SOS Humanity, Sea-Eye & Co. betroffen: Wadephul verteidigt Rückzug Deutschlands aus Seenotrettung im Mittelmeer

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Ansage des Außenministers: Johann Wadephul (CDU) hat das Aus für eine Unterstützung der Seenotrettung durch sein Ministerium bekräftigt. „Ja, ich halte das im Ergebnis für richtig“, sagte er am Donnerstag in Berlin. Er habe sich zur Förderung der Aktivitäten im Mittelmeer und anderswo durch das Auswärtige Amt schon „in früheren Zeiten“ kritisch geäußert. „Und bei dieser kritischen Position bleibt es“, betonte der CDU-Politiker.

Er glaube nicht, dass es eine Aufgabe des Auswärtigen Amtes sei, Mittel für diese Form der Seenotrettung zu verwenden. Insofern habe er die Politik geändert, erklärte Wadephul am Donnerstag in Berlin. Deutschland bleibe aber der Humanität verpflichtet und werde sich auch immer sich an allen Plätzen der Welt dafür einsetzen, so der Minister.

Wadephul will Fluchtursachen stärker bekämpfen

In den aktuellen Haushaltsplänen sind keine Mittel für die finanzielle Unterstützung ziviler Seenotrettung vorgesehen. Hilfsorganisationen kritisieren die Entscheidung. In den vergangenen Jahren hatte die Bundesregierung die Seenotrettung im Mittelmeer mit jährlich zwei Millionen Euro gefördert.

Wadephul erklärte, seine Politik ziele darauf, Fluchtbewegungen mit diplomatischen Mitteln einzugrenzen. Zudem wolle er sich verstärkt mit Fluchtursachen beschäftigen. „Deutschland muss dort aktiv sein, dort, wo die Not am größten ist“, so Wadephul. Das sei zum Beispiel im Südsudan der Fall, wo Deutschland mit Entwicklungshilfe-Mitteln helfe und wo verschiedene Hilfsverbände aktiv seien.

Der Geschäftsführer von SOS-Humanity, Till Rummenhohl, erklärte dazu, es sei wissenschaftlich mehrfach widerlegt worden, dass es einen Zusammenhang zwischen Fluchtbewegungen und der Präsenz von Rettungsschiffen im Mittelmeer gebe. Er nannte es alarmierend und gefährlich, wenn Falschbehauptungen von führenden deutschen Politikern die lebensrettende Arbeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen diffamierten.

„Menschen fliehen über das zentrale Mittelmeer, weil sie keine Alternative haben, um Krieg, Gewalt, Diskriminierung, fehlenden Perspektiven und Klimawandel in ihren Herkunftsländern sowie Menschenrechtsverletzungen und Folter in Libyen oder Tunesien zu entfliehen“, so Rummenhohl. Der sogenannte „Pull-Faktor“ sei ein Mythos.

Am Mittwoch war bekannt geworden, dass die Bundesregierung keine weitere finanzielle Unterstützung für zivile Seenotretter plant. Im ersten Quartal dieses Jahres seien noch 900.000 Euro an solche Organisationen geflossen, im Gesamtjahr 2024 zwei Millionen Euro, hieß es aus dem Auswärtigen Amt.

Die Förderung ging nach Angaben des Auswärtigen Amts an Organisationen wie SOS Humanity, SOS Méditerranée, RESQSHIP, Sea-Eye und Sant Egidio. Viele dieser Organisationen setzen sich für die Seenotrettung im Mittelmeer ein, wo Migranten von Afrika aus in oftmals unsicheren Booten in Richtung Europa unterwegs sind.

Das Auswärtige Amt hatte diese Organisationen in der Amtszeit der Grünen-Außenministerin Annalena Baerbock finanziell unterstützt. Die Union hatte dies stets kritisiert – unter anderem mit dem Argument, dass die Seenotretter de facto mit Schleppergruppen zusammenwirken und die irreguläre Migration nach Europa fördern würden.

Die Grünen kritisierten den Stopp der finanziellen Unterstützung scharf. „Absehbar verschärft die Koalition damit die humanitäre Krise auf dem Mittelmeer und verursacht menschliches Leid“, sagte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann. Auch der Vorsitzende von Sea-Eye, Gorden Isler, kritisierte die Streichung am Mittwoch als „fatales Signal“. (KNA, AFP)

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