Städte-Reisen: So gelingt der Trip ohne schlechtes Gewissen

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Es ist ein weiterer Versuch, den Wohnraummangel zu bewältigen: Mehr als 65.000 Wohnraumangebote muss Airbnb auf Betreiben der spanischen Regierung aus dem Verkehr ziehen. Die Onlineplattform werde gegen die Entscheidungen Berufung einlegen, hieß es in einer Stellungnahme. »Die Knappheit an bezahlbarem Wohnraum in Spanien liegt daran, dass das Angebot zu gering ist, um die Nachfrage zu decken. Die Lösung besteht darin, mehr Wohnungen zu bauen – alles andere ist ein Ablenkungsmanöver«, so Airbnb.

In vielen Städten in dem Land geben Einheimische oft mehr als 50 Prozent ihres Einkommens für Miete aus, an manchen Orten gibt es Proteste gegen Massenterrorismus. Barcelona will sogar bis Ende 2028 die Vermietung von Ferienwohnungen komplett abschaffen.

Nicht nur in Spanien ist die Situation dramatisch. Auch Venedig, Amsterdam , Rom und viele andere Städte  leiden unter den immer gleichen Problemen: Einheimische müssen mit den Touristen konkurrieren um Wohnraum, Platz und Lebensqualität. Und auch die Anreise kostet Ressourcen.

Wie also kann man eine solche Stadt besuchen und sich trotzdem fair verhalten? Die wichtigsten Antworten:

Ist es okay, über Portale wie Airbnb oder Booking zu buchen?

Der Markt auf Buchungsportalen hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert: War Airbnb etwa einst bekannt als Vermittler für Wohnungs-Sharing-Trips oder Booking.com als solcher für Hotels, finden sich heute auf diesen und vielen weiteren Portalen zahlreiche Ferienwohnungen. Dass solche Angebote im lokalen Wohnungsmarkt fehlen, scheint auf der Hand zu liegen.

Allerdings wendet etwa Tourismusforscher Kevin Ducbao Tran in einem SPIEGEL-Beitrag ein , dass das gar nicht so sein muss: »Es sind auch solche Wohnungen inseriert, die sonst leer stehen würden. Sei es, weil jemand im Urlaub ist oder weil es sich um eine Zweitwohnung handelt, die nur in einigen Monaten im Jahr genutzt wird.«

Auch Jon Andrea Florin von der Non-Profit-Organisation »fairunterwegs « hält Buchungen über solche großen Portale grundsätzlich für vertretbar, es komme immer auf den Einzelfall an. »Wenn jemand seine Wohnung oder ein Zimmer einfach nur zwischendurch vermietet, dann ist das natürlich kein Problem. Schwierig wird es allerdings bei kommerziellen Anbietern«, sagt er dem SPIEGEL. Das werde allerdings mehr und mehr zum Problem, gerade bei Airbnb: »Die Grundidee, dass die Leute mal eben ihr Zimmer zur Verfügung stellen, ist längst verloren gegangen.« Gerade kommerzielle Anbieter würden oft komplette Häuser in Ferienwohnungs-Blocks verwandeln.

Wie sollte man sich bei einer Buchung auf den großen Portalen verhalten?

Glaubt man den Experten, geht es vor allem um die Kunst, nicht bei den Falschen zu buchen. Tourismusforscher Kevin Ducbao Tran nennt für Airbnb drei Kriterien, auf die Reisewillige achten können:

  • Superhosts meiden. Dahinter verbergen sich in der Regel Menschen, die Immobilien professionell kurzzeitvermieten.

  • Nachsehen, ob der Vermieter oder die Vermieterin noch andere Wohnungen im Angebot hat. Denn nicht alle Vermieter mit mehreren Immobilien sind auch als Superhost gekennzeichnet.

  • Den Buchungskalender ansehen. Das kann ebenfalls Rückschlüsse darauf zulassen, ob jemand eine Unterkunft über Monate vermietet oder nur zeitweise.

Wer auf Booking.com unterwegs ist, kann etwa auf Nachhaltigkeitssiegel-Gütesiegel achten, die das Unternehmen anzeigt. Für »fairunterwegs«-Sprecher Florin sind diese relativ zuverlässig. »Außerdem deklarieren sie ja, ob es sich um einen privaten oder kommerziellen Anbieter handelt.« Er selbst meide letztere.

