Staatsvertrag für ARD und ZDF: Lässt das BSW die Koalition in Brandenburg platzen?

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Erst nach einer Sitzungsunterbrechung hat der Sächsische Landtag am 29. Oktober mit den Stimmen der Opposition aus Linken und Grünen den Reformstaatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gebilligt. Das Bündnis Sahra Wagenknecht, das sich gerade in „Bündnis Soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftliche Vernunft“ umbenannt hat (das Kürzel „BSW“ bleibt)) plädierte mit der AfD dagegen.

Von wegen „Formsache“

Sachsen war das dreizehnte Bundesland, das seine Zustimmung gab. Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Brandenburg müssen bis zum 30. November ebenfalls für die Vereinbarung votieren, damit sie am 1. Dezember in Kraft treten kann. Manchen erschien das als „Formsache“. Doch wie sich jetzt zeigt, ist es nicht sicher, dass sich in der Potsdamer Volksvertretung übernächste Woche eine Mehrheit für das Vertragswerk findet, an dem die 16 Länder drei Jahre lang gearbeitet haben.

In einer Sitzung entschied am Dienstag die BSW-Fraktion, den Reformvertrag „mehrheitlich abzulehnen“. Neun Abgeordnete sind nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur gegen den Vertrag, drei enthielten sich, einer votierte dafür. Finanzminister Robert Crumbach kündigte an, dafür zu stimmen, er nahm aber nicht an der Fraktionssitzung teil.

Die CDU will für beide Staatsverträge stimmen

Die Regierung aus SPD und BSW verfügt über 46 Sitze. Die CDU hat 12 und die AfD 40 Abgeordnete im Landtag. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Steeven Bretz, erklärte, die CDU wolle beide Staatsverträge befürworten. Nach dem jetzigen Stand hat die Regierung also keine eigene Mehrheit und ist auf die Unterstützung der CDU-Opposition angewiesen. Sollte die Fraktion des BSW geschlossen mit Nein stimmen, kämen SPD und CDU auf 44 Stimmen, wie auch BSW und AfD, die ihre Ablehnung angekündigt haben.

BSW-Fraktionschef Lüders begründet die ablehnende Haltung der Mehrheit seiner Fraktion damit, dass es eine Krise des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gebe und das Vertrauen in die Sender sinke. Für die nötigen Reformen sorge der vorliegende Staatsvertrag nicht. Er sehe es aber nicht so, dass man „am Ende der Koalition“ angelangt sei, sagte Lüders. „Man muss in Koalitionen ehrlich miteinander umgehen.“ Das BSW könne unmöglich an etwas gebunden sein, was vor seiner Zeit vorbereitet wurde. Den Vorwurf, gegen den Koalitionsvertrag zu verstoßen, wies er zurück. Es gebe darin keine Passage, „dass wir Verträgen zustimmen müssen, die lange vor unserer Zeit ausgehandelt wurden“, sagte Lüders.

Es gab ausreichend Zeit, Bedenken vorzubringen

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat dennoch die Hoffnung, die BSW-Vertreter umzustimmen. „Wir sind da in Gesprächen, ich kenne die Kritiken, die es gibt“, sagte Woidke der dpa. „Am Ende werden wir natürlich alles dafür tun, dass wir nach den Gesprächen mit vernünftigen Ergebnissen durch den Brandenburger Landtag gehen. Es ist ja noch ein paar Tage hin bis zur Landtagssitzung.“ Der Regierungschef kritisierte die öffentlich-rechtlichen Sender. „Wir werden weitere Veränderungen vornehmen müssen“, sagte Woidke. „Ich bedaure es auch sehr, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk offensichtlich nicht selber in der Lage war, die notwendigen Reformen durchzuführen.“

Beobachter vermuten hinter der Entscheidung des BSW den Versuch, über das Scheitern der neuen Regelungen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Brandenburger Koalition platzen zu lassen. Am 11. Dezember vor einem Jahr war Dietmar Woidke mit den Stimmen des BSW zum Ministerpräsidenten gewählt worden, am 12. Dezember hatte er dem Reformstaatsvertrag zugestimmt und ihn im März erst unterzeichnet. Es gab also ausreichend Zeit für den Koalitionspartner, seine Bedenken vorzubringen. Im Koalitionsvertrag heißt es zudem: „Die Koalition setzt sich auch in der Rundfunkkommission der Länder für eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein. Ziel ist es, auch bundesweit schlankere, effizientere Strukturen und einen stabilen Rundfunkbeitrag für die nächsten Jahre zu erreichen. Darüber hinaus müssen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk journalistische Standards weiter gestärkt, die Beschäftigungssituation der Mitarbeitenden verbessert und zu hohe Gehälter gesenkt werden.“

Das zumindest ist das Ziel, ob und wie es erreicht wird, ist eine andere Frage. Der Bundesvorstand des BSW lehnt sowohl den Jugendmedienschutzstaatsvertrag, über den der Landtag auch entscheiden muss, als auch den Reformstaatsvertrag ab.

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