für zwei Semester ein Schnupperstudium absolviert. »Das war perfekt, da ich zwischen zwei Studiengängen geschwankt habe. So konnte ich herausfinden, welcher besser zu mir passt«, erzählt sie.
Ob altehrwürdige Universitätsstadt oder eher unbekanntes Örtchen: Wer zum Studium an einen neuen Ort zieht, muss sich erst einmal orientieren. In der Reihe »Stadt, Land, Studium« stellen wir Hochschulstädte vor – und lassen Studierende erzählen, wie der Alltag dort abläuft.
Was hat der Campus zu bieten? In welchen Vierteln wohnt es sich am schönsten, was kostet ein WG-Zimmer? Welche Partys sind legendär, und wo verbringt man seine Zeit, wenn man nicht im Hörsaal sitzt?
Campusleben: Standort, Mensa und Café
»Die Uni Siegen verteilt sich mit insgesamt sieben Standorten über die ganze Stadt. Der Hauptcampus liegt auf dem Haardter Berg mitten im Grünen. Der Blick über die Stadt ist toll, die Mensa und Bibliothek sind frisch renoviert, und es gibt die Leowiese, einen beliebten Treffpunkt für Studierende. Zu den anderen Standorten in der Stadt braucht man mit dem Bus zwischen 20 und 25 Minuten. Damit alles logistisch funktioniert, gibt es mehrere Linien, die vom Berg in die Stadt und zurück düsen. Trotzdem sollte man beim Erstellen des Stundenplans darauf achten, an welchen Standorten die Kurse stattfinden, um genug Zeit für den Weg einzuplanen.

Hauptcampus an der Adolf-Reichwein-Straße: Mitten im Grünen
Foto: Felix Höfer & Maximilian WiesenbachIch verbringe viel Zeit am Stadtcampus Unteres Schloss. Die Räume sind sehr schön, und das Hörsaalgebäude ist ganz neu. Dementsprechend hat man gutes WLAN, ausreichend Steckdosen und genug Rückzugsräume zum Lernen.
Die Mensen sind eine 11 von 10. Ich ernähre mich seit Kurzem vegan – und es gibt jeden Tag ein veganes Gericht, das auch schmeckt. Die Beilagen kann man frei wählen. Was immer geht, sind die Pommes für einen Euro. Wenn ich keine Lust auf das Essen in der Mensa habe, gehe ich in den Foodcourt. Dort gibt es an verschiedenen Kochstationen Pizza, Pasta oder veganen Döner ab 5,50 Euro.
An der Uni ist immer etwas los. Einmal im Jahr gibt es ein großes Sommerfest am Paul-Bonatz-Campus mit einer Bühne und leckerem Essen. Viele Fachschaften organisieren aber auch Veranstaltungen im kleineren Rahmen, wie etwa Karaokepartys und Kneipen- oder Spieleabende. Die Initiative KunstWertSchätzen gibt regelmäßig lokalen Künstler:innen eine Bühne. Neben einem festen Programm mit Literatur, Poetry-Slam, Tanz oder Musik gibt es immer eine offene Bühne, auf der sich alle spontan einbringen können.«