Während er die Nachhaltigkeitslabel bei Booking.com für relativ zuverlässig hält, stuft Stiftung Warentest diese allerdings als wenig brauchbar ein – insbesondere in Bezug auf Hotels. »Dort gibt es zwar Filter, aber als Verbraucher weiß man nicht, welchen Siegeln man trauen kann«, sagt Claudia Till, Expertin für Verbraucherschutz, die für die Stiftung Ökosiegel für Hotels analysiert hat. »Nur drei Siegel waren aussagekräftig«, sagte Till dem SPIEGEL. Lesen Sie hier, welche das sind .

Was sind die Alternativen?

Man kann die typischen Reiseportale auch komplett umgehen. Indem man über lokale Tourismusorganisationen bucht oder über Plattformen wie FairBnB , Social BnB  oder Interhome . »Die haben teils auch Nachhaltigkeitslabel, auf die man achten kann«, so Florin von »fairunterwegs «.

Wer Wert auf ökologische und soziale Nachhaltigkeit legt, kann sich auch auf den Websites aussagekräftiger Ökosiegel informieren. Diese empfiehlt Claudia Till von der Stiftung Warentest:

  • Auf Green Key  etwa sind Tausende Hotels in mehr als 80 Ländern auf der ganzen Welt gelistet und über eine Karte zu finden.

  • Bei den Bio Hotels  findet man mehr als 50 Hotels in fünf europäischen Ländern, und zwar in Deutschland, Österreich, Italien, Griechenland und Slowenien.

  • Und das Siegel vom GreenSign -Institut tragen mehr als 900 Hotels in 19 Ländern, unter anderem in Spanien, Frankreich und Dänemark.

Was ist mit der Anreise?

Natürlich ist es immer auch eine Frage der Entfernung: Ob man an sein Ziel mit dem Flugzeug oder einem anderen Verkehrsmittel gelangt, ist immer eine individuelle Entscheidung. Allerdings ist der Zeitverlust auf mittellangen Bahnstrecken oft gar nicht so groß, wie man vielleicht denkt: Bis zu 400 Kilometer Luftlinie sind laut einem ADAC-Vergleich in der Gesamtzeit (also mit Anfahrt zum Flughafen, Check-in, Sicherheitskontrolle und Boarding) meist schneller auf der Schiene als im Flugzeug . Wer mit dem Auto anreist, kann sich über Anbieter wie Google Maps oder die ADAC-Drive-App spritsparende Routen anzeigen lassen.

Wer etwa von Hamburg nach Madrid reisen möchte, sollte sich Zeit nehmen, einen Zwischenstopp einlegen – zum Beispiel in Avignon – und in einem kleinen, lokalen Hotel übernachten. Denn auch das gehört zu bewusstem und ethischem Reisen: Wer langsamer unterwegs ist, gibt der Reise ein anderes Gewicht. »Man spürt die Entfernung, erlebt mehr unterwegs. Und genau das sollte nachhaltiges Reisen sein: Nicht nur das Ziel, sondern auch der Weg wird zum Erlebnis«, so Florin.

Wie verhält man sich nachhaltig, wenn man in der Stadt unterwegs ist?

Vor Ort sollte man sich idealerweise mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln fortbewegen. »Das ist nicht nur ressourcenschonender, sondern oft auch die beste Möglichkeit, eine Stadt wirklich kennenzulernen«, sagt Florin.

Auch beim Essen gilt: möglichst lokal konsumieren – und möglichst wenig Fleisch. »Das gilt zu Hause genauso wie im Urlaub. Fleisch ist einer der größten Treiber für Ressourcenverbrauch. Wer zudem auf Bioprodukte achtet oder Restaurants wählt, die Wert auf nachhaltige Küche legen, ist auf einem guten Weg.«

Um nichts falsch zu machen, empfiehlt Florin eine einfache Faustregel – die sich »GLÜCK« nennt:

G – für gemächliches Reisen.

L – Lokale Anbieter bevorzugen.

Ü – für das Überraschungsmoment, also offen bleiben und nicht den gesamten Urlaub durchplanen.

C – für CO₂-Reduktion, in erster Linie durch das Vermeiden von Flugreisen. Geht das nicht, sollte man seltener fliegen, länger bleiben oder den eigenen CO₂-Ausstoß kompensieren – auch wenn Letzteres eher fürs eigene Gewissen ist.

K – steht dafür, korrekte Preise zu zahlen.

Mehr Tipps für die Städtereise: Wie es Ihnen in Paris gelingt, nachhaltig zu schlemmen und zu shoppen, lesen Sie hier .

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