Stadtcampus Unteres Schloss: Gute technische Ausstattung, Raum zum Lernen
Foto: Felix Höfer & Maximilian WiesenbachGroßstadt in Nordrhein-Westfalen
rund 102.000 Einwohner:innen, etwa 14.500 Studierende
Sehenswürdigkeiten: Oberes Schloss, Museum für Gegenwartskunst, Nikolaikirche
Berühmtheiten: Peter Paul Rubens, Navid Kermani
Wohnen: WG-Preise und Stadtteile
»Ich wohne nicht direkt in Siegen, sondern in Fellinghausen. Ein kleines Dorf, 10 Zugminuten von der Stadt entfernt. Für unsere etwa 55 Quadratmeter große Wohnung zahlen mein Freund und ich rund 550 Euro. Das ist sehr günstig. Von Freund:innen, die direkt in Siegen in einer WG oder in einem Studierendenwohnheim leben, und aus Umfragen weiß ich aber, dass die Lebenshaltungskosten auch in Siegen im Vergleich zu anderen Unistädten nicht hoch sind.
Als Wohngegend sind die Unter- und Oberstadt besonders beliebt. Die Oberstadt ist das historische Stadtzentrum und wurde nach den Bombenangriffen des Zweiten Weltkriegs möglichst originalgetreu wieder aufgebaut. In der Unterstadt liegen der Hauptbahnhof, mehrere Einkaufspassagen und von dort ist man schnell an der Sieg. Viele Studierende leben allerdings auch in einem der umliegenden Dörfer, die gut mit der Stadt vernetzt sind.«
Insgesamt werden an der Universität Siegen über 50 Studiengänge angeboten. Der Semesterbeitrag liegt bei 333 Euro und enthält das Deutschlandticket.
Der Durchschnittspreis für ein WG-Zimmer lag im Sommersemester 2025 bei rund 370 Euro. Das ergab ein Scoring des Moses-Mendelssohn-Instituts in Kooperation mit WG-gesucht.de und GBI. Vermieter der meisten Wohnheime ist das Studierendenwerk Siegen . Die monatliche Miete für ein Zimmer liegt zwischen 270 und 450 Euro.
Freizeit: Kultur, Kneipe und Klub
»Das Siegener Stadtbild ist geprägt von viel Grün. Ich spaziere gern durch den Park am Oberen Schloss, wo man nett picknicken kann. Etwas außerhalb liegen die Panzerwiese und die Trupbacher Heide. Über die viele Natur freue ich mich besonders, weil ich begeisterte Geocacherin bin. Das ist wie eine Schnitzeljagd für Erwachsene, bei der man immer wieder neue Orte kennenlernt.

Oberes Schloss: Picknick im Park
Foto:Carsten Schmale
Eine meiner Lieblingsveranstaltungen ist der Flohmarkt im Stadtteil Geisweid, der einmal im Monat stattfindet. Danach schlendere ich gern ans Siegufer. Der Fluss war viele Jahre zubetoniert, wurde vor ein paar Jahren aber wieder geöffnet, sodass man heute gemütlich am Ufer sitzen kann. In der Nähe hat vor Kurzem die Eisdiele Krönchenkugel eröffnet, in der es leckeres veganes Eis gibt.
Abends mache ich gern einen Abstecher in die Poststraße, wo sich eine Kneipe an die andere reiht und man immer jemanden trifft, den man kennt. Ich mag den entspannten Vibe im Opa Adam genauso wie in der Musikbar Schellack, wo Studierende immer wieder Events veranstalten. Im Verstärker findet einmal pro Woche ein Quizabend statt. Wir haben auch ein, zwei Klubs, die ziemlich gut besucht sind. Zum Beispiel das Wolkenkuckucksheim und das Meyer. Ich persönlich würde mir wünschen, dass die Technoszene etwas größer wäre, aber Köln ist mit dem Auto ja nur eine Stunde entfernt.«
Die Kölner Straße in Siegen ist mit einer Steigung von zehn Prozent die steilste Fußgängerzone Deutschlands. Sie verbindet die Unter- und Oberstadt. Anfang des 20. Jahrhunderts versuchte man, den Aufstieg mit einer elektrischen Kleinbahn, die sich den Weg durch die schmalen, steilen Gassen der Altstadt bahnte, zu erleichtern. Heute fahren Busse bis nach oben.
Nach dem Abschluss: Wie geht’s weiter?
»Siegen ist einfach eine muckelige Stadt. Das zeigt sich auch an der Nähe zwischen den Studierenden und den Dozent:innen. Hier kennt man sich mit Namen und ist nicht nur irgendeine Nummer. Aus diesem Grund bin ich sehr glücklich, hier noch zwei Jahre meinen Master zu machen. Was danach kommt, werde ich dann schon sehen.«